Hüter der Flamme 02 - Das Schwert des Befreiers
Solarplexus landete und ihn nach hinten taumeln ließ.
Instinktiv brachte Karl den rechten Arm hoch, um Fialts zweiten Schlag abzublocken, und führte mit dem rechten Bein eine schnelle, aber nicht harte Stoßbewegung nach oben aus, die Fialt zu Boden schickte.
»Bildschön«, rief eine Stimme vom Balkon, der auf den Innenhof schaute. Karl schaute nach oben. Da stand ein Mann und schaute herab. Die Hände ruhten auf dem Geländer.
»Chak. Kümmere du dich darum!« Karl deutete mit dem Daumen in die Richtung der Stimme, als er sich bückte, um Fialt aufzuhelfen. »Wirklich gut gemacht, Fialt!«
Der alte Graubär strahlte. »Hab ich's richtig gemacht?«
»Allerdings. Du hast mich regelgerecht und hart getroffen. Wenn du wirklich hierher gezielt hättest« — er deutete auf den Solarplexus -, »hättest du mich gehabt.« Er klopfte Fialt auf die Schulter. »Mach weiter so. Aus dir machen wir noch einen prima Krieger.«
»Nur einen Mann, der sich und sein Eigentum verteidigen kann«, antwortete Fialt. »Mehr will ich nicht.«
»Ich sagte bildschön, mein Herr.«
»Und wer seid Ihr?« Karl drehte sich um.
»Zherr, Baron Furnael, mein Herr.« Er verneigte sich. »Darf ich zu Euch kommen?«
Als Karl nickte, ging Furnael zurück ins Haus und erschien kurz danach an der Tür in den Garten, begleitet von zwei Bewaffneten und einem alten Mann in grauem Magiergewand.
Baron Furnael war ein hochgewachsener Mann, etwa Anfang fünfzig, vielleicht einen oder zwei Zoll über sechs Fuß. Trotz seines Alters schien er in guter Kondition zu sein: Seine Unterarme waren sehr muskulös, auch die Beine steckten prall in den Beinkleidern. Lediglich ein kleines Bäuchlein spannte vorne die Ledertunika.
Furnaels Gesicht wies scharfe Züge auf und so glatt, daß er sich offensichtlich oft und gut rasierte - oder rasieren ließ. Der bleistiftdünne Schnurrbart auf der Oberlippe war ziemlich grau, obwohl das kurzgeschnittene Haupthaar rabenschwarz war.
Karl mußte innerlich lachen. Das verriet doch eine Portion Eitelkeit. Aber warum hatte Furnael den Schnurrbart nicht auch gefärbt? Ein Rest Ehrlichkeit sich selbst gegenüber? Oder war die Farbe, die sie hier verwendeten, so schlecht, daß sie die Lippe mitgeschwärzt hätte?
»Baron.« Karl verbeugte sich nicht zu tief. Fialt, Tennetty und Chak folgten seinem Beispiel.
Aeia schaute mit großen Augen zu ihm auf und sah aus, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen. Fremde hatten oft diese Wirkung auf sie, besonders Männer. Das war ja auch zu verstehen.
»Schon gut, Kleines«, sagte Karl und lächelte. »Ich glaube, es ist Zeit für deinen Mittagsschlaf.«
Sie nickte und rannte weg. Ihre bloßen Füße klatschten auf dem Pflaster.
Furnael lächelte. »Ein nettes Kind. Eures?«
»Nein. Aber unter meinem Schutz. Sie ist eine Mel, ich nicht.«
»Das sehe ich.« Furnael wandte sich an den Bewaffneten zu seiner Rechten und schnippte mit den Fingern. Der holte eine Flasche mit Wein hervor, entkorkte sie mit den Zähnen, ehe er sie Furnael reichte. »Ein Trunk aufs Glück?« fragte Furnael. Sein Tonfall machte klar, daß es mehr ein Befehl als eine Frage war. Er hob die Flasche und tat einen tiefen Zug. »Zherr Furnael wünscht Euch Glück, Freund.« Mit dünnem Lächeln wischte er sich den Mund mit einem purpurroten Tuch, das er aus dem Ärmel gezogen hatte, ab und reichte Karl die Flasche. »Wohl bekomm's.«
Im Erengebiet war ein Trunk aufs Glück unweigerlich von einer Vorstellung gefolgt, ganz gleich, ob die Trinkenden sich kannten oder nicht. Es war bezeichnend, daß sich ein Trunk aufs Glück meist auf der Straße zwischen Fremden abspielte, die sich dort zufällig trafen, wobei der, der den Wein reichte, als erster trank, um dem anderen zu versichern, daß der Wein nicht vergiftet war.
Die Tatsache, daß Furnael einen Trunk aufs Glück in einer Situation vorgeschlagen - befohlen - hatte, die eigentlich nicht der Landessitte entsprach, war verdächtig. Die Tatsache, daß einer seiner Bewaffneten eine bereits offene Flasche bereit hatte, war noch verdächtiger.
Karl trank kräftig. Der fruchtige, vollmundige Wein war eiskalt. »Karl Cullinane dankt Euch, Baron.«
Furnaels Lächeln wurde breiter. »So. Ich war nicht sicher, ob Ihr es seid, in dieser Begleitung. Man sagt, Ihr reist mit einer Klerikerin der Heilenden Hand und einem Krieger aus einem Land, das Seecaucuze heißt, nicht mit einem Mel-Kind und einem Katharhd.«
Secaucus war Walters Heimatstadt. Also war
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