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Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blood Ties 05 - Blutschuld
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hinterste
Ecke ihres Unterbewußtseins. „Schon gut. Was hast du herausgefunden?"
    Keine Antwort war vielleicht für beide das beste. Henry
hatte die Drohung kommen sehen und bemerkt, wie schwer es Vicki gefallen war,
sie wieder zu unterdrücken. Ihre Selbstbeherrschung war wirklich erstaunlich,
besonders, wenn man berücksichtigte, daß sie ja erst kurze Zeit die Nacht
bewohnte. Ein Hauch von Eifersucht - wie leicht es ihr fiel, die Anforderungen
ihrer Natur einfach nicht zu beachten - mischte sich in den Strudel an
Gefühlen, der unter der Gelassenheit tobte, die Henry nach außen hin zur Schau
stellte. „Zu dem Geist gehört in der Tat ein Körper. Ich habe den
Autopsiebericht kopiert und dem Ganzen eine genaue Beschreibung
beigefügt."
    „Danke." Vickis Finger zerknüllten den gelben
Schnellhefter, den Henry ihr gereicht hatte, und dann schloß sie rasch die Tür
zwischen ihnen. Sie hörte genau, daß er noch einen Moment vor der Tür
verharrte, ehe er hinüber in seine Wohnung ging. Erschöpft sank sie gegen
geschnitztes Zedernholz. „Soweit zum Selbstschutz mit Hilfe von Definitionen:
Autor von Liebesromanen!" Ein alter Instinkt riet ihr, Henry nachzueilen
und sich mit ihm zu versöhnen. Neue Instinkte drängten darauf, ihm nachzugehen
und ihn zu vernichten.
    Vicki verharrte gegen die Tür gelehnt, bis das Potpourri
an teuren und harmlosen Gerüchen, mit dem die Wohnung erfüllt war, sich mit
Henrys Duft vermischt hatte. „Langsam geht mir die Sache wirklich auf den Keks!
Ich lasse mir nicht mein Dasein diktieren. Von niemandem!" Sie ging zum
Schreibtisch zurück und warf den zerknitterten Ordner mit aller Wucht auf das
blankpolierte Holz. „Ich werde das auf die Reihe kriegen ..."
    Den Rest des Satzes verschluckte sie lieber: „... und wenn
es mich umbringt." Unter den gegebenen Umständen mochte dies doch eine zu
große Herausforderung des Schicksals sein.
    In der Wohnung am anderen Ende des Hausflurs stand Henry
am Fenster, starrte auf Vancouvers Westend hinab und massierte sich die pochenden
Schläfen. Es hätte schlimmer kommen können - er hatte mit Schlimmerem
gerechnet. Keiner von ihnen beiden hatte den anderen angegriffen, und ihre
Unterhaltung war zwar kurz gewesen, aber im großen und ganzen doch recht
zivilisiert verlaufen. Es sah allmählich aus, als hätte Vicki die ganze Zeit
recht gehabt. Vielleicht ließen sich die alten Regeln ja wirklich ändern.
    Immerhin hatten auch die Kojoten jahrhundertelang als
einsame Jäger gelebt und lernten nun, im Rudel zu jagen. Einer seiner
Mundwinkel

zuckte; er erinnerte sich an einen Bericht, den er vor
nicht allzu langer Zeit im Fernsehen gesehen hatte. Dort war es um Kojoten
gegangen, die in Nord-Vancouver Haustieren nachstellten.
    „Kein besonders schmeichelhafter Vergleich also, wenn ich
es recht bedenke", murmelte er an die Nacht gewandt.
    Es hatte ihn überrascht, wie stark Vicki war - obwohl er
sich eigentlich nicht hätte wundern dürfen: Vickis Stärke erwuchs aus ihrer
Persönlichkeit, nicht aus dem, was sie war. Jetzt, wo Henry seinen Anflug von
Eifersucht überwunden hatte, stellte er fest, daß in ihm ein zaghaftes Vertrauen
in diese Stärke Fuß zu fassen begann und dabei uralte Regeln und Erwartungen
beiseite schob, und mit dem Glauben an Vicki kehrte auch der Glaube an ihn
selbst zurück.
    Da war durchaus noch das Begehren, Vicki in blutige
Einzelteile zu zerlegen und sie aus seinem Revier zu schaffen, aber nun
erkannte er zum ersten Mal, daß er dieses Begehren nicht unbedingt würde
ausleben müssen.
    Henry eilte ins Badezimmer, um den ihm immer noch
anhaftenden Krankenhausgestank abzuwaschen und fühlte sich mit einem Mal voller
Hoffnung.
    „Mike, wir müssen vor Sonnenaufgang miteinander reden."
Nur reine Erfahrung ließ Vicki aus Cellucis gebrummter Antwort ein: „Ich bin
schon wach", heraushören, eine Behauptung, die sie nicht recht glauben
mochte, denn die Augen des Detective waren weiterhin fest geschlossen, und auch
sein Atem klang immer noch nach Schlaf.
    Statt sich geborgten Bettzeugs zu bedienen, hatte Celluci
es vorgezogen, seinen Schlafsack in der Mitte des übergroßen Doppelbettes
auszurollen, aber er hatte ihn nicht zugezogen. Vicki kniete sich neben ihn,
griff durch den offenen Reißverschluß und packte den wärmsten Teil von Cellucis
Anatomie.
    „Heilige Mutter Gottes! Deine Hände sind eiskalt!"
    Sie grinste. Es war ihr gelungen, so schnell
zurückzuweichen, daß sein wütender Faustschlag sie nicht hatte

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