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Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blood Ties 01 - Blutzoll
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erzählt
hätte, Doktor, es ist nur, daß..."
    „Daß er Sie beständig zitiert", beendete Henry
den Satz mit seinem entwaffnendsten Grinsen.
    „Mich zitiert?" Der grimmige Gesichtsausdruck
wurde weicher. „Nun, ich glaube, daß niemand etwas dagegen haben kann."
    Alfred strahlte, die Augen glänzten über seinen
leicht geröteten Wangen und der Ausdruck des Entsetzens, der Henry dazu
gebracht hatte einzugreifen, war verschwunden, als ob er nie existiert hätte.
    „Wenn Sie mich entschuldigen wollen, Mr. Fitzroy,
es gibt eine Reihe von Dingen, um die ich mich kümmern muß." Der Doktor
machte eine Handbewegung, die alles umschloß. „Alfred wird Sie den anderen Gästen
vorstellen."
    Henry neigte den Kopf und blickte seinem Gastgeber,
der den Raum verließ, mit zusammengekniffenen Augen nach.
    Die zehn anderen Gäste waren alle junge Männer,
ganz ähnlich wie der Ehrenwerte Alfred reich, müßig und gelangweilt. Drei von
ihnen kannte Henry bereits. Die anderen waren Fremde.
    „Nun, was denkst du?" fragte Alfred, der von
einem Diener mit ausdruckslosem Gesicht einen Whisky entgegennahm, nachdem die
Vorstellungen gemacht und die richtigen Dinge gesagt worden waren und sie wieder
allein standen.
    „Ich denke, daß du mich grob in die Irre geführt
hast", erwiderte Henry und lehnte einen Drink ab. „Dies ist kaum eine
Lasterhöhle."
    Alfreds Lächeln zuckte nervös in den Mundwinkeln, sein
Gesicht war unter dem flackernden Gaslicht bleicher als gewöhnlich. „Verflucht,
Henry, das habe ich nie gesagt." Er fuhr mit dem Finger am Rand seins
Whiskyglases entlang. „Du hast Glück, hier zu sein, weißt du. Es werden immer
nur zwölf eingeladen, und Dr. O'Mara wollte ausdrücklich dich, nachdem
Charles... äh, seinen Unfall hatte."
    Unfall; Charles war tot, aber Alfreds
viktorianische Empfindlichkeiten ließen ihn dieses Wort nicht aussprechen. „Ich
wollte dich schon fragen, warum wollte Dr. O'Mara mich haben?"
    Alfred errötete. „Weil ich ihm alles über dich
erzählt habe."
    ,,Alles über mich?" Angesichts der Gesetze
gegen Homosexualität und Alfreds Vorlieben bezweifelte Henry das, aber zu
seiner Überraschung nickte der junge Mann.
    „Ich konnte einfach nicht anders. Dr. O'Mara ist,
nun, er ist der Typ Mensch, dem man Dinge erzählt."
    „Ich bin sicher, daß er das ist", murmelte
Henry und dankte Gott und allen Heiligen, daß Alfred keine Ahnung hatte, was er
tatsächlich war. „Schläfst du mit ihm auch?"
    „Also wirklich, Henry!"
    Der uneheliche Sohn von Heinrich VIII, der wenig
Geduld für gesellschaftliche Konventionen aufbrachte, stellte die Frage
einfach noch einmal. „Schläfst du mit ihm.?"
    „Nein."
    „Aber du würdest..."
    Alfred, dem es gelang, gleichzeitig unglücklich und
begeistert auszusehen, nickte. „Er ist großartig."
    Überwältigend war eher das Wort, das Henry
verwendet hätte. Die Persönlichkeit des Doktors war wie eine Flutwelle, die
alle unbedeutenderen Persönlichkeiten mit sich riß. Henry hatte nicht die Absicht,
sich mitreißen zu lassen, aber er konnte sich vorstellen, wie es wäre, wenn er
der müßige junge Mann wäre, der er zu sein schien. Er konnte sehen, daß es den
anderen im Raum passiert war, und es gefiel ihm nicht.
    Kurz nach elf verschwand der Doktor, und ein Gong
ertönte irgendwo in den Tiefen des Hauses.
    „Es ist Zeit", flüsterte Alfred und
umklammerte Henrys Arm. „Komm."
    Zu Henrys Überraschung marschierte ihre ganze
Gruppe, ein Dutzend junger Männer in tadellosen Abendanzügen, hinunter in den
Keller. Der riesige Raum in der Mitte war mit Fackeln ausgestattet worden, und
an einem Ende stand etwas, was ein Steinblock von ungefähr Taillenhöhe zu sein
schien. Es brauchte nur noch einen Ritter, der als Steinplastik darauf lag, um
die Ähnlichkeit mit einer Gruft zu vervollkommnen. Um ihn herum begannen seine
Gefährten, sich die Kleider auszuziehen.
    „Zieh dich aus", drängte Alfred und warf eine
lose schwarze Robe in Henrys Richtung, „und zieh das an."
    Henry, der plötzlich verstand, mußte sich ein
Lachen verbeißen. Er war als das zwölfte Mitglied zu einem Hexensabbat gebracht
worden: einer Gruppe jugendlicher Aristokraten, die sich in schwarze Bettlaken
hüllten und in einem verräucherten Keller herumhüpften. Er gestattete Alfred,
ihm beim Umziehen zu helfen und blieb amüsiert, bis Dr. O'Mara hinter dem Altar
auftauchte.
    Die Robe des Doktors war rot, die Farbe von
frischem Blut. In seiner rechten Hand trug er einen Menschenschädel,

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