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Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Titel: Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Richner
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nachfragen.“
    „Glaubst du, du kommst zurecht?“, fragte Herr Rubinstein.
    „Sicher“, murmelte Emily, auch wenn ihr etwas flau im Magen war.
    „Bestimmt?“, hakte ihre Mutter nach.
    Emily nickte. Sie wollte den Abschied nicht länger hinauszögern. Sonst wurde er nur schlimmer.
    „Na dann…“ Der Vater hustete verlegen umarmte Emily und sagte:
    „Du wirst das schon schaffen.“
    Auch die Mutter drückte ihr Kind an sich, und das so überschwänglich, dass Emily kaum mehr Luft bekam.
    „Du erwürgst mich“, keuchte sie.
    „Oh, entschuldige.“ Olivia Rubinstern lockerte die Umarmung ein bisschen. Dafür begann sie zu schluchzen und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen.
    „Wenn irgendwas ist…“, sagte sie.
    „Oder du etwas brauchst…“, fuhr ihr Mann fort.
    „Ja, ja, schon gut“, sagte Emily und versuchte, ein unbeschwertes Lächeln aufzusetzen. „Ich kann ja einfach zurückkommen, wenn es mir drüben nicht gefällt. Oder wenn ich euch besuchen möchte.“
    „Ja.“ Olivia Rubinstern nickte heftig. „Ja, das kannst du. Jederzeit!“
    „Also… dann… gehe ich jetzt.“ Emily drehte sich um. Sie machte einige Schritte auf das Bauwerk zu und blieb direkt davor stehen.
    Der Wind brachte die Blätter des Waldes zum Rascheln, ein Ästchen zerbrach knackend, und wieder schrie das Käuzchen. Noch immer regnete es.
    Emily konnte sich nicht recht dazu entschließen, durch den Turm zu gehen. Sie hatte ja keine Ahnung, was sie dort drüben erwartete. Doch dann tastete sie nach der Mechanik, die sie wie immer um den Hals trug, warf einen letzten Blick zurück auf ihre Eltern, packte den Koffer fester und durchschritt den Turm.
    Emily fühlte gleich, dass sich etwas verändert hatte, ohne dass sie sagen konnte, was genau. Noch immer fiel strömender Regen, noch immer schrie ein Käuzchen, und noch immer schüttelte der Wind Tropfen aus den Blättern. Aber als sie sich umdrehte und zurück zum Turm schaute… waren ihre Eltern verschwunden. Emily hatte das Gefühl, dass sie sich mit wenigen Schritten unendlich weit von ihnen entfernt hatte.
    „Ich glaube, ich bin tatsächlich drüben“, murmelte Emily. Amy miaute als Antwort aus dem Rucksack.
    Weit und breit war niemand zu sehen. Also beschloss Emily, erst einmal nachzuschauen, was in dem Päckchen war, das ihr die Mutter mitgegeben hatte. Ohne schlechtes Gewissen riss sie das Papier auf. Ein kleines gebundenes Buch lag darin. Emily blätterte es durch. Auf jeder Seite befand sich die Fotografie oder das gemalte Porträt eines Rubinsterns samt Namen… all der Rubinsterns, die jemals verschwunden waren. Auf der ersten Seite entdeckte Emily das Bild von Andri. Die letzte Fotografie zeigte sie selbst, und darunter stand ihr Name.
    Ein Zettel war ins Buch gelegt, den Emily auseinander faltete. In der Handschrift ihrer Mutter stand dort:
     
    Liebe Sophia
     
    Es ist also so weit. Levin und ich haben schon seit einiger Zeit darauf gewartet, dass es passiert.
    Wir wissen, dass die Bücher ihre eigenen Gesetze haben. Wenn sie Emily zu ihrem Hüter gewählt haben, müssen wir das wohl akzeptieren. Als Zeichen dafür haben wir eine Fotografie und ihren Namen ins Familienbuch der Rubinsterns eingefügt.
    Wie du weißt, kennen wir den Turm. Emily wird dort ja erwartet werden, wie du uns bei deinem letzten Besuch gesagt hast. Vielleicht können wir sie bald wieder sehen?
    Wir senden dir die herzlichsten Grüße und bitten dich, gut auf unsere Tochter aufzupassen.
     
    Olivia und Levin
     
    Das war also der wirkliche Grund dafür, weshalb ihre Eltern sie zu Sophia schickten, dachte Emily, während sie das kleine Buch notdürftig wieder ins Papier einwickelte. Die Bücher hatten sie zu ihrem Hüter gewählt… was mochte das wohl bedeuten?
    In der Ferne war ein Rumpeln zu hören, das immer lauter wurde. Gleich darauf tauchte zwischen den Bäumen ein seltsames Gefährt auf. Es glich einer Kutsche. Allerdings wurde es nicht von Pferden gezogen, sondern hatte einen Antrieb, den Emily noch nie gesehen hatte. Die Vorrichtung bestand aus einem silbern glänzenden Kern, der über einer Eisenschale schwebte. Um den Kern kreisten kleine Kugeln, so schnell, dass ihre Bahnen zu feinen Linien verschwammen.
    Emily hatte nicht lange Zeit, das Gefährt zu bestaunen. Es kam vor ihr zum Stehen. Eine Tür öffnete sich, und ein ziemlich kleiner Mann in einem weiten Umhang und mit einem Zylinderhut auf dem Kopf schaute heraus.
    „Falls du Emily Rubinstern bist, steig bitte

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