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Hueter Der Macht

Hueter Der Macht

Titel: Hueter Der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Heiligen Vater gewählt…«
    Das Zischen der Menge wurde bedrohlicher.
    »Bartolomeo Prignano, Erzbischof von Bari, ist unser neuer Heiliger Vater, Urban VI.!«
    Die Menge verstummte, ein fieberhaftes Flüstern drang durch die Reihen. Dann wurde Jubel laut. »Ein Italiener! Ein Italiener!«
    In dem Moment trat der frühere Erzbischof Prignano, der neue Papst Urban VI. vor und ließ sich von der Menge feiern. Er war von Geburt aus Neapolitaner und Italiener genug, um die Wut und den Argwohn der Menge zu besänftigen.
    Er hob die Hände, segnete die Menschen und sagte: »Der Papst ist nach Rom zurückgekehrt, liebe Landsleute, und er wird die Stadt nie wieder verlassen! Das schwöre ich euch im Namen unseres geliebten Herrn, Jesus Christus, und seiner Mutter, der Heiligen Jungfrau. Ich schwöre euch, dass wir Rom nie wieder im Stich lassen werden!«
    Hinter Urban tauschten fünf oder sechs Kardinäle besorgte Blicke aus. Nahm Urban seine Rolle nicht ein wenig zu ernst?

Kapitel Sechs
     
    Mittwoch der Karwoche
    Im einundfünfzigsten Jahr der Regentschaft Eduard III.
    (14. April 1378)
     
     
     
    Thomas stand im Gang neben der geschlossenen Tür zu Prior Bertrands Zelle. Er stand gerade aufgerichtet, seine Hände demütig vor der Brust gefaltet, den Kopf gesenkt, ohne sich an der Wand anzulehnen.
    Bertrand hatte ihn seit der Wahl Urbans sechs Tage lang warten lassen – als Grund hatte er die Vorbereitungen für das Osterfest angegeben –, und Thomas konnte seine Ungeduld kaum mehr im Zaum halten, doch er wusste, dass er erneut bestraft werden würde, wenn er ihr nachgab.
    Seit dem Tag, als die Hure ihn verflucht hatte, hatte Thomas seine Zeit mit Studieren oder in der Kapelle mit Beten verbracht, und während der langen dunklen Stunden der Nacht in seiner einsamen Zelle. In seinen Gebeten hatte Thomas den heiligen Petrus um so viel Geduld und Bescheidenheit gebeten, wie sie dieser Heilige während der Begründung des Christentums so bewundernswert an den Tag gelegt hatte.
    Thomas fragte sich, wie er jemals darauf hoffen konnte, das Böse zu bekämpfen, das nach den Worten des heiligen Michael im Land umging, wenn er sich nicht einmal selbst bezwingen konnte, um Bescheidenheit zu lernen. Doch er wusste, dass er trotz all seiner Zweifel sein Bestes geben musste. Also betete er zum heiligen Michael um Weisung, um ein Zeichen, um irgendetwas, das ihm mitteilen würde, was er tun sollte, wie er am besten das Böse bekämpfen sollte, das die Christenheit befallen hatte.
    Doch der Erzengel schwieg.
    Thomas betete, und zum ersten Mal brachte ihm ein Gebet keinen Frieden. Er konnte plötzlich nur noch an die Brüste der jungen Frau denken, fest und spitz unter ihrer Tunika. Er wusste, wie sie sich in seinen Händen anfühlen würden, und er wusste, wie sie schmecken würden, wenn er sie zu schwitzender Ekstase gebracht hatte.
    Heiliger Michael, steh mir bei! Gott, hilf mir, vertreib die Gedanken an diese Frau aus meinem Kopf!
    Thomas schloss die Augen, seine Hände zitterten heftig, während er sie fest ineinander krallte, und sein Körper schwankte leicht hin und her. Er kämpfte um seine Beherrschung. Schließlich konnte Bertrand jeden Augenblick die Tür öffnen und würde Thomas von Wut und lustvoller Erinnerung überwältigt finden.
    Thomas wusste, dass er ihn beobachtete, dass der Ordensgeneral von England nur nach einem Vorwand suchte, um ihn aus dem Orden hinauszuwerfen… und dennoch konnte er sich nicht beherrschen… er konnte ihr Lachen nicht vergessen… die Brüste, die über ihm aufragten… er konnte seine Erniedrigung nicht vergessen und seinen maßlosen Zorn…
    »Bitte… bitte, heiliger Michael«, flüsterte er mit zusammengebissenen Zähnen.
    Thomas.
    Frieden durchflutete den Mönch mit einem Mal, und er brach beinahe in Tränen der Erleichterung aus.
    Thomas, lass dich nicht von den Gedanken an eine Frau beherrschen.
    Thomas öffnete seine Augen einen Spalt breit. Warmes, klares Licht erhellte den dämmrigen Gang. Er hob langsam den Kopf.
    Fünf oder sechs Fuß von ihm entfernt befand sich eine Säule aus Feuer, in der sich vage die Gestalt eines Mannes abzeichnete. Ernste Augen blickten Thomas aus der Säule an.
    Das Feuer verbrannte Thomas nicht, und er fürchtete sich auch nicht. Er sank auf die Knie und faltete in Anbetung die Hände. Der Erzengel war zurückgekehrt.
    Frauen sind schon immer schwach gewesen, Thomas. Allzu leicht geben sie sich der Versuchung hin. Doch der Mann ist stärker, du bist

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