Huff, Tanya
anstarrte. „Nun?
Was sagt Ihnen das?"
Der Hüne seufzte. Die Ärztin stellte ihm nie Fragen, auf
die sie nicht selbst eine Antwort wußte. „Daß wir aufgeflogen sind?"
„Nein - das sagt Ihnen, daß Cellucis Freunde nichts mit
der Polizei zu tun haben wollen."
„Besonders gute Freunde können das kaum sein, wenn sie ihn
gefesselt da auf dem Bett liegenlassen."
„Sie sind wohl davon ausgegangen, die Polizei würde ihn
finden. Dann wären wir, wie Sie es so drastisch zu formulieren beliebten, in
der Tat aufgeflogen."
„Sie haben mir schließlich befohlen, mich da ins Bett zu
legen ..."
„Um die offensichtliche Tatsache zu tarnen, daß dort
bereits vorher jemand gelegen hatte und daß Sie ihn in den Kofferraum Ihres
Wagens legen sollen", fügte sie sarkastisch hinzu, „das habe ich Ihnen
befohlen, weil wir ihn sonst nirgendwo hätten hintun können."
Das wußte Sullivan. „Also was jetzt? Soll ich ihn wieder
hereinschaffen?"
„Nein. Seine Freunde, wer oder was immer das gewesen sein
mag ...", Dr. Mui runzelte die Stirn, denn sie haßte jegliche Unklarheit,
„... haben ihn bereits einmal hier gefunden, und wenn sie ihn noch einmal
finden, dann lassen sie ihn bestimmt nicht wieder einfach so liegen. Sie werden
ihn in eins der Gästehäuser schaffen müssen." Mit diesen Worten griff die
Ärztin in ihre Schreibtischschublade und zog einen einzelnen Schlüssel an einem
Lederband hervor, den sie dem Pfleger quer durch das Büro hindurch zuwarf.
„Gehen Sie in das Häuschen, das am weitesten vom Haupthaus entfernt
liegt."
Geschickt fing Sullivan den Schlüssel auf und ließ ihn in
der Hosentasche verschwinden. „Das wird Mr. Swanson aber unrecht sein."
„Um Swanson kümmere ich mich."
Die sanften braunen Augen blickten um keinen Deut weniger
mild, als der Pfleger vorschlug: „Ich kann ihn auch umbringen."
„Den Detective? Machen Sie sich nicht lächerlich. Der Mann
hat zwei völlig gesunde, sehr große Nieren - der perfekte Spender für einen von
Swansons Kunden. Der Kunde ist ein so großer Mann, daß ich dachte, wir würden
für ihn nie eine passende Niere finden, da unsere Bezugsquellen in der Regel
ja eher unterernährt sind. Der Mann kann lebend noch allerhand Gutes tun."
„Soll ich dann lieber bei ihm bleiben?"
„Ja, das wird wohl das beste sein. Sorgen Sie dafür, daß
Ihr Wagen so steht, daß er vom Haus aus nicht gesehen werden kann. In ein, zwei
Stunden gehe ich hinüber und erkläre Swanson die Lage. Sobald ich hier fertig
bin."
Der Weg nach oben schien durch viele Lagen klebriger
Wattedämmung zu führen und er mühte sich ab, damit sich diese Watte nicht auf
sein Gesicht legte. Irgendwo ganz weit weg schien ein Licht und zu diesem Licht
wollte er hin. Celluci schaffte es, die Augen so lange zu öffnen, daß er Bäume
sehen konnte und einen Weg, der mit Zedernholzschindeln gepflastert war. Dann
legte sich die Dunkelheit wieder um ihn. Ganz am Rande seines Bewußtseins bekam
er mit, daß er bewegt wurde, und ihm fiel ein, daß er gefangen war, daß er
eigentlich kämpfen sollte, sich wehren, aber es schien ihm unmöglich, seinen
Körper zum Gehorsam zu bewegen.
Er spürte, wie eine Matratze unter seinem Gewicht nachgab,
und als sein Kopf gegen einen Stapel weicher Kissen sank, drang ihm ein schwacher
Duft von Geißblatt in die Nase.
Wie es schien, befand er sich nicht mehr in der Klinik.
Als ihn nun unsanfte Hände ans Bett fesselten, überdachte
Celluci, welche Möglichkeiten ihm noch verblieben waren und kam zu dem Schluß,
daß er eigentlich gar keine Chance mehr hatte. Widerstrebend gab er der Wirkung
des Betäubungsmittels nach, und seine Gedanken verharrten noch kurz bei den
Leuten, die ihn hierhergebracht hatten. Fast taten sie ihm schon wieder leid.
Mann, wird Vicki sauer sein!
„Dr. Mui, das ist eine Überraschung!" Ronald Swanson
sah seine Besucherin höflich, aber nicht gerade willkommen heißend an und trat
ein wenig zurück, damit sie in die Wohnung treten konnte.
„Ich weiß, daß dieser Besuch für Sie sehr unerwartet
kommt", erklärte Dr. Mui und trat an Swanson vorbei in den Flur des
Hauses. „Aber das, was ich mit Ihnen zu besprechen habe, ließ sich nicht
telefonisch klären, also mußte ich persönlich vorbeikommen. All Ihre Nachbarn
kennen Ihre Verbindung zum Projekt Hoffnung, sie werden es ganz normal finden,
daß ich hergekommen bin."
„Das wird wohl so sein - außerdem sind meine Nachbarn weit
weg, ich bezweifle, daß jemand Ihre Ankunft
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