Huff, Tanya
Pinnwand und wählte.
„Henry Fitzroy kann im Augenblick nicht ans Telefon
kommen,..."
„Der hat vielleicht Nerven!" Sie legte mitten
in der Ansage auf. „Erst bittet er mich hinzukommen, und dann verpißt er
sich." Es war nicht allzu wahrscheinlich, daß er ein vorzeitiges Ende
gefunden hatte, während ihre Mutter sie am Telefon festgehalten hatte. Sie
bezweifelte, daß selbst Vampire die Geistesgegenwart besaßen, ihren
Anrufbeantworter einzuschalten, während sie zerstückelt wurden.
Sie schlüpfte in ihre Jacke, ergriff ihre Tasche
und ging aus dem Appartement, nachdem sie ihren eigenen Anrufbeantworter
eingeschaltet hatte. Indem sie vorsichtig ging, schaffte sie es den dunklen Weg
zum Bürgersteig entlang, dann orientierte sie sich an den helleren Lichtern,
die die College Street einen halben Block weiter kennzeichneten. Sie hatte ein
Taxi rufen wollen, aber wenn Henry noch nicht einmal zu Hause war, dann konnte
sie auch laufen.
Daß ihre Mutter versucht hatte, ihre Aufmerksamkeit
auf ihre Behinderung zu lenken, hatte nichts mit ihrer Entscheidung zu tun.
Überhaupt nichts.
Henry schnappte das Telefon, dann knirschte
er mit den Zähnen, als der Anrufer auflegte, bevor die Ansage überhaupt fertig
war. Es gab wenig, was er mehr haßte, und das war das dritte Mal, daß dies
heute abend geschehen war. Er hatte den Anrufbeantworter eingeschaltet, als er
sich zum Schreiben hingesetzt hatte, mehr aus Gewohnheit als aus anderen
Gründen, und hatte jede Absicht gehabt, den Hörer abzunehmen, falls Vicki
anrufen sollte. Natürlich konnte er nicht wissen, wer anrief, wenn sich niemand
meldete. Er blickte auf seine Uhr. Zehn nach elf. War irgend etwas schief
gegangen? Er wählte ihre Nummer und hörte sich die ganze Ansage an, bevor er
auflegte. Sie sagte ihm überhaupt nichts.
Wo war sie?
Er zog in Betracht, zu ihrem Appartement zu gehen
und zu versuchen, dort irgendeine Art von Fährte aufzunehmen, aber er verwarf
die Idee beinahe sofort wieder. Das Gefühl, daß er in seiner Wohnung bleiben
sollte, war stärker als je zuvor und hielt ihn in einem Zustand nervöser
Unruhe.
Solange er sowieso hier herumhängen mußte, könnte
er auch versuchen, dieses Gefühl in seine Schriftstellerei einzubauen.
Smith machte einen Schritt vor, die saphirblauen
Augen weit geöffnet, und schnappte sich das Rasiermesser des Captains von
seinem kleinen Rasiertisch. „Kommen Sie nur einen Schritt näher", warnte
sie mit einem faszinierenden kleinen Stocken in der Stimme, „und ich werde Sie
aufschlitzen!"
Es lief nicht besonders gut. Er seufzte, speicherte
ab und schaltete den Computer aus. Warum brauchte Vicki nur so lange?
Da er nicht stillsitzen konnte, ging er ins
Wohnzimmer und blickte auf die Stadt hinunter. Zum ersten Mal, seit er die
Eigentumswohnung gekauft hatte, zogen die Lichter ihn nicht in ihren Bann. Er
konnte nur daran denken, wie sie dunkel wurden, und wie die Finsternis sich ausbreitete,
bis die Welt darin verloren war.
Er ging zur Stereoanlage, schaltete sie ein, zog
eine CD heraus, stellte sie wieder zurück und schaltete die Anlage wieder ab.
Dann begann er durchs Zimmer zu gehen. Hin und her, hin und her, hin...
Selbst durch die Glastüren des Bücherschranks
konnte er die Anwesenheit des Zauberbuchs spüren, aber im Gegensatz zu Vicki
nannte er es ohne zu zögern das Böse. Vor etwas mehr als hundert Jahren war es
eines der letzten drei echten Zauberbücher auf der Welt gewesen, oder so hatte
man ihm wenigstens gesagt, und er hatte keinen Grund, an dem Mann zu zweifeln,
der es ihm gesagt hatte - nicht damals, nicht heute.
„Sie sind also Henry Fitzroy." Dr.
O'Mara ergriff Henrys Hand, und seine großen hellen Augen strahlten. „Ich habe
von Alfred hier so viel von Ihnen gehört, daß ich das Gefühl habe, Sie bereits
zu kennen."
„Und ich Sie", erwiderte Henry, zog seine
Abendhandschuhe aus und achtete darauf, mit genau der gleichen Menge Druck zu
erwidern. Seine Nackenhaare hatten sich aufgestellt, und er hatte das Gefühl,
daß es ebenso gefährlich wäre, stärker als dieser Mann zu erscheinen, wie schwächer.
„Alfred bewundert Sie sehr."
Dr. O'Mara ließ Henry los und schlug Alfred auf die
Schulter. „So, tut er das?"
Die Worte hatten eine gewisse Schärfe, und der
Ehrenwerte Alfred Waverly beeilte sich, das folgende Schweigen auszufüllen.
Seine Schultern senkten sich ein wenig unter dem Griff, bei dem die
Fingerknöchel weiß hervortraten. „Es ist nicht so, als ob ich ihm etwas
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