Hueter der Daemmerung
Licht aufgegangen. »Du bist heute Nacht nicht zum ersten Mal hier unten, oder? Deshalb hat sich deine Trefferquote in der letzten Zeit so verbessert.«
Willow hatte ihm gesagt, dass Wesley schüchtern war, doch Alex hatte ihr nicht so recht geglaubt, bis jetzt – ein finsterer Ausdruck legte sich auf Wesleys Gesicht, doch darunter sah er einfach nur so aus, als würde er sich zu Tode schämen. »Pass auf, ich muss das hinkriegen, okay? Ich wecke ja niemanden auf, oder so.«
»Das habe ich auch nicht behauptet.« Alex lehnte sich mit einer Schulter an die Wand. »Aber die ganze Nacht lang aufzubleiben bringt dich auch nicht weiter. Du brauchst deinen Schlaf.«
Großer Gott, er klang wie sein Vater. Innerlich verdrehte Alex über sich selbst die Augen. Als er noch etwas sagen wollte. schnitt ihm Wesleys Ausbruch das Wort ab: »Du verstehst das nicht! Ich muss es schaffen. Das ist meine einzige Chance, es den Engeln heimzuzahlen. Ich kann nicht –« Er brach ab. Die Röte wanderte zu seinem Hals hinunter. Er verschränkte die Arme vor der Brust und wandte den Blick ab.
Alex hatte sich langsam von der Wand abgestoßen. »Angelburn -Syndrom?«, mutmaßte er.
Wesley schluckte. »Meine, ahm … meine ganze Familie. Meine Mutter war … war bei der CIA, deshalb bin ich …« Seine Stimme verlor sich.
Schmerzliches Verständnis war in Alex aufgekeimt, als ihm klar wurde, wie viel sie gemeinsam hatten. »Das habe ich nicht gewusst«, sagte er schließlich.
Wesley sah so aus, als bereue er bereits, es erwähnt zu haben. »Na ja, erzähl’s aber nicht weiter, okay? Ich will nicht darüber reden, ich will es einfach hinkriegen.«
»Du kriegst es hin«, hatte Alex ruhig erwidert. »Du bist richtig gut. Aber hör mal, Schluss mit den nächtlichen Übungsstunden, klar? Nimm dir gleich morgens eine extra Stunde Zeit, wenn du willst. Niemand wird dir irgendwelche Fragen stellen. Aber ich brauche dich in Topform – und das beinhaltet auch ausreichend Schlaf.«
Eine lastende Stille hatte über dem Haus gelegen. Endlich hatte Wesley genickt. »Okay, geht klar.«
Danach war mit Wesley zwar keine große, dramatische Veränderung vorgegangen, er war auch weiterhin verschlossen und schweigsam. Aber als Alex auf den Fernseher starrte, begriff er, dass er das Gefühl hatte, den Jungen jetzt zu kennen. Er kannte sie alle, allein dadurch, dass er zusah, wie sie sich entwickelten, veränderten, Fortschritte machten – und er würde dafür sorgen, dass sie das Ganze heil überstanden, koste es, was es wolle.
»Kommt Willow mit auf die Jagd?«, fragte Kara.
Alex sah zu ihr hinüber. Sie hatte die Füße angezogen und es sich im Sessel gemütlich gemacht. »Weiß ich nicht«, räumte er ein.
Obwohl sie selbst es anders sah, machte sich Willow für jemanden, der noch nie zuvor eine Waffe angerührt hatte, großartig. Einem Kampf mit Engeln war sie allerdings noch nicht gewachsen. Wenn er seine Besorgnis um ihre Sicherheit einmal außer Acht ließ, wusste Alex, dass ihr Engel in einer Auseinandersetzung unglaublich nützlich war. Doch falls ein Engel sah, was sie war, und entkäme … Mit Schaudern sah er den Kampf im Hinterhof wieder vor sich und den Engel, der wie ein geölter Blitz die Straße hinunterraste.
»Ich weiß es nicht«, wiederholte er und massierte sich abwesend die Schläfen. Keine Migräne diesmal, nur ganz gewöhnliche Kopfschmerzen, die ihm schon seit Stunden zu schaffen machten.
Kara betrachtete ihre feuerroten Fingernägel. »Kann ich dich was fragen?«
Er beäugte sie misstrauisch und verkniff sich ein ironisches Lächeln. »Wenn es wieder um mein Sexleben geht …«
»Nein, darum nicht. Es ist nur … na ja, ich habe mich gefragt, warum du ihren Engel nicht zum Training eingesetzt hast.«
Alex hob die Schultern. »Er hat keinen Heiligenschein. Und ich weiß auch nicht, was passiert, wenn vor lauter Übereifer jemand darauf schießen würde – ob Willow dabei verletzt würde oder nicht.«
»Aber das könnte bei einer Jagd auch passieren«, gab Kara zu bedenken.
»Ja, schon«, stimmte er zu. Ein weiterer Grund, warum er nicht überzeugt davon war, Willow mitzunehmen, war die Möglichkeit, dass beim Anblick ihres fliegenden Engels mit Sam oder sonst jemandem die Pferde durchgehen könnten.
»Mein Rat wäre, sie nicht mitzunehmen«, sagte Kara nach einer kurzen Pause. »Ich weiß, du hast allen klipp und klar gesagt, dass sie ein Teil des Teams ist, aber …«
»Aber das ist sie eben nicht«, beendete
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