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Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blood Ties 01 - Blutzoll
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herschleifte.
    „Also triffst du Michael wieder?"
    Das letzte Stück Brot war etwas schimmlig. Sie warf
es weg und begnügte sich mit einer No-Name-Packung Kekse mit Schokoladenstückchen.
„Scheint so."
    „Nun, du weißt ja, was man über den Frühling und
die Phantasie eines jungen Mannes sagt."
    Sie klang zweifelnd, daher wechselte Vicki das
Thema. Ihre Mutter hatte Celluci die paar Male, die sie sich getroffen hatten,
recht gut leiden können, sie war nur der Ansicht, sie beide seien vom Temperament
her gesehen mit jemand Ruhigerem besser bedient. „Es ist Frühling?"
Windböen schlugen das, was Regen hätte sein können, aber mehr nach Graupel
aussah, gegen die Fenster.
    „Es ist April, Schatz. Also Frühling."
    „Wie ist das Wetter bei dir?"
    Ihre Mutter lachte auf. „Hier schneit es."
    Vicki fegte Kekskrümel von ihrem Sweatshirt und
nahm sich noch Kaffee. „Schau mal, Mama, das wird den Fachbereich ein Vermögen
kosten." Ihre Mutter arbeitete seit 18 Jahren als Privatsekretärin des
Vorstehers des Fachbereichs Biowissenschaften an der Queen's University,
Kingston und mißbrauchte die Privilegien, die sie sich erworben hatte, so oft
wie möglich. „Obwohl du natürlich weißt, daß ich es genieße, mit dir zu plaudern
- hattest du einen bestimmten Grund für deinen Anruf?"
    „Nun, ich fragte mich, ob du über Ostern herkommen
würdest."
    „Über Ostern?"
    „Dieses Wochenende. Ich werde morgen und am Montag
nicht arbeiten, wir könnten also vier Tage miteinander verbringen."

Finsternis, Dämonen, Vampire und sechs Leichen,
denen man gewaltsam das Leben genommen hatte.
    „Ich glaube nicht, Mama. Der Fall, an dem ich
gerade arbeite, könnte sich jederzeit entwickeln... "
    Nachdem sie ein paar Gemeinplätzen und
Versprechungen, in Verbindung zu bleiben, gelauscht hatte, legte Vicki auf und
ging zur Hantelbank, um Kekse und Schuldgefühle abzuarbeiten.
     
    „Henry, hier ist Caroline. Ich habe Karten für das
Phantom für den 4. Mai. Du hast gesagt, du wolltest es sehen, und hier ist
deine Chance. Ruf mich an, ob du Zeit hast."
    Es war die einzige Nachricht auf dem AB. Henry
schüttelte mit einem vagen Gefühl der Enttäuschung den Kopf. Es gab keinen
Grund, warum Vicki anrufen sollte. Keinen Grund, warum er sich wünschen sollte,
daß sie es tat.
    „Gut", er blickte auf sein Spiegelbild in dem
antiken Spiegel über dem Telefontischchen, „erzähl mir, warum ich ihr
vertraute. Die Umstände?" Er schüttelte den Kopf. „Nein. Die Umstände
sagten, ich sollte mich ihrer entledigen. Eine weit sauberere Lösung mit weit
weniger Risiko. Versuch's noch mal. Sie hat dich an jemanden erinnert? Wenn du
lange genug lebst, und das wirst du, wird jeder dich an irgend jemanden erinnern."
    Er wandte sich vom Spiegel ab, seufzte und fuhr
sich durchs Haar. Er konnte es leugnen, wie er wollte, aber sie hatte ihn an
jemanden erinnert, nicht dem Aussehen nach vielleicht, aber in ihrem Benehmen.
    Ginevra Treschi war die erste Sterbliche gewesen,
der er nach seiner Verwandlung vertraut hatte. Es hatte andere gegeben, mit
deren Vertrauen er gespielt hatte, aber nur in ihren Armen war er er selbst
gewesen und hatte nicht vorgeben müssen, mehr zu sein. Oder weniger.
    Als er herausgefunden hatte, daß er in Elizabeths
England nicht leben konnte — es war dem England, das er gekannt hatte,
gleichzeitig zu ähnlich und zu unähnlich -, war er nach Süden gezogen, nach
Italien, schließlich nach Venedig. Venedig hatte jemandem von seiner Art viel
mehr zu bieten, weil die alte Stadt nachts zum Leben erwachte und er in ihren
Schatten nach Belieben trinken konnte.
    Es war Karneval gewesen, erinnerte er sich, und
Ginevra hatte am Rande des Markusplatzes gestanden und die Menge beobachtet,
die vor ihr wie ein Kaleidoskop hin und her wogte. Sie wirkte inmitten all des
Posierens so überaus wirklich, daß er nähergetreten war. Als sie ging, folgte
er ihr zum Haus ihres Vaters und verbrachte den Rest der Nacht damit, ihren
Namen und ihre Stellung herauszufinden.
    „Ginevra Treschi." Selbst 300 Jahre und viele
Sterbliche später klang es aus seinem Mund immer noch wie eine Segnung.
    In der nächsten Nacht, während die Dienstboten
schliefen und das Haus still und dunkel war, war er in Ginevras Zimmer
geschlüpft. Ihr Herzschlag hatte ihn zum Bett gezogen, und er hatte sanft die
Laken zurückgeschlagen. Mit fast 30 und seit drei Jahren verwitwet war sie
nicht schön, aber sie war so lebendig - selbst im Schlaf-, daß er bemerkte,

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