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Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Titel: Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Richner
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war gar nicht rausgeworfen worden! Dieser Brief konnte nicht der Grund dafür sein, weshalb ihre Eltern sie wegschickten.
    Aber was war es dann?
    Nachdenklich kaute Emily auf ihrer Lippe herum. Vielleicht hatte es mit dem Päckchen zu tun, das ebenfalls im Briefkasten gelegen hatte…
    In diesem Moment hörte sie die Klappe der Katzentür aufgehen. Gleich darauf strich Amy um ihre Beine. Daran hatte sie noch gar nicht gedacht, fiel Emily ein. Was würde aus ihrer Katze werden, wenn sie morgen abreiste?
    Emily überlegte keine Sekunde länger.
    „Amy“, lockte sie die Katze. Amethyst drehte den Kopf. Ihre lilafarbenen Augen leuchteten.
    „Amy“, schmeichelte Emily noch einmal. „Du magst doch Abenteuer, nicht wahr?“
    Die Katze schien zu zögern. Dann huschte sie auf Emily zu.

Ein Bahnhof im Moor
    Eintönig prasselte der Regen auf das Dach des schwarzen Oldtimers, der schon seit Stunden über verlassenen Landstraßen und durch öde Gegenden fuhr. Einsame Schafherden waren über die Hügel verteilt, und nur selten tauchten die Umrisse einer fernen Stadt zwischen den Regenfäden auf. Bereits dämmerte es. Das Grau des Tages ging allmählich in Schwarz über, und irgendwann entdeckte Emily den ersten Stern zwischen den aufreißenden Wolken. Der Regen ließ etwas nach und trommelte nur noch leise auf das Autodach.
    Emily fühlte sich nicht sehr gut. Sie hatte eine unruhige Nacht hinter sich. Immer wieder war sie aus wirren Träumen hochgeschreckt und hatte kaum geschlafen. Beim Frühstück hatte sie keinen Bissen hinunter gebracht. Sie war einfach viel zu aufgeregt.
    Ihre Eltern redeten nur das Nötigste. Meist saßen sie stumm da, nicht einmal das Radio lief. Es war ein bisschen wie damals, als sie zur Beerdigung eines Verwandten gefahren waren. Wenn Emily nicht ab und zu die Hand in ihren Rucksack geschoben und dort nach Amethyst getastet hätte, wäre alles schon längst unerträglich geworden.
    Auf einmal bremste ihr Vater scharf. Die Rubinsterns wurden kräftig durchgeschüttelt, und Amy protestierte miauend.
    „Was war das?“ Emilys Mutter sah nach hinten.
    „Gar nichts“, murmelte Emily, aber Amy hatte bereits die Schnauzhaare aus dem Rucksack gestreckt und versuchte, auf Emilys Schoß zu klettern.
    „Was macht denn die Katze hier?“ Olivia Rubinstern schaute entgeistert von Amethyst zu Emily.
    „Ihr könnt mir nicht auch noch Amy wegnehmen“, erklärte Emily kämpferisch. „Ich nehme sie mit.“
    Ihre Mutter runzelte die Stirn. „Ich weiß nicht, ob Sophia davon begeistert sein wird. Sie hat schon ein Haustier, glaube ich…“
    Emily zuckte die Schultern, kraulte das weiche Fell der Katze und schaute aus dem Fenster. Umso besser, dachte sie bei sich. Vielleicht weigerte sich ihre Großtante dann, Emily bei sich zu behalten, und sie konnte wieder zu ihren Eltern zurück.
    Levin Rubinstern fuhr den Oldtimer ein Stück zurück und starrte auf ein morsches Schild, das an einer Abzweigung stand. In der Dunkelheit konnte man die Schrift darauf kaum entziffern.
    „Hier ist es“, murmelte er und bog in die Straße ein.
    „Pack schon mal die Katze in den Rucksack zurück, wir sind bald da“, bat Olivia Rubinstern ihre Tochter.
    Amethyst war zwar entschieden dagegen, aber Emily lockte und streichelte sie so lange, bis sie endlich nachgab und in den Rucksack stolzierte.
    „Braves Tier“, lobte Emily. Die Katze drehte ihr den Rücken zu und rollte sich beleidigt ein.
    Die Straße führte in eine kleine Stadt. Herr Rubinstern steuerte den Oldtimer durch ein Viertel voller Leuchtreklamen, Kinos und Cafés, in dem viele Leute unterwegs waren. Bald allerdings kamen sie in einen ruhigeren Stadtteil. Vor einem Parkeingang brachte Emilys Vater den Wagen zum Stehen.
    „Du musst hier umsteigen“, sagte er.
    Emily nickte. Sie zerrte Rucksack und Koffer in den Regen hinaus und folgte ihren Eltern. Zielstrebig gingen sie auf das schmiedeeiserne Parktor zu.
    Die Wiesen und Gehwege dort schienen ziemlich verlassen zu sein. Nur auf wenigen Bänken saßen Gestalten, an denen Emily so rasch wie möglich vorüber ging. Sie wunderte sich, weshalb ihre Eltern immer tiefer in den Park hinein gingen. Sollte sie nicht umsteigen?
    Schließlich folgten sie einem schmalen Weg, der in ein Wäldchen mitten im Park führte. Die Bäume standen nicht sehr dicht beieinander. Noch immer konnte Emily den bewölkten Himmel über sich sehen, und manchmal blitzte zwischen den Zweigen ein Licht auf. Als ein Käuzchen schrie, zuckte Emily

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