Hüter der heiligen Lanze - Gesamtausgabe
Außerdem gibt es einen Haken in ihrer Überlegung.« Mosche blickte in Smiths hochrotes Gesicht und betrachtete die feinen Äderchen auf seinen Wangen, die deutlich hervortraten. Dann wurde sein Blick ernst und seine Stimme fest. »Ich kenne jeden Stein und jeden Felsen in Israel. Ich kann Ihnen mit Sicherheit sagen, ob eine Gesteinsart sehr alt oder eher jüngeren Datums ist.« Mosche sah abwechselnd in Leas und dann in Harvey Smith Augen. »Der Fels, den wir mit unserem Kran freigelegt haben, ist definitiv uralt. Da hat niemand vor ein paar Jahren drin rumgegraben.« Damit lehnte er sich zurück und wartete auf eine Reaktion des Professors.
Smith dachte nach. »Nun, damit nehmen Sie die Antwort auf meine nächste Frage vorweg. Sie können sich also nicht vorstellen, dass jemand in der Lage wäre, sich einen Zugang zu dem alten Grab zu verschaffen, den Rollstein zu entfernen und es wieder so zu verschließen, dass niemand den Unterschied merkt?«
Mosche schüttelte entschieden den Kopf. »Nein. Aber spekulieren wir mal: Derjenige, der das getan haben könnte, müsste durch Unterlagen aus der Vergangenheit oder mittels spezieller radiologischer oder ähnlicher Echolot-Messungen genau gewusst haben, wo sich die Höhle befindet. Es gibt ja Geräte, die Hohlräume im Erdreich auf den Millimeter genau aufspüren können. Das aber würde bedeuten, dass der Mörder dieses Mannes in den Reihen von Wissenschaftlern und Archäologen zu suchen sein müsste.«
Smith musste lächeln. In seinem Kopf wirbelten sämtliche Widersprüche haltlos durcheinander. Vor allem suchte er verzweifelt nach einer baldigen Erklärung für diesen Wahnsinn. »Wenn Sie damit recht haben, dass der Fels zum ersten Mal seit vielen Hundert Jahren freigelegt wurde, muss unser nächster Schritt der sein, das exakte Alter aller Funde aus der Höhle sowie der Höhle selbst zu ermitteln.« Der Professor wirbelte mit den Händen in der Luft herum. »Ich kann mich nicht erinnern, jemals einen so verworrenen Fall gehabt zu haben, obgleich er natürlich faszinierend ist. Das Problem ist nur, dass wir den Behörden und der Öffentlichkeit keine Hirngespinste präsentieren dürfen.«
»Wissen Sie schon, mit welcher Methode Sie das Alter bestimmen werden?«, fragte Mosche.
Smith nickte. »Nun, ich denke, was die organischen Anteile betrifft, werden wir die Radiokarbontechnik anwenden. Es wäre hilfreich gewesen, wenn wir Gegenstände aus der Zeit, aus der die drei Leichen stammen, gefunden hätten: Tonkrüge, Keramikschalen oder Münzen. Als Erstes werden wir morgen die Höhle genauestens inspizieren und mit einem Metalldetektor absuchen. Die kleinste Kleinigkeit kann uns weiterhelfen. Es ist zwar schon jeder Millimeter abgesucht worden, aber noch nicht mit Metalldetektoren. Irgendetwas muss übersehen worden sein …«
Mosche bedachte den Professor mit einem fragenden Blick. »Die Radiokarbontechnik hat sich ja enorm weiterentwickelt, und ich habe mich eine Weile nicht mehr mit dieser Technologie beschäftigt. Wie ist denn der aktuelle wissenschaftliche Kenntnisstand. Das war leider der Part, den ich im Studium nicht mehr bis zum Ende mitbekommen habe.«
Der Professor schien sichtlich erstaunt. »Sie haben studiert? Welches Fach, wenn ich fragen darf?«
»Geologie und Archäologie. 7 Semester in Jerusalem.«
»Und warum haben Sie das Studium nicht zu Ende gebracht?« Smith schien fast darüber verärgert zu sein, dass jemand ein Archäologiestudium abbricht.
Mosche verzog den Mund und spitzte die Lippen. Eigentlich wollte er nicht gerade jetzt darüber sprechen, was ihn damals bewogen hatte, seinen Traum aufzugeben. »Das ist eine lange Geschichte, Herr Professor. Vielleicht erzähle ich Sie mal bei Gelegenheit.«
Smith nickte und ließ es dabei bewenden. Eigentlich wollte er sich ja auch auf die Beantwortung von Mosches Frage konzentrieren. »Nun gut, ich erklär sie Ihnen gern. Ich werde zwar Frau Weizmann damit langweilen, aber ich habe gerade letzte Woche einen aktuellen Artikel von einem Freund aus Harvard dazu gelesen. Also: Zunächst einmal lautet die korrekte und gebräuchlichste Bezeichnung: ›14CMethode‹, eine der bedeutendsten Entdeckungen des 20. Jahrhunderts. Ich glaube, die Technik wurde von einem Team um Prof. Willard F. Libby von der Universität Chicago unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt. Libby erhielt 1960 den Nobelpreis für Chemie, weil es ihm gelungen ist, die Carbon-14 C Methode für Altersbestimmungen in
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