Huff, Tanya
mit angezogenen Knien, und ihre linke Wange lag auf einer harten, klebrigen
Oberfläche - wahrscheinlich der Fußboden. Jemand hatte ihr die Jacke
ausgezogen. Ihre Brille war nicht auf ihrer Nase. Sie kämpfte den Anfall von
Panik zurück, den die Erkenntnis mit sich brachte.
Sie konnte Schritte hören - oder vielleicht auch
fühlen - die hinter ihr hin- und herliefen, und durch Polypen behinderte
Atmung, die aus der gleichen Richtung kam. Norman. Aus der anderen Richtung
konnte sie kurze, scharfe Atemzüge hören, jedes Ausatmen ein aufgebrachtes
Schnauben. Und Coreen.
Also ist sie noch am Leben. Gut. Und sie klingt
wütend, nicht verletzt- Noch besser, Vicki vermutete, daß Coreen ebenfalls
gefesselt war, sonst wäre sie nicht so reglos gewesen. Was, wenn man alles in
Betracht zieht, eine gute Sache ist. Nur wenige Leute werden schneller getötet
als Amateurhelden.
Nicht, fügte sie hinzu, als ein flammender Dorn
sich in ihren Hinterkopf bohrte, daß die Professionellen sich besser anstellen
würden.
Sie lag einen Moment lang da und spielte „Wenn
Coreen sich nicht eingemischt hätte", bis der neue Schmerz zusammen mit
dem alten Schmerz im Hintergrund verschwand.
Der zurückgebliebene Gestank des Dämons war sehr
stark - nur in einem Haus, das von Studenten benutzt wurde, hatte Norman mit
so etwas durchkommen können - überlagert von brennender Holzkohle, Kerzen,
Luftverbesserer und Toast.
„Weißt du, du könntest mir etwas abgeben. Ich
verhungere."
„Du wirst danach essen."
Vicki war nicht überrascht, daß Norman mit vollem
Mund redete. Wahrscheinlich bohrt er auch in der Nase und trägt Socken zu
Sandalen. Ein in jeder Hinsicht toller Typ.
„Wonach?"
„Nachdem der Dämonenfürst dich zu der Meinen
gemacht hat."
„Wach auf, Birdwell! Dämonen sind nicht so
mächtig!"
Norman lachte.
Kalte Finger zeichneten ein Muster Vickis
Wirbelsäule hinauf und hinunter, und sie zwang sich, sich nicht herumzuwerfen,
damit das Ding, zu dem Norman Birdwell geworden war, nicht länger in ihrem
ungeschützten Rücken war. Sie hatte schon einmal einen Mann so lachen hören.
Das Sondereinsatzkommando hatte sieben Stunden gebraucht, um ihn
herauszubringen, und sie hatten trotzdem zwei der Geiseln verloren.
„Weißt du", seine Stimme klang durch den Toast
hindurch völlig sachlich, „zuerst wollte ich dich einfach nur in kleine Stücke
reißen lassen, ganz langsam. Dann wollte ich dich als Teil der Beschwörung
benutzen, um den Dämonenfürsten zu rufen. Habe ich dir schon erzählt, daß er
ein Leben braucht? Bis du aufgetaucht bist, wollte ich mir die Kleine weiter
unten im Flur schnappen." Seine Stimme kam näher, und Vicki spürte, wie
ein spitzer Zeh sie in den Rücken stupste. „Jetzt habe ich beschlossen, sie zu
benutzen, und dich für mich zu behalten."
„Du bist widerlich, Birdwell!"
„SAG DAS NICHT!"
Gehirnerschütterung oder nicht, Vicki öffnete die
Augen gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie Norman vorschoß und Coreen ins
Gesicht
schlug. Ohne ihre Brille waren die Einzelheiten
verschwommen, aber dem Geräusch nach zu urteilen, war es kein besonders fester
Schlag gewesen.
„Habe ich dir weh getan?" fragte er, und sein
Zorn war ebenso schnell verschwunden, wie er gekommen war.
Die helle Wolke, die aus Coreens Haar bestand, flog
hin und her, als sie den Kopf schüttelte. „Nein", erklärte sie ihm mit
erhobenem Kinn. Furcht war in ihre Stimme gekrochen, aber sie wurde immer noch
größtenteils durch Zorn -aufgewogen.
„Oh." Norman aß seinen Toast auf und wischte
sich die Finger an den Jeans ab. „Nun, ich werde es jedenfalls."
Vicki konnte Coreens Wut nachempfinden und
verstehen. Sie war auch wütend - auf Norman, auf die Situation, auf ihre
Hilflosigkeit. Obwohl sie es vorgezogen hätte, zu brüllen und zu toben, hielt
sie ihren Zorn doch sorgfältig in Schach. Ihm jetzt Luft zu machen, solange sie
gefesselt war, würde weder ihr, noch Coreen, noch der Stadt nützen. Sie holte
tief Luft und atmete langsam aus. Ihr Kopf fühlte sich an, als schaukele er
gefährlich auf dem Rand der Welt, und eine falsche Bewegung von irgendjemand
könne ihn in die Unendlichkeit stürzen.
„Verzeihung." Sie hatte nicht vorgehabt zu
flüstern, aber das war alles, was sie zustande brachte.
Norman drehte sich um. „Ja?"
„Ich habe mich nur gefragt..." Schlucke.
Beherrsche den Schmerz- Mach weiter, „...ob ich vielleicht meine Brille haben
könnte." Atme, zwei, drei, während Norman geduldig
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