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Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Titel: Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Richner
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Tisch hervordrang.
    „Hättest du nicht Lust auf einen gemütlichen Spaziergang?“, schlug Emilys Mutter unerwartet vor. Emily warf einen Blick aus dem Fenster. Mittlerweile waren bedrohliche Wolken aufgezogen, die Bäume bogen sich im Wind, und es sah nach Regen aus.
    „Ich weiß nicht...“, begann sie.
    Ihre Mutter spitzte die Lippen und sagte:
    „Vielleicht können wir irgendwo ein Eis essen.“
    „Eis? Aber dafür ist es schon viel zu kalt“, protestierte Emily. „Ich würde viel lieber...“
    „Dann ist das also abgemacht“, sagte Olivia Rubinstern strahlend, als hätte sie ihre Tochter gar nicht gehört. „In zehn Minuten geht’s los. Ich sage Levin Bescheid.“
    Emily schaute ihr mit offenem Mund nach.
    Und so machten sie sich wenig später auf den Weg, dick eingepackt in wollene Pullover und Regenmäntel. Kaum jemand begegnete ihnen. Sehnsüchtig starrte Emily durch die hell erleuchteten Fenster der Häuser, an denen sie vorübergingen. Überall saßen die Leute im Warmen und Trockenen. Keiner kam auf die Idee, einen gemütlichen Spaziergang zu unternehmen. Emily zog sich die Kapuze tiefer ins Gesicht. Der feine Nieselregen war allmählich in eine wahre Sintflut übergegangen, und sie fühlte sich, als würden ihr nächstens Schwimmhäute zwischen den Fingern wachsen. Als ein Regenschirm an ihnen vorüber wirbelte, den der Wind jemandem aus der Hand gerissen hatte, und Emily vor lauter Wasser kaum mehr etwas sah, rief ihre Mutter endlich:
    „Seht mal, hier könnten wir reingehen.“
    Emily hob den Kopf, was sie sofort bereute, denn riesige Regentropfen klatschten ihr ins Gesicht. Hastig drängte sie zum Eingang des Cafés, öffnete die Tür und blieb erschöpft stehen. Es dauerte eine Weile, bis sie all das Wasser aus ihren Augen gewischt hatte und wieder deutlich sah. Von ihrem Regenmantel tropfte es beharrlich. Schon hatte sich eine Wasserpfütze um ihre Gummistiefel gebildet.
    „Dort drüben ist ein Tisch frei“, sagte Levin Rubinstern und schob Emily zu einer Nische.
    „Aber wir sind klatschnass! Wir überschwemmen das halbe Café“, flüsterte Emily und schaute besorgt zum Kellner, der ihre tropfende Anwesenheit noch nicht bemerkt hatte.
    „Ach was“, entgegnete ihre Mutter, und wenig später saßen sie um den kleinen Holztisch, während ihre nassen Mäntel auf dem Fensterbrett vor sich hin tröpfelten.
    „Sie hätten gerne?“, fragte der Kellner nach einem misstrauischen Blick auf die Regenmäntel. Emilys Eltern bestellten tatsächlich Eisbecher, und Emily konnte sie nur mit Mühe davon überzeugen, dass sie viel lieber eine heiße Schokolade wollte. Zum Aufwärmen.
    Mindestens zwei Stunden lang blieben sie in dem Café. Durchs Fenster schaute Emily in den Regen und dachte über diesen Ausflug nach. Weshalb waren sie hergekommen? Sie hätten gemütlich zu Hause sein können, Emily hätte in einem Buch gelesen, und ihre Eltern wären mit Kaffee und Kuchen im Wohnzimmer gesessen. Stattdessen waren sie hier und bestellten nach den Eisbechern noch Tee, dann Orangensaft und Apfelkuchen mit Zimt, als wäre das Café der behaglichste Ort der Welt.
    Irgendwann hatte Emily endgültig genug. Im Wollpullover war ihr im überheizten Café nun viel zu warm, ihre Füße hingegen fühlten sich nass und kalt an wie zwei Eisklumpen. Ihre Eltern schoben ihr Orangensaft hin, drängten ihr ein Stück Kuchen auf, strichen immer wieder wie zufällig über ihren Arm und warfen sich dazwischen stumme Blicke zu. Olivia Rubinstern übertrieb es, indem sie ihrer Tochter minutenlang Amyhaare vom Pullover zupfte, dann tatsächlich ein Taschentuch hervorholte und raufspuckte, um einen Schokoladenfleck von Emilys Wange zu reiben. Emily verzog das Gesicht, wich dem Taschentuch aus und stieß den Stuhl zurück.
    „Ich will endlich nach Hause“, sagte sie verärgert.
    „Oh“, antwortete ihre Mutter. Die Hand mit dem Taschentuch verharrte in der Luft.
    „In Ordnung.“ Levin Rubinstern räusperte sich und winkte dem Kellner, der gleich zu ihrem Tisch kam. Er zog einen Notizblock hervor und zählte murmelnd die lange Liste von Getränken und Süßigkeiten zusammen. Schlussendlich nannte er eine ziemlich hohe Summe. Gedankenverloren streckte Emilys Mutter ihm das zerknüllte Taschentuch hin.
    „Ich fürchte, das kann ich als Bezahlung nicht akzeptieren“, sagte der Kellner und musterte das Taschentuch irritiert.
    „Wie? Ach, natürlich, warten Sie...“ Emilys Mutter holte den Geldbeutel hervor, schob das

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