Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Titel: Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Rosenberg
Vom Netzwerk:
Wachtposten die Tunika abstreifen und ihn aus dem Fenster werfen. Dann hielte man ihn für den Mörder, der bei dem Versuch zu fliehen umgekommen war.
    In der Nähe des Fensters stand ein Schreibtisch. Möglicherweise konnte ich mich darunter verstecken, während um mich herum der Tumult losbrach. In dem Durcheinander hoffte ich dann hinauszuschlüpfen.
    Ich war schon aus schlimmeren Situationen herausgekommen, aber nicht oft, und irgendwann würde es mir vielleicht nicht mehr gelingen. Wenn man am Spieltisch steht, kann man nicht immer alles einsetzen, was man hat, und das hatte ich gerade getan. Und dieser Hundesohn war gerade dabei ...
    Ein Universum wurde in einer Gaswolke geboren, wuchs an zu einem majestätischen Spektrum von Sternen, alterte dann und starb ab zu kalten Eisensternen, in dem Moment, als er sprach: »Ich weiß nicht, ob ich Euch trauen kann«, und: »Ihr werdet den Rest des Gifts schlucken müssen, um zu beweisen, daß das Gegengift wirkt.«
    Langsam nahm er das Fläschchen hoch und hielt es mir hin. »Ich möchte sehen, wie etwas davon in Euren Mund gelangt.«
    Ich schluckte das gräßliche, dicke Zeug - mein Gott, wir hatten es wirklich gut zusammengebraut!
    »Seht Ihr?« sagte ich, während ich schluckte. Ich verabscheue Brechwurz. Wellen von Übelkeit ließen mich in die Knie sinken, als mein Magen sich entleerte. Ich hielt die andere Flasche hoch und drohte, sie zu werfen, als er einen Dolch unter dem Bett hervorzog.
    Ich wischte mir den Mund mit seinem Laken ab. Dann schluckte ich vorsichtig und bedächtig ein Drittel des Gegenmittels. Es brannte den ganzen Weg die Kehle hinunter. Genau das, was ich gegen meine Übelkeit brauchte: einen kräftigen Schluck von Ricettis bestem Whisky.
    Er zögerte einen Augenblick; dann ließ er sein Vorhaben mit dem Messer fallen. »Ich glaube, ich ziehe mich jetzt besser an«, beschloß er. Er plante natürlich schon, mich zu betrügen. Ich hoffte, ihm einen Schritt voraus zu sein.
    Zwei Soldaten senkten Bast in den Schmutz des Marktplatzes. Sie legten ihn in die Nähe von Kenka, die sich schon erholte - eine Dosis Heiltropfen würde Mardik oder Veren jedoch nichts mehr nützen. In dieser Richtung gibt es nichts, was man für die Toten tun kann.
    Das war die passende Zeit, darüber nachzusinnen - und an Bast und Kenda, an Tennetty, Jason, Ahira, Andrea und an mich selbst zu denken. Eine schreckliche Art zu sterben.
    Ich blickte Daeran in die Augen. Es wäre ein Fehler, mit meiner freien Hand zum Messer zu greifen. Ich brauchte mich nur daran zu erinnern, daß ich das Gegenmittel zu dem ›Gift‹ hatte, das immer noch in seinem Magen rumorte. Und das war Waffe genug.
    Die Tatsache, daß etwas nicht wahr ist, hat nichts damit zu tun, ob wir uns daran erinnern.
    Daeran starrte die ganze Zeit auf meine rechte Hand, die Hand, die das Fläschchen hielt, wog seine Chancen ab, es mit einem Sprung an sich zu bringen, und gelangte zu der Einsicht, daß die Umstände nicht günstig waren. Ich behielt den stämmigen Soldaten hinter mir im Auge, der die ganze Zeit versuchte, in meinen Rücken zu gelangen, um näher kommen und meine Arme greifen zu können. Irgendwann würde er es schließlich versuchen. Oder vielleicht auch nicht. Ich mußte auf jeden Fall darauf vorbereitet sein, das Gegenmittel beiseite zu schleudern und Daeran klarzumachen, daß es noch mehr davon auf dem Boot gäbe, ich aber nicht sehr zuversichtlich sei, was seine Wirkung beträfe.
    Eigentlich hätte sich eine Menschenmenge auf dem Platz ansammeln müssen. Aber man hatte Soldaten abkommandiert, um die Straßeneingänge abzuriegeln.
    Kenda war in der Lage sich aufzusetzen, und hob die Flasche an Basts aufgesprungene, blutige Lippen.
    Er schluckte einmal krampfhaft, und das nur allzu vertraute Wunder geschah: der größte Teil der aschgrauen Farbe in seinem Gesicht verwandelte sich in Rosa, und die eingesunkenen, schwarzgeränderten Augenhöhlen wirkten wieder frischer. Er war immer noch halb verhungert - die Möglichkeiten eines Heiltranks sind eben beschränkt. Es würde Tage dauern, bis er wieder allein laufen, und Wochen, bevor er wieder kämpfen konnte. Wenn er überhaupt kämpfen konnte. Selbstverteidigung war zwar ein Bestandteil der Ausbildung eines Technikers, aber ich erinnere mich nicht daran, daß Bast sehr gut darin gewesen war.
    »Nicht mehr als zehn Soldaten«, forderte ich von Lord Daeran. »Jeweils einen, um meine Freunde zu tragen, und acht weitere, damit Ihr Euch sicher

Weitere Kostenlose Bücher