Hüter der Flamme 04 - Der Erbe der Macht
ich, vielleicht, und ganz gewiß besser als Ihr, Majestät.«
»Gut gesagt.« Karl nickte. »Und die reine Wahrheit. Aber ich gehe dennoch, Thomen.«
Andrea trat neben Karl und faßte seine Hand. »Ich werde dich begleiten. Vielleicht kann ich dir helfen, ihn aufzuspüren.«
Karl schüttelte den Kopf. Solange Jason sein Amulett trug, vermochte ihre Zauberkraft nichts auszurichten. Und außerdem glaube ich nicht, daß ich aus dieser Sache heil herauskomme, altes Mädchen. »Ich habe auch gar nicht vor, ihm zu folgen. Mein Ziel ist das Schwert.«
»Was?«
Nichts konnte einleuchtender sein. Karls Augen waren nicht schärfer als die der Männer, die jetzt bereits nach Jasons Spuren forschten, also machte seine Anwesenheit bei einem der Suchtrupps keinen Unterschied.
Doch es gab eine andere Möglichkeit. Um das Augenmerk von Jason abzulenken, mußte Karl sich als Beute anbieten. Das einzige Wild, das den Jägern der Gilde verlockender erscheinen mußte als Karls Sohn, war Karl selbst.
»Solange ich das hier trage«, meinte er und zupfte an dem Amulett um seinen Hals, »vermag Ahrmin mich nicht ausfindig zu machen. Solange ich das hier trage ...«
Er hob beide Hände an den Hals, faßte die Schnur jeweils mit Daumen und Zeigefinger und zerriß sie mit einem kurzen Ruck. Sie gab nach wie nasses Papier.
»Jetzt«, sagte er, beinahe flüsternd, »können sie mich finden. Ich werde mir ein paar Männer nehmen, nach Ehvenor reiten und mich dort einschiffen. Ellegon, ich möchte, daß du diese Geschichte auf deinen Rundflügen verbreitest. Laß jeden wissen, daß Karl Cullinane aufgebrochen ist, das Schwert in seinen Besitz zu bringen.«
Der Drache reagierte mit einem gedanklichen Schulterzucken. *Das wird kaum nötig sein. Neuigkeiten verbreiten sich auf dem kürzesten Weg. Trotzdem will ich deinem Wunsch nachkommen.* Ein Flammenstrahl stieg tosend in den Nachthimmel. *Nachdem ich Daven mit Proviant versorgt habe, was soll ich tun? Bei der Suche mitwirken, oder mich dir anschließen?*
»Weder noch. Du wirst hier gebraucht, um die Gedanken der Nyphier zu lesen und herauszufinden, wer hinter dem Massaker steckt. Dann ist da noch Davens Gruppe. Wahrscheinlich wird man sie auch weiterhin mit Nachschub versorgen müssen.« Er schaute in die Nacht hinaus. »Du und ich, wir haben uns mancherlei Verpflichtungen aufgeladen, alter Freund.«
*Ich verstehe.*
Er wandte sich an die übrigen. »Gibt es sonst noch etwas zu erledigen, bevor ich ...«
»Nein.« Thomen Furnael trat vor den Kaiser. »Karl, du kannst das nicht tun. Ich verstehe deine Gründe, aber sie sind nicht gut genug. Du bist in erster Linie dem Kaiserreich verpflichtet, nicht Jason. Und du ...«
Karl legte ihm die Hand auf den Arm. »Es ist mein Sohn, Thomen. Ich kann nicht anders.« Sein Blick wanderte über die ihm zugekehrten Gesichter. »Morgen früh breche ich auf. Garavar, du wählst fünf Mann als meine Begleiter aus - ein jüngerer Ingenieur sollte darunter sein - und läßt noch das Gepäck bereitstellen, bevor du schlafen gehst. Thomen, ich möchte, daß du und Harven, ihr beide, mich bis zur Grenze begleitet, so haben wir Zeit, die Einzelheiten zu besprechen.«
Ellegon mischte sich ein. *Ich fliege jetzt. Ja?*
Ein flüchtiges Lächeln huschte über Cullinanes wie versteinertes Gesicht. »Du hast nicht etwa vor, mich beiseitezunehmen und mir die Sache auszureden?«
*Ich mag ein junger Drache sein*, bemerkte Ellegon würdevoll. *Doch in den Jahren unserer Bekanntschaft bin ich älter und weiser geworden.* Seine mentale Stimme klang unverfroren heuchlerisch. *Deshalb will ich nicht meine Zeit verschwenden. Oder deine. Geh und bring deine Frau zu Bett. Es könnte durchaus zum letzten Mal sein.*
Schon möglich.
Karl fühlte sich versucht, Walter oder Ahira zu beschuldigen, oder Valeran. Aber das war nicht recht. Falls - falls - es ein Fehler von Valeran gewesen war, Jason zur Verfolgung der Sklavenhändler mitzunehmen, so hatte er dafür bezahlt. Außerdem wußte Karl ihm keinen Vorwurf zu machen. Walter und Ahira ebensowenig. Irgendwann hätte Jason Kampferfahrung sammeln müssen.
Liebe Güte, er machte nicht einmal Jason Vorwürfe; es mußte hart für den Jungen gewesen sein, und man konnte von einem Sechzehnjährigen nicht erwarten, daß er in einer schwierigen Lage die richtige Entscheidung traf. Und nachher war es zu spät zur Umkehr. Manche Wege mußte man bis zu Ende gehen.
*Paß auf dich auf, Karl*, dachte Ellegon. *Walter und Ahira werden
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