Huff, Tanya
Schlages das Handgelenk des Kommandanten, führte die Bewegung
fort und riß unter Einsatz aller Kraft den Arm aus dem Gelenk. Er ließ den
Körper fallen und drehte sich um, um den Rest der Einheit anzugreifen, wobei er
seine gräßliche, blutende Trophäe wie eine Keule schwang und die Zähne bleckte,
so daß die langen Reißzähne schimmerten.
Der Angriff hatte
weniger als sieben Sekunden gedauert.
Die Nazis waren nicht
die ersten, die Entsetzen als Waffe verwendeten; Henrys Art hatte den Wert
dieser Strategie schon vor Jahrhunderten erkannt. Sie verschaffte ihm Zeit,
die ersten der Wachen zu erreichen, bevor irgend jemand daran dachte, daß sie
Waffen in der Hand hatten.
Als sie schließlich so
weit waren zu schießen, hatte er einen weiteren Körper, den er als Schild
benutzen konnte. Er hörte Schreie auf Holländisch, Füße in Pantoffeln, die über
festgetretene Erde rannten, und dann plötzlich gingen die Suchscheinwerfer aus.
Zum ersten Mal, seit
er den Platz betreten hatte, konnte Henry alles sehen. Die Deutschen konnten
gar nichts sehen. Sie verloren vollkommen die Nerven, stürzten davon und
versuchten zu fliehen, nur um festzustellen, daß ihr Weg vom zähnefletschenden
Angriff des größten Hundes, den sie je gesehen hatten, blockiert wurde.
Dann war es ein
Gemetzel.
Augenblicke später,
während er über seiner letzten Beute stand und jeder seiner Nerven vom
Blutgeruch vibrierte, sah Henry zu, wie der Hund, der ihm die ganze Nacht
gefolgt war, sich steifbeinig näherte. Der feuchte Fleck auf seiner Schnauze
war in der Dunkelheit mehr schwarz als rot. Es sah vollkommen wild aus, wie ein
Wolf aus den Märchen der Gebrüder Grimm.
Sie waren immer noch
ein paar Schritte voneinander entfernt, als der Klang von Stiefeln auf
Kopfsteinpflaster sie herumfahren ließ. Henry bewegte sich, aber der Hund war schneller.
Er sprang, rollte sich ab, kam wieder hoch und hielt eine Maschinenpistole in
äußerst menschlichen Händen. Als die SA-Männer in Sicht kamen, eröffnete er das
Feuer. Keiner überlebte.
Nachdem er sich die
Pistole über eine nackte Schulter gehängt hatte, drehte er sich zu Henry um und
rieb sich das Blut um seinen Mund mit dem Rücken einer schmutzigen Hand ab.
Sein Haar, das exakt die rotbraune Farbe des Wolfsfells hatte, fiel ihm in
einem verfilzten Gewirr in die Stirn, und die Augen, die teilweise dadurch
verdeckt wurden, waren die Augen, die beobachtet hatten, wie Henry aus der Erde
aufgetaucht war und getrunken hatte.
„Ich bin Perkin
Heerkens", sagte er auf Englisch mit schwerem Akzent. „Wenn Sie Henry
Fitzroy sind, bin ich Ihr Kontaktmann."
Nach 400 Jahren hatte
Henry geglaubt, nichts könne ihn mehr überraschen. Er stellte fest, daß er
diese Schlußfolgerung noch einmal würde überdenken müssen.
„Man hat mir nicht
gesagt, daß Sie ein Werwolf sind", sagte er auf Holländisch.
Perkin grinste, was ihn
jünger, aber nicht ungefährlicher aussehen ließ. „Man hat mir auch nicht
gesagt, daß Sie ein Vampir sind", sagte er. „Ich denke, damit sind wir
quitt."
„Das ist keine völlig
normale Weise, um jemanden kennenzulernen", murrte Vicki und wünschte sich
nur einen Augenblick, sie wäre wieder daheim und hätte einen netten, normalen Streit mit Mike Celluci. „Ich meine, du redest von einem Vampir beim
Geheimdienst, der einen Werwolf in der holländischen Widerstandsbewegung
trifft."
„Was ist daran
ungewöhnlich?" Henry überholte ein Wohnmobil mit amerikanischem
Nummernschild, in dessen Heckfenster eine kleine orangerote Katze schlief.
„Werwölfe haben ein ausgeprägtes Revierverhalten."
„Wenn sie als Teil
einer normalen... " Sie überlegte einen Augenblick und begann dann von
neuem. „Wenn sie in menschlichen Gemeinden lebten, wie sind sie der Einberufung
entgangen?"
„Wehrpflicht war ein
britisches und nordamerikanisches Phänomen", erinnerte Henry sie. „Europa
kämpfte ums Überleben, und das geschah so schnell, daß einige Männer und Frauen
in isolierten Gegenden leicht übersehen werden konnten. Falls nötig, gaben sie
die .Zivilisation' für die Dauer des Kriegs auf und lebten vom Land."
„Gut, was ist dann mit
britischen und nordamerikanischen Werwölfen?"
„Es gibt keine britischen
Werwölfe... "
„Warum nicht?"
unterbrach Vicki.
„Es ist eine Insel.
Angesichts der menschlichen Neigung zu töten, was man nicht versteht, gibt es
nicht genug Platz für Menschen und Werwölfe." Er schwieg einen Moment und
fügte hinzu: „Es könnte
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