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Hüter der Flamme 04 - Der Erbe der Macht

Titel: Hüter der Flamme 04 - Der Erbe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Rosenberg
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gedacht, ihre Untertanen für die geringsten Vergehen auszupeitsehen oder hinrichten zu lassen; ihren Bauern zu befehlen, während der Frühlingsnächte wachzubleiben und mit Stöcken und Zweigen auf die Oberfläche von Teichen zu schlagen, damit die erschreckten Frösche verstummten und mit ihren Paarungsrufen nicht den Schlaf von Monsieur le Baron störten; oder auch das droit de seigneur in Abspruch zu nehmen und um lettres de cachet ihre Intrigen zu spinnen, Begriffe, die Karl nicht einmal gedanklich übersetzen mochte, um seine Muttersprache nicht zu besudeln.
    Hmmm ... wenn man es genau betrachtete, stellte der Ausdruck ›französischer Adel‹ einen Widerspruch in sich selbst dar, soweit es Karl betraf. Nicht, daß die Franzosen damit allein standen. Lese majeste, ganz gleich wie es jeweils hieß, wurde in den meisten Ländern mit dem Tode bestraft.
    Anders als chinesische und japanische Kaiser - und viele Fürsten und Prinzen auf Dieser Seite - trieb Karl lediglich in diesem Jahr die diesjährigen Steuern ein und kümmerte sich um nächstes Jahr im nächsten Jahr.
    Karl Cullinane raubte seinen Bauern nicht den Schlaf, und außer Angehörigen des Adels wurde niemand für ein loses Mundwerk bestraft. Weder verführte oder vergewaltigte er Bauernmädchen, noch erprobte er sein Geschick mit der Lanze an halbwüchsigen Knaben.
    Er wollte nur ausschlafen.
    Das war doch nicht zuviel verlangt.
    *Nun, im Leben geht es nicht immer gerecht zu, du wirst um das Aufstehen nicht herumkommen. Wir anderen keuchen schon längst in den Sielen*, teilte Ellegon ihm mit. *Andrea und ihr Gefolge sind ins Dorf hinuntergegangen; ich muß zu einem Versorgungsflug aufbrechen, und du hast vorher noch einen Brief an Lou zu beenden und vielleicht noch einen an Walter und den Zwerg zu schreiben.
    Und vergiß nicht, du solltest wirklich dabeisein, wenn Thomen das Urteil über den Wilderer spricht - und anschließend mußt du Hof halten.*
    Ich sage ab.
    *Tut mir leid. Du hast dem Botschafter aus Khar eine Audienz zugesagt. Und ich möchte in absehbarer Zeit aufbrachen.*
    Verfluchtes Khar. Zur Hölle mit Nyphien. Der Teufel hole Pandathaway und ...
    »Und steh auf.*
    Richtig.
    Er schwang die Füße auf den Boden und rieb sich ausgiebig die Augen, bevor er sich endgültig von den weichen Kissen trennte und nackt zu dem melierten Glasfenster hinübertappte.
    Drunten im Innenhof waren mehrere Träger und Soldaten damit beschäftigt, Ellegon seine Last auf den schuppigen Rücken zu schnallen: mehrere Ledersäcke mit Proviant, Schießpulver, Kugeln und Liebesgaben für Frandrers Truppe, die die Küstengebiete durchstreifte und auf eine Sklavenkarawane zu stoßen hoffte.
    *Du solltest dich beeilen; in weniger als einer Stunde fliege ich ab. Du gehst ins Badezimmer, und ich lasse die Schreibutensilien und ein Frühstück bringen.*
    Karl nickte, nahm einen seidenen Hausmantel vom Kleiderständer, schlüpfte hinein und ging den Flur entlang zum Umkleideraum.
    Bei der Rückkehr ins Schlafzimmer fand er Kniepult, Feder und Tintenfaß bereits auf der Fensterbank vor; er setzte sich hin und legte die Füße hoch.
    Das Pult stellte er auf den Schoß; es handelte sich um einen keilförmigen Holzkasten, dessen Deckplatte mit einem Scharnier versehen war; im Innern ließen sich Papier und anderes Schreibzeug aufbewahren. Er klappte den Deckel auf, nahm die sechs oder mehr Seiten heraus, die er bereits geschrieben hatte und überflog sie rasch.
    Außerdem wollte er dem Drachenexpreß noch einige für Heim bestimmte Nachrichten mitgeben, darunter auch Meisterin Ranellas Notizen, ein neu entwickeltes Mittel betreffend, um Schießbaumwolle damit zu tränken. Wie es aussah, ließ sich mit dieser Neuentwicklung das Problem der Spontanexplosion in den Griff bekommen.
    Und mehrere lange Briefe an Jason. Du fehlst mir, dachte er. Vielleicht hätte er den Jungen doch bei sich behalten sollen.
    Nein, Andy hatte schon recht. Jason erhielt in Heim eine bessere Ausbildung: Valeran lehrte ihn das Soldatenhandwerk, Aeia unterrichtete ihn in Sprachen, Riccetti und die anderen Ingenieure brachten ihm bei, was sie wußten, ohne daß Jason sich mit den Sicherheitsmaßnahmen herumplagen mußte, die in Biemestren strikt eingehalten wurden, wo er nicht einen Fuß aus der Burg setzen konnte, ohne daß ein Bewaffneter ihm folgte.
    Vielleicht noch wichtiger war es für Jason, daß er soviel Zeit wie möglich in einer Umgebung verbrachte, wo man ihn zwar mit Respekt behandelte, aber

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