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Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blood Ties 05 - Blutschuld
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und
betrat das schlechtbeleuchtete Büro, in dem die Nachtschwester saß.
    „Kann ich Ihnen behilflich sein?" Die Frage klang
höflich, aber der Ton vermittelte eindeutig, daß die einzige Hilfe, die die
Nachtschwester zu leisten bereit war, darin bestehen würde, den beiden den Weg
zum Ausgang zu weisen.
    „Ich bin auf der Suche nach einem Freund von mir."
    „Wir sind ein privates Behandlungszentrum, nicht die
Notaufnahme des städtischen Krankenhauses. Sie werden Ihren Freund hier wohl
kaum finden."

„Er ist wahrscheinlich irgendwann im Laufe des heutigen
Nachmittags eingeliefert worden."
    „Heute nachmittag ist niemand hier eingeliefert
worden."
    „Soll ich?" fragte Henry leise und konnte dabei den
leichten Spott in seiner Stimme nicht ganz unterdrücken. Er hatte Vicki schon
mit größerem Elan Dämonen und Werwölfen gegenübertreten sehen — von Unmengen
mordlustiger Sterblicher ganz zu schweigen.
    Auf ihren Stolz bedacht lehnte Vicki das Angebot wortlos
knurrend ab, fing den Blick der Nachtschwester und hielt ihn, wobei sie sich
fast erfolgreich bemühte, die alte Programmierung abzuändern und sich stark
und mächtig zu fühlen. „Sind Sie allein?"
    Die andere Frau schüttelte den Kopf. In ihren weit
geöffneten Augen unter ärgerlich gerunzelten Brauen spiegelte sich ein
schwacher Silberschein. „Da ist noch ein Pfleger."
    „Wo?"
    „Er schläft auf einem Feldbett im Aufenthaltsraum der Angestellten."
    „Warum ist er hier?"
    „Er übernachtet manchmal in der Klinik, für den Fall, daß
es Probleme gibt."
    „Was für Probleme?" Vicki stützte beide Hände auf den
Schreibtisch und beugte sich vor. „Etwa mit den sogenannten Spendern gekaufter
Körperteile?"
    Immer noch gefangen in den silbrigen Tiefen von Vickis
Blick stand die Schwester auf und ahmte die Haltung ihres Gegenübers eins zu
eins nach. Die Frau war fast ebenso groß wie Vicki. „Ich weiß nicht, wovon zum
Teufel Sie reden."
    Das war nicht die Antwort, mit der Vicki gerechnet hatte,
auf die sie üblicherweise hätte zählen können. Leicht düpiert gab die Vampirin
der Jägerin in sich mehr Bewegungsfreiheit, ließ ein wenig mehr von der Tarnung
als Mensch fallen. „Haben Sie denn nie etwas Merkwürdiges mitbekommen?
Patienten, die nicht ganz mit ihren Krankenakten übereinstimmen? Verschlossene
Türen?"
    Schweratmend schüttelte die Schwester den Kopf. „Was immer
Sie auch sind, Sie machen mir keine Angst. Wollen Sie wissen, was mir Angst
macht? Zwei halbwüchsige Kinder zu haben und einen Mann, der seit sechs Monaten
arbeitslos ist und die Befürchtung, den Job hier zu verlieren, das macht mir
Angst. Deswegen werden Sie von mir gar nichts erfahren."

„Wenn Sie tot sind", knurrte Vicki, denn sie war mit
ihrer Geduld am Ende, „dann können Sie auch nicht mehr arbeiten!"
    „Vielleicht sind Sie ja der Tod für einige Menschen. Das
kann ich ...",
nun endlich zeigte die Frau Angst. Die Stimme versagte ihr, und sie mußte sich
räuspern, ehe sie weiterreden konnte  das kann ich sehen.
    Aber was immer Sie auch sein mögen: Mein Tod sind Sie
nicht."
    „Da hat sie recht", sagte Henry leise, beeindruckt
von der Willensstärke der Frau, die sich durch nackte Einschüchterung nicht
hatte verunsichern lassen. „Sie weiß, daß du sie nie ohne einen Grund
umbringen würdest. Sie hat erkannt, daß du bluffst."
    Vicki war einerseits irritiert, andererseits peinlich
berührt, behauptete aber ihren Platz am Tisch. „Das heißt noch lange nicht, daß
ich schwach bin!" warnte sie ihn und ballte die Hände zu Fäusten.
    Henry hätte am liebsten spöttisch gelächelt, konnte es
sich aber gerade noch verkneifen. Er trat ein wenig näher an die beiden Frauen
heran. „Ich meinte das als Kompliment an sie, nicht als Herabwürdigung deiner
Talente. Vielleicht solltest du doch lieber mich ..."
    „Nein!" Diese Sterbliche gehörte ihr, da war es egal,
ob es Henry vielleicht eher gelänge, sie zum Reden zu bringen. Vicki starrte
die Frau mit zusammengekniffenen Augen an. „Scheint ja verdammt gut zu sein,
der Job."
    „Meist jedenfalls."
    Meist. Vicki lächelte. „Wenn ich in diesen Zeiten einen
Job hätte, der gut bezahlt wird, dann wäre ich wohl auch bereit, ein Auge
zuzudrücken und einige Dinge, die nicht so sind, wie sie sein sollten, einfach
nicht zu bemerken."
    „Ich kümmere mich hier um die Patienten, und ich mache
meine Arbeit sehr gut!" Die Schwester richtete sich auf und verschränkte
die Arme vor dem Busen. „Was im Hintergrund

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