Hütet euch vor Harry
verschwunden, aber ich will dir ehrlich sagen, daß ich Angst um uns habe. Ich habe sogar Furcht vor der folgenden Nacht, denn ich glaube fest daran, daß es wieder zu einem Kontakt kommen wird. Sogar zu einem ziemlich engen, denn ich weiß, daß Harry in mir eine Feindin sieht. Er muß gespürt haben, daß ich informiert bin und es ihm auch nicht einfach machen werde. Ich rechne sogar damit, daß ich ihm sehr bald gegenüberstehen werde und es zu einem Kampf zwischen uns kommen wird. Harry haßt Widerstand. Er will seinen geraden Weg gehen, und er muß in mir einfach seine große Feindin sehen.«
Lady Sarah konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. »Wenn man dich so hört, dann muß man annehmen, daß du von einem guten Bekannten sprichst.«
»Ja, Sarah, irgendwo ist er das auch. Ein Bekannter und gleichzeitig ein Feind, der mich aus dem Weg räumen will.«
Sarah Goldwyn nahm die Worte nicht auf die leichte Schulter. »Sollen wir John Bescheid geben, daß er zu uns kommt und die Nacht über bleibt, um deinen Schlaf zu bewachen?«
Zum erstenmal lachte Jane. »Nein, Sarah, nein, soweit ist es noch nicht.«
»Aber ich könnte…«
»Du nicht, meine Liebe…«
»Laß mich doch ausreden, Jane. Ich könnte in meinem Archiv nachschauen, ob wir etwas über einen Harry haben. Vielleicht in einem der alten Bücher, in denen ja eine Menge über mächtige Dämonen niedergeschrieben worden ist. Nicht umsonst habe ich mir eine so große Bibliothek zugelegt.«
Jane hatte die Stirn gekraust. »Das ist natürlich eine Idee«, sagte sie mit leiser Stimme. »Ob wir Erfolg haben werden, weiß ich nicht.«
»Wir würden zumindest nicht untätig hier herumsitzen.«
»Da hast du auch recht.«
»Dann komm.«
Die beiden Frauen mußten hoch bis unter das Dach, wo sich das große Archiv befand. Hier standen nicht nur die Bücher, hier schaute sich Lady Sarah auch ihre Videofilme an, die nicht nur aus einer Sammlung der neuesten Gruselfilme bestanden, nein, sie hatte auch Berichte über ungewöhnliche Ereignisse gehortet, die irgendwann in den TV-Programmen gelaufen waren.
Draußen war es noch hell. Das letzte Licht füllte die schrägstehenden Quadrate der Glasfenster aus und sickerte in das große Zimmer herein.
Dennoch brauchten die beiden Frauen Licht.
Die Strahler leuchteten auch die letzte Ecke aus und schufen praktisch eine schattenlose Helligkeit.
Lady Sarah hatte ihre Bücher nach Sachgebieten geordnet und jeweils in der Unterabteilung in alphabetischer Reihenfolge. Um nicht lange auf den Buchrücken nachschauen zu müssen und dann zu suchen, wo ein bestimmtes Buch stand, hatte sie sich einen Computer zugelegt, den sie ebenso gut bedienen konnte wie Jane. Nur überließ sie an diesem Abend der Detektivin den Vortritt.
»Dann wollen wir mal«, sagte Jane, als sie den Computer eingeschaltet hatte und die ersten Eingaben machte. Sie ging dabei nach bestimmten Stichwörtern vor.
Sie berücksichtigte die Zeit, das Aussehen des Gesuchten. Menschlich oder nicht menschlich. Dem Tierreich zugehörend oder dem Gebiet der Monsterwesen.
Gemeinsam starrten sie auf den Monitor, damit er ihnen eine Lösung oder zumindest einen Hinweis zeigte.
Nichts.
Jane Collins sagte ein hartes Wort für eine weiche Masse, und Lady Sarah widersprach ihr nicht. »Das war ein Schuß in den Ofen, Sarah.«
»Willst du aufgeben?«
»Weiß nicht.« Jane räusperte sich. »Nicht daß du denkst, daß es Harry nicht gibt. Den Zahn muß ich dir ziehen. Es gibt ihn, darauf kannst du dich verlassen, und ich weiß auch, daß er wieder einmal mit mir in Kontakt treten wird.«
»Wenn das auf einem Weg der telepathischen Kräfte geschieht, so würde ich an deiner Stelle versuchen, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Vielleicht auf astraler Ebene.«
Jane zeigte ein verloren wirkendes Lächeln. »Wenn das so einfach wäre«, murmelte sie. »Bisher habe ich ihn nur als eine reine Drohung erlebt. Es gab in dem Sinne keinen Kontakt, bei dem wir uns gegenseitig etwas übermittelt hätten. Er war derjenige, der das Sagen hatte. Er wollte, daß ich ihn fürchtete, daß ich Angst bekam. Er sorgte eben für dieses kalte Grauen.« Jane stand auf und ging zum Fenster, um in die Dämmerung zu schauen. »Er präsentierte sich einfach. Er war wie eine böse Strömung, die alles mitreißt. Er sorgte dafür, daß mich die Furcht überfiel, und sie hat mich überfallen. Ich habe selten in der letzten Zeit eine derartige Angst empfunden. Ich weiß nicht, wer er ist. Ich weiß nur,
Weitere Kostenlose Bücher