Hüterin der Seele -: Sea Haven 2 (German Edition)
und den Köder geschluckt hatte, den manche Frauen so mühelos auszulegen schienen. Seine ursprüngliche Reaktion auf sie – dieses furchtbare Verlangen, derjenige zu sein, der einen anderen Ausdruck in ihre Augen zauberte, der Mann zu sein, auf den sie sich verließ – war nicht einleuchtend. Er war ein zynischer Mann. Es gab nichts, was er nicht kannte. Er glaubte nicht an die Liebe und er glaubte erst recht nicht, dass ihn eine Frau in eine Falle locken könnte. Er hatte sich für immun gehalten, aber er erkannte Gefahr, wenn er sie sah.
»Die Galerie war eine Weile geschlossen und hat dadurch gewisse Einbußen erlitten, aber seit der Wiedereröffnung erholt sie sich gut.« Sie schaltete die Lichter im Büro an.
Auch dieser Raum war großzügig, aber privat; eine Tür führte zu einem Badezimmer und eine zweite nach draußen. Die gesamte Straßenfront der Galerie hatte Scheiben aus getöntem Glas, um die Gemälde vor der Sonne zu schützen, während sich gleichzeitig ein weiter Ausblick auf das Meer auf der anderen Straßenseite bot.
»Frank gehört dieses ganze Gebäude. Der Preis schließt außer der Galerie samt Inventar auch das Gebäude und das Grundstück ein. Falls Sie wirklich Interesse haben sollten – das Wohnhaus nebenan gehört ihm auch und ich glaube, er spielt mit dem Gedanken, es ebenfalls zu verkaufen.«
Zum ersten Mal wünschte er sich tatsächlich, er sei ein amerikanischer Geschäftsmann und könnte sich hier in diesem kleinen Küstenort niederlassen, mit dieser Frau an seiner Seite. Auch hätte er nichts dagegen gehabt, seine eigene Galerie zu besitzen. Er zog die Stirn in Falten und presste sich die Finger auf die Schläfe, da sich unbemerkt Kopfschmerzen angeschlichen hatten, die jetzt einsetzten. Was dachte er sich bloß? Männer wie er ließen sich nirgendwo nieder. Sie jagten und dann wurden sie gejagt.
»Fehlt Ihnen etwas?«
Er begegnete ihrem Blick, ehe er sie mit einem weiteren schiefen Lächeln bezauberte. Ihm entging nicht, dass sich ihre Brüste unter dieser schmal geschnittenen Jacke hoben und senkten, als sie tief Luft holte. »Erst der lange Flug und dann die gut vierstündige Fahrt, die allerdings landschaftlich sehr reizvoll war.«
»Sind Sie nach San Francisco oder nach Oakland geflogen?«
Es hätte eine ganz normale Frage für eine unverbindliche Plauderei sein sollen, doch ihm fiel auf, dass sie versuchte, den Blickkontakt abreißen zu lassen, es aber nicht schaffte. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Wenn man das Ganze mit einem Schachspiel verglich, war er nicht sicher, wer den besseren Spielstand hatte. Es schien, als bräuchte sie so gut wie nichts zu tun – diese sinnliche Liebkosung in ihrer Stimme gefährdete seinen ansonsten kühlen Verstand, wie nichts anderes es gekonnt hätte. Sie musste unschuldig sein, denn so gut war niemand. Er hatte mit einigen der besten Agentinnen in der Branche zu tun gehabt und keine hatte jemals einen so brutalen und teuflischen Anschlag auf seinen Körper und auf seine Selbstbeherrschung verübt.
»Nach San Francisco.« Er wandte den Blick bewusst von ihr ab, ein schüchterner Geschäftsmann, der sich einer so schönen Frau nicht ganz gewachsen fühlt. »Ich habe mir dort auch eine Galerie angesehen, aber gleich gemerkt, dass ich nur eine Großstadt gegen eine andere eintauschen würde. Vielleicht eine andere Lebensweise, aber nicht das, wonach ich suche. Sea Haven spricht mich an.«
Er stellte sich dicht neben sie, etwas zu dicht, unter dem Vorwand, in den Safe zu schauen, den sie geöffnet hatte. Dazu war sie in die Hocke gegangen, und bei dem Gedanken, dass ihr Kopf auf einer Höhe mit seinen schmerzenden Lenden war, bewegte sich sein Schwanz ruckhaft und wurde nur noch dicker. Er holte Atem, um seinen Körper wieder unter Kontrolle zu kriegen, und rief sich ins Gedächtnis zurück, dass dieser eigensinnige Körperteil immer noch ihm und nicht ihr gehörte. Er achtete sorgsam darauf, sie nicht versehentlich zu streifen. Er musste der gewiefte Geschäftsmann sein, im Umgang mit Frauen eher schüchtern, charmant, aber nicht aufdringlich.
Judith fühlte sich zu ihm hingezogen und war deshalb auf der Hut. Die Tatsache, dass sie körperlich auf einen Fremden reagierte, störte sie offensichtlich ebenso wie ihn. Sie nahm etliche Bücher mit unsicheren Händen aus dem Safe, verbarg ihre Nervosität aber gut. Er nahm sie dennoch zur Kenntnis und freute sich übergebührlich über diesen Beweis dafür, dass sie ebenso große
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