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Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Titel: Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Rosenberg
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Decke verschränkt. Ich wußte, daß ihre beiden Hände jeweils auf dem Griff einer geladenen Pistole ruhten. Das meine ich nicht herablassend, denn es gab mir ein Gefühl der Sicherheit. Eine Sache, auf die ich mich immer verlassen kann, ist Tennettys fortwährende Bereitschaft zu plötzlichen Gewaltausbrüchen. Vielleicht ist sie etwas zu bereit - aber bereit.
    Der Zwerg verarbeitete das Leder zu einem komplizierten Flechtmuster, dem ich nicht ganz folgen konnte. Seine dicken Finger bewegten sich in gewohnter Geschicklichkeit, während seine Augen und seine Gedanken ganz woanders waren. Auf dem Boden vor ihm lag eine neue Spule Bronzedraht. In Verbindung mit dem Leder würde dies einen guten, soliden Griff ergeben, ob der Stil oder die Hände nun naß oder trocken waren. (Wann immer der Tumult losbrach und ich Notiz davon nahm, begannen meine Hände feucht zu werden.)
    Jason schloß sich den anderen an und holte seinen Revolver und die Gerätschaft zum Reinigen heraus. Er reihte die Patronen, Fläschchen, Reinigungs tücher und die anderen Zubehörteile sorgfältig vor sich auf einem Tuch aneinander, wobei Stahl und Messing im Flackern des Feuers aufleuchteten.
    Er brauchte nur ein paar Augenblicke, um die Pistole zu reinigen und zu ölen - das dauert nicht lange, wenn man keinen Schuß abgegeben hat - und rieb sie dann mit einem öligen Lappen ab, bevor er sie wieder lud, in die Pistolentasche steckte und beides mit einem Riemen festzurrte.
    »Befindet sich die andere in deinem Beutel?« fragte ich.
    »Wie?« Er schaute zu mir herüber. »Die andere ...? Oh, ach, der andere Revolver.« Sein Lächeln war eine Spur zu beiläufig. »Ich glaube nicht. Ich habe ihn bei deiner Tochter zurückgelassen.«
    »Doch wohl bei Jane und nicht bei Dorann?«
    Er akzeptierte das als Scherz, und so war es auch gemeint. »Nur für den Fall der Fälle«, gab er zurück.
    Tennetty nickte zustimmend mit schläfrigem Blick.
    Ich zog noch einmal die Klinge meines Dolches ab. Nehera, der Meisterschmied, hatte sie aus einem einzigen Stück Eisen gefertigt. Er hatte sie dünn mit Holzkohle besprenkelt, dann erhitzt, gefaltet und sie schließlich hunderttausendmal mit dem Hammer beschlagen, was die dünne Klinge sehr stabil machte. Sie würde eher biegen als brechen und hatte eine ausreichend starke Schneide, um Muskeln und Knorpel durchtrennen zu können. Auf der Oberfläche zeichneten sich die Spuren ihrer Herstellung ab: dunkle Riefen wie von einem Fingerabdruck. Ich hätte das Muster unter hundert ähnlichen Messern wiedererkannt.
    Ich überprüfte die Schneide der Klinge am Daumen. Selbst bei leichter Berührung schnitt sie tief in den Nagel, was mich mehr als zufriedenstellte. Deshalb rieb ich die Klinge mit Öl ab und steckte sie zurück in die Scheide.
    Als ich aufblickte, bemerkte ich, wie Jason mich mit einem leicht skeptischen Blick musterte. Ich versuchte herauszubekommen, ob er der Ansicht war, daß ich meine Nervosität abreagierte oder daß ich einfach nur nicht untätig herumsitzen wollte. Da ich aber noch nie besonders gut im Gedankenlesen war, zog ich eines meiner Wurfmesser aus der Scheide und begann es zu bearbeiten. Ich muß nicht die ganze Zeit an etwas herumfummeln, ich tue es einfach gern. Ich kann aber auch jederzeit damit aufhören.
    Jason fing Tennettys Blick auf und lächelte nachsichtig.
    Ahira hatte das Zwischenspiel bemerkt. Er sagte: »Jason Cullinane, du gehst von der verbreiteten Annahme aus, daß die Objekte, mit denen wir leben und arbeiten, eben nur Objekte und nichts anderes sind.«
    Der Junge zuckte mit den Schultern. »Nützliche Objekte«, entgegnete er, »aber sicher.« Er klopfte auf seine Pistolentasche. »Ich glaube, daß sie nützlicher ist als sechs Steinschloßpistolen, aber sie bleibt ein Ding, und damit hat es sich.«
    »Nein, es ist niemals nur ein Ding. Nicht, wenn du gelernt hast, ihm zuzuhören«, sagte Ahira mit einem Seufzen. »Ich habe viel Zeit damit verbracht, diese Streitaxt herzustellen«, erklärte er und wickelte eine weitere Windung Bronzedraht um den Griff. »Nur ein Teil meiner Schmiedekunst ist auf meine Herkunft zurückzuführen - ich mußte eine Menge lernen. Ich habe allein drei Versuche gebraucht, um den richtigen Stahl zu fertigen, und das, obwohl mir jemand half, der ein Experte auf dem Gebiet der Stahlherstellung war. Und es kostete mich mehr als zehn Tage, den Klumpen Metall in seine Form zu hämmern und die Kohle und den Quarzsand tief genug in die Schneide

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