Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Titel: Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Rosenberg
Vom Netzwerk:
einzuarbeiten. Auf meinen Reisen hatte ich zehn Eschen- und Eichenäste für den Stiel gesammelt. Doch ich habe sogar noch mehr Zeit als auf die Anfertigung der Schneide darauf verwendet, sie zu dünnen Leisten zu schnitzen, die dann so zusammengeleimt wurden, daß sie dem Griff eine Festigkeit verleihen, die ihn niemals splittern läßt.«
    Er rieb mit der Handfläche über das dunkle Metall. »Wenn du lange genug an oder mit einem Gegenstand gearbeitet hast, dann steckt ein Teil von dir darin. Nicht nur für den Augenblick, nicht nur solange du lebst oder solange du und der Gegenstand zusammen sind, sondern für immer.«
    Seine grauen Augen blickten verträumt in die Ferne. »Eines Nachts war da eine Tür. Sie führte zu einem Zimmer, in dem drei Kinder schliefen. Zwei von ihnen waren mir so lieb, wie es Kinder nur sein konnten. In dieser Nacht hatten sich Meuchelmörder herumgetrieben, und obwohl wir die Kinder bereits tot glaubten, bestand die Möglichkeit, daß wir uns irrten. Deshalb saßen dein Vater und ich in dieser Nacht vor der Tür. Vielleicht nur für den Fall, daß wir uns irrten oder weil wir einfach nicht schlafen konnten.«
    Tennetty lehnte den Kopf gegen meine Schulter. Ihre Augen waren geschlossen, doch ihr Gesichtsausdruck glich dem eines kleinen Mädchen s, das ihrer Lieblingsgutenacht geschichte lauscht. Ich legte den Arm um sie, was sie ein wenig zusammenzucken ließ; sie entspannte sich jedoch gleich wieder. Wenn ich es nicht besser wüßte, hätte ich geschworen, daß sie ein leichtes Grollen von sich gab, beinahe wie ein Schnurren.
    Ahira klopfte den Kopf der Streitaxt wieder fest. Dann fuhr er Jason mit seinen rauhen Fingern liebevoll durchs Haar. »Und die ganze Nacht hindurch flüsterte diese Axt mir zu: Mach dir keine Sorgen. Niemand wird jemals an uns vorbeikommen und den Kindern ein Leid antun.«
    Ich konnte es mir im Grunde genommen nicht erklären, aber soweit ich mich erinnern kann, war dies die erste Nacht seit langem, in der mein Schlaf tief, dunkel, warm und traumlos war.
    Am nächsten Morgen, als das Sonnenlicht durch die Büsche brach, gab es für die Menschen Brot, kalte Wurst und Käse zum Frühstück. Dazu tranken wir aus einer Tonflasche einen geharzten, heimischen Wein. Die Pferde bekamen Hafer, Karotten, Äpfel u nd genug Wasser zum Runterspü len.
    Ich biß in ein weiteres dickes Stück Wurst und schluckte. Es wäre ungehobelt gewesen, es auszuspucken und wahrscheinlich auch weniger nahrhaft, als es herunterzuschlucken. Denn ich mag Knoblauch gern - ich mag ihn sogar sehr gern, das schwöre ich bei Gott - , aber ich halte ihn nicht gerade für ein Frühstücksgewürz.
    Ein Kochfeuer wäre wahrscheinlich dem Geschmack etwas zuträglicher gewesen, aber wir mußten uns schnell auf den Weg machen.
    Ich hätte mir sehr gewünscht, etwas Warmes zu mir zu nehmen. Ein Becher Tee hätte meine Hände und meinen Bauch wunderbar aufgewärmt. Ich überlegte, ob ich einen kleinen Schluck Weinbrand nehmen sollte - denn der hätte es auch getan -, entschied mich aber dagegen.
    Ahira, Andy und Jason brachen das Lager ab. Ich half Tennetty bei den Pferden.
    »Ich bin schon auf schlechteren Gäulen geritten«, sagte ich, nur um etwas Konversation zu betreiben.
    Sie lächelte. »Die Tiere sind nicht allzu schlecht«, sagte sie. »Ich habe sie mir alle so gut wie möglich angeschaut. Ahiras Pony ist etwas ungepflegt, es ist aber auch das schlechteste von allen, ohne wirklich schlecht zu sein. Die meisten sind frisch beschlagen und bereits eingeritten. Ich würde gern wissen, wie die Pferde auf Gewehrfeuer reagieren«, sagte sie mit einem Seufzen, als hätte sie gewußt, wie das aussehen würde - was auch der Fall war.
    Sie würden wie vom Teufel gejagt davonlaufen.
    Daß ein Pferd sich ruhig verhält, wenn es irgendwo über oder hinter seinem Kopf blitzt und kracht, kommt nicht von selber, und man kann es ihm auch nicht an einem Nachmittag beibringen. Die sicherste Art, vom Rücken eines Pferdes zu schießen, wenn es nicht das bestdressierte ist, besteht darin, abzusitzen, das Pferd an etwas Unbeweglichem anzubinden, sich zu entfernen und dann zu schießen. Entweder so, oder du stellst sicher, daß:
dein erster Schuß trifft, und
du ein starkes Bedürfnis danach hast, dich unmittelbar darauf irgendwo wiederzufinden, wobei es dir egal sein sollte, wo genau das ist.
    »Dieser Stallknecht muß über eine große Herde verfügt haben«, sagte ich. Angebot und Nachfrage funktionieren selbst dann,

Weitere Kostenlose Bücher