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Huff, Tanya

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Titel: Huff, Tanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blood Ties 01 - Blutzoll
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begnügen.
    Tim las den Artikel, bei einigen der längeren
Wörter mit zusammengezogenen Brauen. Als er fertig war, hob Greg eine Hand, um
seiner Antwort zuvorzukommen, und blätterte um. Anne Fellows' Kolumne versuchte
nicht, an die Vernunft ihrer Leser zu appellieren, sie nützte jedes bißchen
Emotion aus, das Anicka Hendles Tod enthielt. Sie wies die Schuld dafür
deutlich den Medien zu, gestand ihre eigene Beteiligung daran ein und
verlangte, daß das Spiel mit der Angst aufhörte. Gibt es nicht schon genug
echte Schrecken auf unseren Straßen, ohne daß wir neue erschaffen?
    „Sie haben das ganze Zeug über Vampire nur
erfunden?"
    „Sieht so aus, nicht wahr?"
    „Nur, um Zeitungen zu verkaufen." Tim
schüttelte angewidert den Kopf. Er legte das Revolverblatt wieder auf den Tisch
und tippte auf das Bild auf der Titelseite. „Glaubst du, daß die Leafs es
dieses Jahr schaffen?"
    Greg schnaubte. „Ich glaube, daß die
Wahrscheinlichkeit dafür höher ist, als daß Henry Fitzroy ein Vampir ist."
Er winkte dem jüngeren Wachmann zu, als er das Gebäude verließ, dann ging er
um den Schreibtisch herum, um die Tür für Mrs. Hughes und ihren Mastiff offen
zu halten.
    „Platz, Owen! Er will deine Küßchen nicht!"
    Greg wischte sich das Gesicht ab und sah zu, wie
der große Hund zum Fahrstuhl hüpfte und Mrs. Hughes hinter sich herzog. Die
Eingangshalle erschien immer ein wenig kleiner, nachdem Owen hindurchgegangen
war. Er überprüfte, ob das Schloß an der Innentür eingeschnappt war -es ging
ein wenig schwer, er mußte mal ein Wörtchen mit dem Hausmeister reden - bevor
er sich wieder an den Schreibtisch setzte und seine Zeitung nahm.
    Dann hielt er inne, da der Geruch nach Tinte oder
das Gefühl des Zeitungspapiers seinem Gedächtnis nachgeholfen hatte. Plötzlich
erinnerte er sich an die erste Nacht, als die Vampirgeschichte in der Zeitung
gestanden hatte. Er erinnerte sich an Henry Fitzroys Reaktion auf die
Schlagzeile und ihm wurde klar, daß Tim recht hatte. Er hatte den Mann niemals
vor Sonnenuntergang gesehen.
    „Trotzdem", ermahnte er sich selbst, „hat ein
Mann das Recht zu arbeiten, um welche Zeit er will, und zu schlafen, um welche
Zeit er will." Aber er konnte die Erinnerung an diesen animalischen Zorn
nicht abschütteln, der einen Herzschlag lang aus den Augen des jungen Mannes
gefunkelt hatte. Noch konnte er das Gefühl der Beunruhigung abschütteln, das
ihm mit eisigen Fingern den Nacken entlangfuhr.
     Als das Licht die Stadt aus seiner
Umklammerung entließ, regte sich Henry. Er wurde sich des Lakens bewußt, das
auf seinem nackten Körper lag, wobei jeder Faden eine eigene Linie auf seine
Haut zeichnete. Er wurde sich des leichten Luftzugs bewußt, der wie der Atem
eines Babys über seine Wange strich. Er wurde sich der drei Millionen Menschen
bewußt, die ihr Leben um ihn herum lebten, und der Kakophonie, die ihn fast
taub machte, bis es ihm gelang, sich durch sie hindurch und wieder in die
Stille zu drängen. Zuletzt wurde er sich seiner selbst bewußt. Seine Augen
klappten auf, und er starrte in die Dunkelheit.
    Er haßte es, wenn er erwachte, haßte die größere
Verwundbarkeit. Wenn sie ihn schließlich einmal holen kamen, dann würde es um
diese Zeit geschehen. Nicht während der Stunden der Vergessenheit, sondern
während der Schattenzeit zwischen Licht und Dunkelheit, wenn er den Pflock
spüren und um seinen Tod wissen würde und nichts dagegen tun könnte.
    Als er älter wurde, geschah es früher - jedesmal
kroch es ein paar Sekunden mehr an den Tag heran - aber es geschah niemals
schneller. Er erwachte, wie er es als Sterblicher getan hatte - langsam.
    Vor Jahrhunderten hatte er Christina einmal
gefragt, wie es bei ihr war.
    „Als ob man aus einem tiefen Schlaf erwacht - im
einen Augenblick bin ich nicht da, im nächsten bin ich es."
    „Träumst du?"
    Sie rollte sich auf die Seite. „Nein. Wir träumen
nicht. Keiner von uns."
    „Ich glaube, daß ich das am meisten von allem
vermissen werde."
    Lächelnd kratzte sie mit einem Fingernagel an der
Innenseite seines Oberschenkels entlang. „Wir lernen zu träumen, während wir
wach sind. Soll ich dir zeigen, wie?"
    Gelegentlich, in den Sekunden, kurz nachdem er erwachte,
glaubte er, Stimmen aus seiner Vergangenheit zu hören, Freunde, Geliebte,
Feinde, einmal seinen Vater, die ihm zubrüllten, sich zu bewegen oder sie
würden zu spät kommen. In mehr als vierhundert Jahren war er dem, was die
sterbliche Welt Träumen nannte, nur so

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