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Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blood Ties 04 - Blutpakt
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aber gleichzeitig hielt sie die Hände zu
Fäusten geballt und die Arme fest um ihren Körper geschlungen.
    „Mike, meine Mutter ist tot."
    Er ließ seine
Wange auf ihrem Haar ruhen. „Ich weiß."
    „Ja, aber gleichzeitig ist sie auf den Beinen und geht umher."
Ein leicht hysterischer Unterton hatte sich in Vickis Stimme
geschlichen. „Mir ist gerade klargeworden: was sollen wir denn mit
ihr machen? Ich meine, wie sollen wir sie denn beerdigen?"
    „Heilige Scheiße!" Die geflüsterte Lästerung hatte
eher den Klang ei nes Gebets.
    „Ich
meine", Vicki rang alle paar Worte heftig nach Atem, „muß ich sie denn ein zweites Mal umbringen?"
    „Vicki!" Celluci drückte die Freundin noch fester
an sich, denn ihm fiel nichts ein, was er sonst hätte tun können.
„Verdammter Mist! Du hast sie beim ersten Mal nicht
umgebracht! So grausam sich das auch anhö ren mag: ihr Sterben hatte nichts mit
dir zu tun!"

Er konnte spüren, wie sie um
Selbstbeherrschung rang. „Vielleicht
nicht beim ersten Mal", sagte sie dann.
    Der Hunger kämpfte mit aller Macht darum, seine Fesseln
abzuwerfen, und Henry brauchte nahezu seine ganze verbliebene Kraft, um ihn zu
bändigen. Einmal freigesetzt, würde der Hunger seinen geschundenen Körper schnell wieder in die Bewußtlosigkeit
treiben und bei dem Kampf darum,
gestillt zu werden, möglicherweise noch mehr Knochen brechen. Henry hatte keinesfalls vor, das zuzulassen. Er mußte einfach bei Bewußtsein bleiben, für den Fall, daß jene, die ihn gefangen
hielten, so dumm sein sollten, die
Kiste zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang zu öffnen.
    Es war so wenig verblieben, was seiner Angst
neue Nahrung hätte ge ben können, daß Henry in der Lage war, fast nüchtern und
unbeteiligt über seine Gefangenschaft
nachzudenken. Fast. Erinnerungen daran, ge fangen in der Dunkelheit zu
sitzen, lauerten nach wie vor am äußersten Rande seines Bewußtseins; schlimmer
jedoch waren die Vorstellungen davon, welche
Experimente sie mit ihm anstellen würden, sobald der Sonnenaufgang ihn
erneut wehrlos machte.
    Henry hatte die Inquisition erlebt, den
Sklavenhandel und die Konzen trationslager des Zweiten Weltkriegs.
Ihm waren die Greueltaten ver traut, zu denen Menschen fähig
waren. Sein eigener Vater hatte aus einer Laune, einem Wutanfall heraus, Männer
und Frauen dem Scheiterhaufen überantwortet. Und die Leute, mit
denen ich es hier zu tun habe, haben be reits bewiesen, daß
sie sich an keine ethischen Regeln gebunden fühlen. Im Labor waren drei Container gewesen. Er selbst befand sich
in einem von ihnen, Vickis Mutter, daran konnte kein Zweifel bestehen, befand
sich in einem
der beiden anderen.
    Henry wandte seinen Kopf leicht zur Seite, so daß der
Luftstrom, der durch ein Lüftungsgitter — ein leider
unzerstörbares Lüftungsgitter — in die Box gelangte, ihm
über Mund und Nase streichen konnte, und kon zentrierte sich
ganz auf das Atmen. Das bot zwar keine wirklich nennens werte Ablenkung, war
aber eine der wenigen, die er überhaupt hatte.
    Ein kleiner Trost, daß ich keine Angst
vor dem Erstick...
    Mit
einem Mal umspülte ihn ein Schwall des üblen Geruchs. Henry zuckte zurück, so weit es die engen Wände seines
Gefängnisses gestatte ten, und preßte
die Schultern gegen die Plastikpolsterung. Sein Herz klopfte so heftig, daß seine Ohren dröhnten. Die
Kreatur stand direkt neben seinem Gefängnis - anders konnte es nicht sein.
    Henry legte sich die verwundete Hand leicht
gekrümmt auf die Brust und rang um Fassung. Vielleicht bot sich ihm nun die
einzige Chance, freizukommen! Er durfte sie nicht in blinder Panik verspielen.
    Irgend etwas wurde über den Deckel der Box
gezogen, etwas Großes und Weiches. Henry sah plötzlich Bilder aus
einem alten Vampirfilm vor sich: Dracula, der seinen beiden hungrigen Bräuten ein
Kind bringt, an dem die beiden ihren Hunger stillen sollten.
    Oh
mein Gott, nur das nicht!
    Wenn man ihm die Möglichkeit zu trinken bot, dann würde er dem
Hunger keinen Einhalt gebieten können. Das Kind würde sterben. Henry hatte im
Laufe der Jahrhunderte viele Male getötet; manchmal, weil ihm nichts anderes übriggeblieben war, manchmal
einfach, weil er es konnte. Aber er hatte nie einen Unschuldigen getötet; nie
ein Kind.
    Das Geräusch verstummte.
    Wenn der Deckel sich hebt... Henry
hielt sich bereit, soweit es ihm mög lich war. Aber der Deckel
blieb geschlossen, und so ließ er sich wenig später mit
bebenden Muskeln wieder auf den gepolsterten Boden der

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