Huff, Tanya
nahm Catherine den ledernen
Trenchcoat des Vampirs und auch das Hemd, das sie dem Mann hatte ausziehen
müssen. Sie hatte nicht die Zeit, ihm beides wieder
anzuziehen, breitete aber beide Klei dungsstücke sorgsam über
seinen reglosen Körper, ehe sie den Deckel der Box verschloß und
verriegelte.
„Wir müssen alle
anfassen. Komm her, Nummer zehn."
Da die Anordnung,
auf einem Platz zu verharren, aufgehoben war, stand sie auf.
,Komm her' war keiner der Befehle, die man ihr eingepflanzt hatte,
und so ging sie, auch wenn sie ihn eigentlich verstand, auf die Tür zu.
Es gab etwas, das
sie tun mußte.
„Stop!"
Catherine schüttelte den Kopf und ging um Nummer zehn her um, bis sie ihr ins
Gesicht sehen konnte. „Du hast doch irgend etwas, oder? Ich wünschte, du könntest mir sagen, was es ist, vielleicht
könnte ich dir helfen. Aber du kannst es mir nicht sagen, und momentan
haben wir alle ein Problem."
Sie nahm ein grau-grünes Handgelenk und führte den Körper
von Marjory Nelson, bis er an der Vorderseite der Isolierbox
zu stehen kam; dann legte sie die Finger mit den dunklen
Fingerkuppen auf einen Metallgriff und sagte: „Festhalten."
Die Finger
packten zu.
Während
Nummer neun schob, befolgte Nummer zehn rasch aufein anderfolgende Befehle, zu ziehen oder zu schieben, und so rumpelte das massive Gerät samt dem darin enthaltenen Körper
durch das Labor und hinaus auf den
Korridor.
... du könntest mir sagen, was es ist... ... du könntest mir sagen ... Sie erinnerte sich an Reden.
Wenn es Vampire gibt ... Dr.
Burke kritzelte ein Fragezeichen an den Rand eines Antrags auf Fördermittel für
ein Forschungsprojekt im Som mer, der in allerletzter Sekunde
eingereicht worden war ... und das scheint ja
ganz offensichtlich der Fall zu sein, dann kann man sich ja ausmalen, was es
da draußen sonst noch so geben könnte. Dämonen. Werwölfe. Den Schreck en
vom Amazonas. Obwohl ihre Wangenmuskeln bereits leicht
schmerz ten, konnte Dr. Burke auch jetzt das sich auf ihrem
Gesicht ausbreitende Grinsen nicht unterdrücken. Und das ging
schon den ganzen Nachmit tag so. Henry Fitzroys Blut wird dafür
sorgen, daß man mir alle Ehrungen,
die die wissenschaftliche
Welt bereithält, auf dem Silbertablett überreicht! Ach was, sie werden extra für mich neue
Auszeichnungen schaffen müssen!
Sie
würden sich natürlich vorsehen müssen, denn der Legende nach verfügte ein Vampir über eine Reihe von
Fähigkeiten, die durchaus eine Bedrohung
darstellen konnten. Einige Geschichten ließen sich leicht von der Hand
weisen: Fitzroy hatte die Box, in die man ihn gesperrt hatte, nicht verlassen können, ehe die Sonne aufging. Er
war folglich nicht in der Lage, sich
in Nebel zu verwandeln. Sehr stark jedoch war er, das be wiesen
die Beulen an der Innenseite des Deckels der Isolierbox, die zu den von Nummer neun verursachten hinzukamen. Also
ist es wahrschein lich am
besten, wenn er seine Nächte in dieser Kiste verbringt.
Man würde ihn natürlich ernähren müssen, und sei es auch
nur, um die Flüssigkeitsmengen auszugleichen, die
Catherine im Laufe des Tages ent nahm. Glücklicherweise
standen ihnen im Labor eine Reihe kleinerer Schläuche zur Verfügung,
durch die man ihm würde Blut zuführen können.
Und was das Verleihen von ewigem Leben
angeht... Dr. Burke trommelte mit
den Fingerspitzen auf ihren Schreibtisch. Henry Fitzroys Ausweispa piere
ließen darauf schließen, daß er ein relativ normales Leben führte -auch wenn
man bedachte, daß ihm der Tag fraglos verwehrt war. Außer den Legenden wies
nichts darauf hin, daß der Mann länger gelebt hatte als die 24 Jahre, die sein Führerschein ihm zugestand. Später dann würde man sicherlich seine Geschichte mit
ihm erörtern müssen, auch wenn diese
nicht wirklich eine Rolle spielte. Was hat man denn davon, ewig zu leben, wenn man es nur im Verborgenen tun kann? In der Nacht umher schleichen,
und am Tag hilflos sein? Nein, für mich wäre das nichts.
Nachdem Dr. Burke nun jahrelang und relativ anonym dafür
verant wortlich gewesen war, die Infrastruktur des
wissenschaftlichen Lebens am Laufen zu halten, sehnte sie sich nach
öffentlicher Anerkennung. Sie hatte genug davon, sich im Verborgenen
mit der Bürokratie herumzu schlagen, während andere die Lorbeeren einheimsten.
Eine Lebenszeit, dachte Dr. Burke, reicht
völlig, wenn einem angemessene Anerkennung widerfährt.
Den Tod besiegen war ihr immer nur Mittel zum Zweck
gewesen, und sie hatte ebensowenig vor, ein
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