Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
sein Leben nicht in Gefahr bringen und musste deshalb vorher mit ihm reden. Ich hoffe, das kannst du verstehen.«
Judith presste ihre Lippen aufeinander, da sie befürchtete, das Falsche zu sagen. Sie wusste nicht, was sie empfinden sollte. Sie war mit diesem Mann von einer Klippe gefallen, hatte Träume aufgebaut und ihre rigorose Selbstkontrolle aufgegeben, und jetzt hatte sie keine Ahnung, wer er in Wirklichkeit war. Unbewusst schüttelte sie den Kopf.
»Tu das nicht. Verschließe dich jetzt nicht vor mir, Judith. Du tätest dasselbe für jede deiner Schwestern und das weißt du selbst. Levi weiß, dass ich mit dir rede. Du kannst ihn anrufen und dir von ihm alles, was ich sage, bestätigen lassen. Ivanov hat schon einmal Jagd auf ihn gemacht und er wird niemals aufhören. Nie. Er wird hoffen, dass ich ihn zu Levi führe, und dann wird er uns beide töten, falls sich ihm die Gelegenheit bietet.«
»Du musst Jonas verständigen.«
In seinen Augen blitzte etwas Tödliches auf, ein kurzes Aufflackern von Gefühlen, die ihr Angst einjagten. »Deine Lösung ist immer dieser Jonas. Ivanov ist um einige Nummern zu groß für ihn, Judith. Glaube mir, ich kenne Killer. Es mag sein, dass Jonas auf seinem Gebiet sehr gut ist, aber er wird durch Vorschriften behindert, die er befolgen muss, weil er gar keine andere Wahl hat. Er würde versuchen, Ivanov festzunehmen, und Ivanov brächte ihn um.«
»Was willst du mir damit sagen?« Judith zog die Decke enger an sich und wich vor ihm zurück. Sie befürchtete, genau zu wissen, was das bedeutete. Es war eine Sache, davon zu träumen, Jean-Claude leiden zu lassen und ihn sterben zu sehen, aber diese geballte Sprungkraft, die Stefan jetzt so deutlich anzusehen war, sagte ihr, dass er wirklich durchaus zu Dingen fähig war, die sie sich nicht einmal vorstellen konnte.
»Das heißt, du kannst Harrington sagen, dass Ivanov Jagd auf Levi macht, aber wenn du das tust, wird es den Mann wahrscheinlich das Leben kosten. Du bist drei Nächte lang nicht mehr im Bett gewesen, Judith.«
Sie sah ihn blinzelnd an. »Spionierst du mir etwa nach?«
»Ich wache über dich. Das ist ein Unterschied.« Er rieb sich den Nasensteg. »Okay. Vielleicht habe ich dir nachspioniert«, räumte er ein. »Ich musste wissen, dass dir nichts fehlt.«
Das Herz zog sich in ihrer Brust zusammen. Stefan Prakenskij hatte nichts Jungenhaftes an sich, weder in seinem Aussehen noch in diesem sanften, sinnlichen Tonfall, und doch klang er so erstaunt und selbstironisch, als könnte er sein eigenes Benehmen nicht recht glauben. Dieser Mann war noch disziplinierter und noch beherrschter als sie, wenn sie ihn richtig deutete, und doch schien er im Umgang mit ihr ein wenig überfordert zu sein, und sie reagierte gegen ihren Willen auf die Hilflosigkeit in seinem Tonfall.
»Ich habe keine Erfahrung mit Gefühlen, Judith. Ich werde alles falsch machen und Mist bauen. Ich habe nie wirklich eine echte Beziehung gehabt.«
Ihr Herz machte wieder einen Satz. »Nie?«
Er schüttelte den Kopf. »In meinem Metier sind Beziehungen unmöglich.« Er seufzte und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar, bis die dichten Strähnen wüst zerzaust waren. »Ehrlich gesagt, hätte ich mich auch nicht für fähig gehalten, echte Gefühle für eine Frau zu entwickeln. Und dann habe ich dich gesehen und es ist, als hätte ich nichts mehr unter Kontrolle. Du hast das Heft in die Hand genommen und ich habe keinen Schimmer, wie ich damit umgehen soll, Judith.«
Er schien sich so unbehaglich zu fühlen, so vollständig ratlos, dass sie sich nicht vorstellen konnte, das, was er sagte, sei nicht wahr. »Ich weiß, dass das mit uns alles zu schnell ging, und wahrscheinlich habe ich es auch schon so gut wie verpatzt, stimmt’s?«
»Ich glaube, das waren wir beide, Stefan.« Judith würde ihn nicht die gesamte Schuld auf sich nehmen lassen. »Ich treffe meine eigenen Entscheidungen und das war ein bewusster Entschluss.«
Er schüttelte den Kopf. »Mir ging es um etwas Dauerhaftes und du hast gehofft, wir würden in Flammen aufgehen und das Verlangen würde erlöschen. Gib es zu, Judith. Eine Nacht war alles, was du mir geben wolltest.«
Sie lächelte ihn unwillkürlich an, voller Selbstironie. »Ich hatte vor, dich Traktor fahren zu lassen. Das war alles.« Er wirkte so geknickt, dass sie ihm etwas in die Hand geben musste. »Es fällt mir nicht leicht, dir zu widerstehen.«
Er stieß seinen Atem aus, als hätte er ihn lange angehalten. »In
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