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Hüter der Flamme 04 - Der Erbe der Macht

Titel: Hüter der Flamme 04 - Der Erbe der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Rosenberg
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doch nicht wie den rechtmäßigen Erben der Silberkrone des Prinzen von Bieme und Kaisers von Holtun-Bieme.
    Karl schüttelte den Kopf und zwang sich, seine Arbeit wieder aufzunehmen, als hätte er keinen Spaß daran. Es galt lediglich, Karls Rohentwurf einer Eisenbahn ein paar erklärende Notizen hinzuzufügen. Dieses Projekt war vielleicht das größte Abenteuer, auf das er sich je eingelassen hatte. Und von größter Wichtigkeit für seine neue Heimat. Eine Eisenbahn war ein Katalysator für den Handel, beinahe im wahrsten Sinne des Wortes.
    Gedankenverloren pfiff er ein paar Takte aus Gordon Lightfoots ›Steel Rail Blues‹ vor sich hin. Wenn es ihm gelang, Holtun und Bieme mit einem Schienenstrang zu verbinden und anschließend die Strecke nach Nyphien, Khar und schließlich Kiar weiterzuführen, konnte man das nur als eine verdammt gute Leistung bezeichnen. Noch während seiner Regierung eroberte Holtun-Bieme weitere zwei oder drei Länder, ohne jemandem weh zu tun, ohne einen Schuß abzufeuern, und beide Seiten hatten Gewinn davon.
    Keine schlechte Methode, um einen Krieg zu gewinnen: man brauchte ihn nicht zu erklären, nicht auszufechten, und niemand verlor. Billigerere Transportmöglichkeiten bedeuten in gewissem Sinne Reichtum; Reichtum bedeutete ein besseres Leben für den Bauernstand - höhere Preise für Getreide, kürzere Arbeitszeit, jeden Tag Fleisch auf dem Tisch, statt wie bisher nur zweimal alle Zehntage.
    *Ein Huhn in jedem Topf, sagt man nicht so?* er vermochte Ellegons Gedankenlächeln wahrzunehmen. Trotz allem, trotz der Tatsache, daß Menschen ihn drei Jahrhunderte lang in einer Kloake gefangengehalten hatten, empfand Ellegon Sympathie für die Menschen.
    *Für einige.*
    Jemand klopfte an die Tür.
    »Herein!« rief er, ohne aufzublicken.
    Es war Tennetty, die sein Frühstückstablett unbeholfen ins Zimmer trug. Mit einem Schwert an der Hüfte fühlte sie sich wohler als mit einem beladenen Tablett auf den Händen.
    Sie stellte es weniger sanft ab, als ihm lieb war.
    »Sei ein bißchen vorsichtiger mit dem Porzellan, ja?«
    »Wenn etwas zerbricht, zahle ich den Schaden. Abgemacht?«
    Die Jahre waren nicht grausam mit ihr umgesprungen, aber sie hatten doch ihre Spuren hinterlassen. Ihr glattes Haar war ergraut, und ihr übriggebliebenes Auge umrahmten Lachfalten, doch bewegte sie sich immer noch mit lässiger Geschmeidigkeit, als sie sich ihm gegenüber auf der Fensterbank niederließ, erst sich selbst eine Tasse Kräutertee eingoß und anschließend ihm einschenkte. Kein schlechter Tausch: vom Hals aufwärts wirkte sie älter als ihre etwa vierzig Jahre; vom Hals abwärts war sie immer noch stark und sehnig.
    »Seit wann spielst du Vertretung für die Kammerzofe?« fragte er und angelte mit der Gabel nach dem Schinken. Er war ein bißchen reichlich gesalzen, aber schön dunkel geräuchert; er spülte den Bissen mit einem Schluck Tee hinunter, was er sogleich bereute, als er die schmerzliche Erfahrung machen mußte, wie heiß der gottverdammte Tee war.
    Ohne sich die Mühe zu machen, ihre Belustigung zu verbergen, reichte sie ihm einen Tonkrug mit Wasser. »Als der Drache seine Anweisungen gab, befand ich mich eben unten in der Küche und hörte mir U'lens Tirade darüber an, was für ein undankbarer Schuft du bist, und daß du nie zu Ende führst, was du angefangen hast. Und da wir etwas zu besprechen haben ...«
    Er hob die Augenbraue. »Haben wir?«
    »Ja.« Sie nickte. »Ich möchte Ellegon begleiten. Vielleicht bleibe ich eine Zeitlang in Heim und lehre den Jungen den richtigen Umgang mit dem Schwert.«
    »Ich hätte es gerne gesehen, daß du an der Ratsversammlung teilnimmst. Du könntest ein Auge auf meinen Rücken haben, na?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Wozu? Mit all den muskelbepackten Schwertschwingern, die sich hier herumtreiben, wirst du höchstens unter scharfen Blicken zu leiden haben.«
    Die Sache behagte ihm nicht. Er hatte sich daran gewöhnt, daß Tennetty auf ihn aufpaßte; er würde sie vermissen. Dann wiederum, wenn Tennetty sich in die Gruppe der Kindermädchen einreihte, hatte Karl überhaupt keinen Grund mehr, sich um Jason zu sorgen. Wenn Ellegon, Tennetty, Bren Adahan und Valeran den Jungen nicht zu schützen vermochten, dann standen die Dinge schlechter, als Karl sich vorzustellen in der Lage war.
    Was ihm wirklich Sorgen machte, war das übliche: Der Unterschied zwischen Tennetty und normalen Menschen. Sie liebte Gewalt, besonders wenn sich Sklavenjäger am

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