Hueter Der Macht
denn sie waren schon vielen gut aussehenden Geistlichen begegnet, die ihre Dienste in Anspruch genommen hatten.
Doch seine Körperhaltung und die Härte in seinen Augen teilten ihnen mit, dass er einer von ihnen war, denn er war genauso verhärtet und verbittert wie sie.
Und das ließ sie stets zögern.
Einen Augenblick lang.
Dann trat eine von ihnen vor; sie war jung und ihr Gesicht immer noch anziehend.
»Ihr könnt meine Füße waschen!«, sagte sie und hob die Röcke an.
Thomas ging zu ihr und kniete sich vor ihr hin; sie kicherte nervös, als er das Tuch im Wasser auswrang.
Dann streckte er die Hand aus, den Kopf gesenkt, und sie hob den Fuß und legte ihn in seine Hand.
»Für eine Münze dürft Ihr noch viel mehr von mir anfassen«, sagte sie leise. Thomas’ Kopf zuckte hoch, und er starrte sie an. In seinen Augen leuchtete Wut, aber eher auf sich selbst als auf sie.
Sie hatte einen Geruch an sich, oder vielleicht lag es auch an ihrer Stimme oder der Wölbung ihrer Wange, denn plötzlich brachen Erinnerungen, die Thomas längst vergessen geglaubt hatte, mit aller Macht hervor.
Erinnerungen an seine Jugend: das Herumtollen und Lachen mit seinen beiden besten Freunden.
Die Frauen, die sie miteinander geteilt hatten, manchmal zu sechst auf demselben Lager.
Das geübte Stöhnen und Schreien der Huren.
Wie sie sich unter seinem Körper wanden.
Thomas zitterte heftig und kämpfte gegen die aufkeimenden lustvollen Erinnerungen ebenso an wie gegen seinen Zorn. Daniel hatte für seine fleischlichen Gelüste zumindest die Entschuldigung seiner Jugend und Unerfahrenheit. Doch Thomas blieb noch nicht einmal diese.
Das Mädchen, dessen Fuß er immer noch hielt, lächelte und wiegte einladend die Hüften. Sie kannte den Blick in den Augen des Mönchs und jede Ehrfurcht, die sie vorübergehend vor ihm empfunden haben mochte, war von ihr abgefallen.
Sie beugte sich vor, stützte sich mit dem Fuß auf Thomas’ Hand und ließ den Ausschnitt ihrer losen Tunika auffallen, sodass er ihre festen, spitzen Brüste sehen konnte.
»Ich weiß, was Ihr wollt«, sagte sie und beobachtete seinen Blick, »und Ihr könnt es haben.«
Thomas sah ihr in die Augen, und sie spürte, dass er ihren Fuß fester umfasste.
Ihr Lächeln wurde tiefer. »Ich möchte Euch in mir spüren«, flüsterte sie heiser und ihre Hüften kreisten auffordernd. »Jetzt sofort!«
»Schlampe!«
Thomas’ Finger umklammerten ihren Fuß so fest, dass sie vor Schmerz aufschrie. Dann riss er ihn so zur Seite, dass er ihr dabei das Bein verdrehte und sie in einem Gewirr von wirbelnden Röcken schwer zu Boden fiel.
Er rappelte sich auf und schenkte dabei den Rufen der anderen Frauen keine Beachtung.
Sollten sie doch alle zur Hölle fahren, die verfluchten Metzen!
»Schlampe!«, zischte er der Frau erneut zu. »Weißt du denn nicht, dass du für deine Sünden auf ewig in der Hölle schmoren wirst? Weißt du nicht, dass der Teufel mit dem glühendheißen Schürhaken selbst sich mit dir vergnügen wird, wieder und wieder bis in alle Ewigkeit, während du vergeblich schreist und um Gnade winselst? Ist dir nicht klar, dass du und deine Gefährtinnen der Abschaum der Schöpfung seid? Abschaum seid ihr und Abschaum werdet ihr sein auf ewig, wenn ihr euch nicht auf der Stelle Jesus Christus zuwendet und ihn um Vergebung bittet. Hörst du mich, Hure? Auf die Knie mit dir und bitte Christus um Vergebung!«
Die Huren um ihn herum schrien und kreischten, doch die junge Frau gebot den anderen mit einer raschen, wütenden Geste Einhalt, dann stand sie langsam auf, ein wenig unsicher auf ihrem verletzten Bein.
»Ich werde vor keinem von euch um Vergebung bitten, du Hund!« Sie spuckte ihm ins Gesicht, und Thomas zuckte zusammen, doch er machte keine Anstalten, sich den Speichel von der Wange zu wischen. Er war immer noch wütend und konnte sich gerade noch zurückhalten, um sie nicht am Hals zu packen und zu würgen.
Er wusste, wenn er ein Schwert gehabt hätte, hätte er sie getötet.
»Hund!«, sagte sie noch einmal und zog das Oberteil ihrer Tunika zurecht. »Ich verfluche dich, Mönch Thomas! Eines Tages wird sich eine meiner Schwestern deiner Seele bemächtigen und dich auf ewig in die Hölle verbannen! Ich verdamme dich mit dem Fluch einer Hure, Thomas!«
Sie trat vor und schlug ihn erstaunlich sanft auf die Wange.
Er hob die Hand, um sie ebenfalls zu schlagen, doch er hielt inne, überrascht von der Sanftheit ihres Schlages.
»Eines Tages«,
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