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Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1)

Titel: Hüter der verborgenen Bücher (Buch 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Richner
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dem vierten Nachschlag lehnte er sich zurück und stöhnte:
    „Ich platze gleich!“
    Danach schleppten sie Berge von Decken und Kissen ins Wohnzimmer und richteten sich zum Schlafen ein. Finn, dessen Kleidung in einem schlimmen Zustand war, bekam ein Nachthemd von Sophia.
    „Steht dir“, kicherte Emma. Finn zuckte die Schultern. Er war froh, endlich aus seinen Kleidern zu kommen.
    Sophia wünschte ihnen eine gute Nacht und verschwand in ihrem Schlafzimmer. Eine Weile lagen die vier Kinder still da. Das Feuer knisterte im Kamin, durch das offene Fenster drang angenehm kühle Nachtluft, und ein Halbmond stieg zwischen den Apfelbäumchen in den Himmel.
    „War echt kein Spaß dort unter der Erde“, sagte Finn.
    Emily drehte den Kopf und schaute ihn an. „Ja, kann ich mir vorstellen. Wenigstens wart ihr zu zweit.“
    „Linus war nicht gerade die fröhlichste Gesellschaft“, meinte Finn. „Er war ja auch schon monatelang gefangen, als ich auftauchte. Wir haben versucht, uns ein bisschen die Zeit zu vertreiben, haben uns Geschichten erzählt und Pläne geschmiedet, wie wir fliehen könnten. Leider hat nichts funktioniert.“
    Er schwieg. Dann fragte er:
    „Hey, Emily, glaubst du, dass ich im Training viel verpasst habe?“
    Das war typisch, dachte Emily. Darüber machte Finn sich die meisten Sorgen.
    „Hannah ist schon ziemlich gut geworden“, antwortete sie. „Ich glaube, nächstens wäre sie losgezogen und hätte dich im Alleingang befreit.“
    „Ach, ich werde schon wieder aufholen“, meinte Finn unbekümmert.
    „Übrigens, deine Schwester Ivy ist auch ausgewählt worden“, sagte Miki. „Als Hüterin.“
    „Habe ich mir schon gedacht.“ Finn klang zufrieden über diese Nachricht.
    Sie erzählten ihm auch, was sie im Panoptikum gesehen hatten. Dann schwiegen alle und ließen sich die aufregenden Ereignisse nochmals durch den Kopf gehen. Irgendwann murmelte Emma:
    „Sie haben sich also tatsächlich mal geliebt.“
    Emily nickte. „Meine Großtante und Shaddock… Irgendwie seltsam.“
    Eine Weile redeten die Kinder noch. Sie waren alle viel zu aufgewühlt, um einschlafen zu können. Allmählich wurden sie aber immer stiller, und schließlich hörte Emily die ruhigen Atemzüge ihrer Freunde.
    Sie selbst fand noch immer keinen Schlaf. Irgendwann grub sie sich aus ihren Decken und setzte sich aufs Fensterbrett. Der Mond stand jetzt hoch am Himmel. Irgendwo schrie ein Käuzchen, und ein anderes antwortete aus weiter Ferne.
    Emily dachte daran, wie glücklich sie war, Finn heil und gesund zurück zu haben – auf eine irgendwie verwirrende Weise fast zu glücklich. Und sie dachte über Linus‘ Entscheidung nach. Könnte sie selbst Arcanastra und somit diese Welt für immer verlassen? Könnte sie alle ihre Freunde hier zurücklassen? Auch Serafino?
    Blasen wir Trübsal? , hörte sie auf einmal eine Stimme. Amethyst huschte durch den Garten auf sie zu. Mit einem eleganten Sprung landete sie neben Emily auf dem Fensterbrett.
    „Nein, ich denke nach“, sagte Emily.
    Da wird wohl wie üblich nicht viel Kluges dabei herauskommen , meinte Amy auf ihre gewohnt diplomatische Art. Emily lächelte. Sie streichelte ihre Katze, die ihr an diesem Tag das Leben gerettet hatte, und über Amys Schnurren fiel sie irgendwann in einen traumlosen Schlaf.

Frühsommer
    In den kommenden Wochen wurde es offensichtlich, dass der Geist sich aus dem Moor zurückgezogen hatte. Die Irrlichter hielten sich von der Straßenbahn fern und griffen keinen Hüter mehr an. Deshalb konnte bald die schwarze Farbe von den Fenstern der Bahn gekratzt werden. Wenn Emily und ihre Freunde jetzt in die Ringstadt fuhren, konnten sie dabei das wunderbar blühende Moor betrachten. Das taten sie sehr oft, um sich ein wenig abzulenken.
    Finn hielt es nach seiner Gefangenschaft kaum in geschlossenen Räumen aus. Viel lieber ging er mit Emily und Miki in den Wald der Silberbuchen, und weil Emma keine Lust hatte, ständig allein bei Julie zu sein, kam sie ebenfalls mit.
    Signor Montague hatte nichts dagegen.
    „Aber nehmt wenigstens Körbe mit, wenn ihr spazieren geht“, bat er. Und so sammelten sie in diesen Tagen so viele silberne Blätter wie noch nie.
    Es war seltsam beruhigend, durch diesen Wald zu gehen. Schon das ganze Jahr über hatte Emily das gedacht. Das Flüstern und Wispern im Blätterdach, das funkelnde Silber, die Äste der jungen Buchen, die nach den Kindern tasteten und sich sanft um ihre Arme schlangen… sie konnte verstehen, dass es

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