Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blood Ties 02 - Blutspur
Vom Netzwerk:
die
Olympiamannschaft aufgenommen zu werden und Gold zu gewinnen. Vicki wußte,
daß manche Zielfernrohre eingebaute Entfernungsmesser hatten, aber selbst diese
erforderten ein angeborenes Talent und jahrelange Übung, um die nötige
Genauigkeit zu erwerben. Und wenn man dann noch ein bewegliches Ziel auf
fünfhundert Meter dazunimmt...
    Sie hatte einmal
gehört, daß nach allen physikalischen Gesetzen ein Mensch nicht in der Lage
sein sollte, in der Baseballoberliga einen schnellen Ball zu treffen. Nach den
gleichen physikalischen Gesetzen hatte der Attentäter diesen nicht nur einmal,
sondern zweimal getroffen und ihn auch noch aus dem Stadion herausgeschlagen.
    Eine schnelle Suche
förderte Reibestellen in der Rinde zutage, wo er die Waffe gegen den Baum
gestützt hatte.
    „Leider", seufzte
sie und lehnte den Kopf an einen passenden Ast, „bringt mich die Entdeckung des
Wie und Wo den Antworten auf das Warum und Wer keinen Schritt näher." Sie
schloß einen Moment lang die Augen, und die Sonne brannte auf ihren Lidern. Sie
fragte sich, ob sie das tatsächlich durchziehen würde, ob sie, wenn sie den
Mörder fand, ihn praktisch den Werwölfen zur Hinrichtung ausliefern würde. Sie
wußte weder eine Antwort noch eine Alternative.
    Es war Zeit, zurück
zum Haus zu gehen und ein paar Anrufe zu tätigen, wenn sie auch das üble Gefühl
hatte, daß eine Fahrt in die Stadt und eine gründliche Untersuchung von
Constable Barry Wus Turnschuhen produktiver wäre.
    Den Baum
hinunterzuklettern dauerte nicht so lange wie ihn hochzuklettern, aber nur,
weil die Schwerkraft ihre Hand im Spiel hatte und sie zwei Meter fallen ließ,
bevor sie auf einem Ast landete, der dick genug

war, um ihr Gewicht zu
tragen. Mit hämmerndem Herzen schaffte sie den Rest des Wegs zum Boden auf
orthodoxere Weise.
    Wenn ihr Schweizer
Messer eine Säge enthalten hätte, hätte sie versucht, den letzten Ast zu
entfernen, den, der den Kletterer aus dem Baum heraus ins Licht hob. Leider
hatte es keine, und einen Kiefernast von fünf Zentimetern Durchmesser
wegzuschnitzen sagte ihr nicht besonders zu. Tatsächlich gab es außer dem
Versuch, sie von den Feldern fernzuhalten, verdammt noch mal nichts, was sie
tun konnte, um zu verhindern, daß der Baum als Ausgangspunkt benutzt wurde, um
die Werwölfe zu erschießen.
    „Nie ist ein Biber in
der Nähe, wenn man einen braucht", murmelte sie und wünschte sich, sie
hätte eine Axt mitgebracht. Sie hatte aber zwei Tatsachen über den Mörder
herausgefunden. Er mußte mindestens 1,78 m groß sein, so groß wie sie - ein
wenig kleiner, und seine Schulter wäre nicht auf gleicher Höhe mit der Stelle
gewesen, auf der der Gewehrlauf aufgelegen hatte -, und die Chancen standen
gut, daß sein Haar kurz und glatt war. Sie fischte eine Handvoll Nadeln und
einen kleinen Zweig aus ihrem kurzen, glatten Haar. Wenn ihr Haar lang oder
lockig gewesen wäre, wäre sie nie lebend aus diesem Baum herausgekommen.
    „Entschuldigung?"
    Der Schrei kam völlig
unwillkürlich, aber da sie ihn unterdrücken konnte, ehe er über ihre Lippen
kam, fand Vicki, daß er nicht zählte. Die Hand an der Tasche - sie hatte in der
Vergangenheit eine nützliche Waffe abgegeben - wirbelte sie herum, um zwei
verwunderten Frauen mittleren Alters gegenüberzustehen, die beide
Hochleistungsferngläser trugen. Eine von ihnen schleppte einen Segeltuchsack,
der etwa einen Meter lang und zwanzig Zentimeter breit war.
    „Wir haben uns nur
gefragt", begann die Kleinere, „was Sie dort oben in diesem Baum
tun."
    Vicki zuckte die
Achseln, das abebbende Adrenalin ließ ihre Schultern ruckartig auf und ab
springen. „Ich habe mich nur umgesehen." Sie deutet mit einen nicht ganz
so nonchalanten Handbewegung auf den Segeltuchsack. „Sie sind hier draußen, um
ein wenig zu schießen?"
    „So könnte man es
ausdrücken. Allerdings ist es ein Stativ, kein Gewehr."
    „Es ist illegal, auf
Eigentum der Naturschutzbehörde zu schießen", ergänzte die andere Frau.
Sie starrte Vicki an, offenbar immer noch unglücklich darüber, sie in einem
Baum entdeckt zu haben. „Wir würden jeden melden, den wir beim Schießen
erwischen, da können Sie sicher sein."

„He." Vicki hob
die Hände auf Schulterhöhe. „Ich bin unbewaffnet." Da keine der Frauen
ihren Sinn für Humor zu schätzen schien, senkte sie die Hände wieder. „Sie sind
Vogelkundler, nicht?" Vor kurzem hatte die Naturkolumne in der Zeitung
erwähnt, daß Vogelkundler jetzt der bevorzugte Begriff war;

Weitere Kostenlose Bücher