Huff, Tanya
wurden. „Und sogar Sie könnten eines unter diesen
Voraussetzungen laufen lassen", fügte er hinzu. Er hatte keine Ahnung,
welcher der dreiundzwanzig eine schwarze Lederjacke trug. Es gehörte einfach
nicht zu den Dingen, auf die er achtete.
„Hat einer davon sich in letzter Zeit seltsam
benommen?"
Er lächelte müde. „Ms. Nelson, dieser Haufen
benimmt sich nie anders als seltsam."
Vicki schaute auf die Uhr. 21:27. Wie war es nur so
verdammt spät geworden? Auf die entfernte Möglichkeit hin, daß Celluci endlich
an seinem Schreibtisch sein könnte - er war es nicht gewesen, seit sie von ungefähr
vier Uhr nachmittags an versucht hatte, ihn zu erreichen - rief sie im
Präsidium an. Er war immer noch nicht da. Zu Hause war er auch nicht.
Sie hinterließ ihm noch eine Nachricht und legte
auf. „Nun, er kann jedenfalls nicht behaupten, daß ich nicht versucht hätte,
alle relevanten Informationen an ihn weiterzugeben." Sie heftete die Liste
an die kleine Pinnwand über dem Schreibtisch. Sie hatte tatsächlich keine
Ahnung, wie relevant die Namen waren. Es bestand der Hauch einer Chance, daß
sie überhaupt etwas zu bedeuten hatten, aber bislang waren sie die einzige
Chance, die sie hatten, und diese dreiundzwanzig Namen waren zumindest ein
Punkt, an dem sie anfangen konnte.
21:46. Sie sollte besser zu Henry gehen und
herausfinden, was genau in der vorigen Nacht passiert war.
„Die Hand Gottes. Klar."
Außer Dämonen und Armageddon konnte sie noch nicht
einmal vermuten, was einen solchen Eindruck auf einen vierhundertfünfzig Jahre
alten Vampir machen könnte.
„Außer Dämonen und Armageddon..." Sie griff
nach dem Telefon, um ein Taxi zu rufen. „Du wirst dem Ende der Welt gegenüber
ganz schön gleichgültig."
Ihre Hand war schon auf dem Plastik, als das
Telefon läutete, und ihr Herz bei dem plötzlichen schrillen Geräusch einen Satz
machte.
„Okay." Sie holte tief Luft. „Vielleicht bin
ich doch nicht so gleichgültig." Beim dritten Klingeln dachte sie, daß
sie wieder über genügend Selbstbeherrschung verfügte, um abzunehmen.
„Hallo, meine Süße, rufe ich zu einem ungünstigen
Zeitpunkt an?"
„Ich wollte gerade gehen, Mom." Fünf Minuten
später, und sie wäre weggewesen. Ihre Mutter schien einen sechsten Sinn dafür
zu haben.
„Um diese Zeit?"
„Es ist noch nicht einmal zehn."
„Ich weiß, Liebes, aber es ist dunkel, und bei
deinen Augen..."
„Mom, meine Augen sind prima. Ich bleibe auf gut
beleuchteten Straßen und verspreche dir, vorsichtig zu sein. Aber ich muß
jetzt wirklich los."
„Gehst du allein?"
„Ich treffe mich mit jemandem."
„Nicht Michael Celluci?"
„Nein, Mom."
„Oh." Vicki konnte buchstäblich hören, wie
ihre Mutter die Ohren spitzte. „Wie heißt er?"
„Henry Fitzroy." Warum nicht? Außer Auflegen
gab es keinen Weg, ihre Mutter vom Telefon wegzubekommen, bis ihre Neugier
befriedigt war.
„Und was macht er so?"
„Er ist Schriftsteller." Solange sie sich
daran hielt, die Fragen ihrer Mutter zu beantworten, würde die Wahrheit
ausreichen. Ihre Mutter würde wahrscheinlich nicht fragen: „Gehört er den
blutsaugenden Untoten an?"
„Wie denkt Michael darüber?"
„Wie soll er denn darüber denken? Du weißt sehr
gut, daß Mike und ich nicht diese Art von Beziehung haben."
„Wenn du es sagst, Liebes. Sieht dieser Henry
Fitzroy gut aus?"
Sie dachte einen Moment lang darüber nach. „Ja, das
tut er. Und er hat eine gewisse Ausstrahlung..." Ihre Stimme glitt ins
Grübeln ab, und ihre Mutter lachte.
„Das klingt ernst."
Das brachte sie wieder auf die anstehende
Angelegenheit zurück. „Das ist es auch, Mom, sehr ernst, und deswegen muß ich
jetzt gehen."
„Also gut. Ich habe nur gehofft, nachdem du Ostern
nicht nach Hause kommen konntest, daß du jetzt ein bißchen Zeit mit mir
verbringen könntest. Ich hatte so ruhige Feiertage, habe ein wenig ferngesehen,
allein zu Abend gegessen und bin früh ins Bett gegangen."
Es half nichts, daß Vicki sich völlig bewußt war,
daß sie manipuliert wurde. Das hatte es nie. „Okay, Mom. Ich kann ein paar
Augenblicke erübrigen."
„Ich will dich nicht stören, Liebes."
„Mutter..."
Fast eine Stunde später legte Vicki den Hörer auf,
blickte auf ihre Uhr und stöhnte. Sie hatte niemals jemanden getroffen, der wie
ihre Mutter so gut die Zeit mit überhaupt nichts füllen konnte. „Zumindest fand
inzwischen nicht das Ende der Welt statt", murmelte sie, schielte nach
Henrys Nummer oben an der
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