Huff, Tanya
Burke bog um eine Ecke und konnte die Umrisse der
Labortür er kennen. Kein Lichtschimmer war zu erkennen -
aber sie hatten auch viel Zeit und Mühe darauf verwendet, genau dafür zu
sorgen.
Wahrscheinlich sind sie beide da drin und
streiten sich über irgendeinen Kleinkram. Oder er sieht ihr bei der Arbeit zu
und läßt überall seine verdamm ten
Bonbonpapiere auf meinen Boden fallen.
Dr. Burke legte die Hand auf die metallene
Türklinke, und der rostfreie Stahl fühlte sich unter ihren Fingern kühl an. Rostfreier
Stahl. Wie die Isolierboxen.
Ihr Herz begann zu hämmern. Sie
hielt den Türgriff umklammert, und das Metall erwärmte sich unter ihrer Hand.
Fünfzehn Sekunden verstri chen,
dann zwanzig, dann fünfundvierzig. Schließlich war eine ganze Mi nute vergangen, aber Dr. Burke konnte
es immer noch nicht über sich bringen, die Klinke herunterzudrücken. Als sei die Verbindung zwischen Hirn und Hand gekappt: sie wußte, was
sie zu tun hatte, aber ihr Körper weigerte sich, ihr zu gehorchen.
Dr. Burke preßte die Lippen zusammen, bis ihr Mund nur
noch eine dünne Linie war, und zog die Hand zurück. Ein solcher Verrat konnte unmöglich
geduldet werden! Sie holte einmal tief Luft, um sich zu beruhigen, atmete
langsam wieder aus und legte dann in einer einzelnen, fließenden Bewegung die
Hand auf die Klinke, drückte sie herunter, öffnete die
Tür und betrat den Raum.
Das Labor war dunkel, die Lichter ausgeschaltet. Am
anderen Ende des Raumes wiesen einige rote und grüne Lämpchen
darauf hin, daß die da zugehörenden Geräte angeschlossen waren und
arbeiteten, sonst aber herrschte Finsternis. Dr. Burke tastete sich mit
ausgestrecktem linken Arm an der Wand entlang, wobei das Geräusch ihres Atems sich unter
das Summen der arbeitenden Geräte mischte. Die Lichtschalter befan den sich unmittelbar rechts von der Tür, aber es
kam nicht in Frage, daß sie sich umdrehte!
Dr. Burkes Finger streiften eine Metallplatte, zuckten
zurück, und tasteten sich weiter vor, bis sie endlich auf ein vorstehendes
Stück Plastik trafen.
Nur einen Herzschlag später blinzelte die
Wissenschaftlerin in dem plötzlich aufflammenden blauweißen, grellen Licht der Neonröhren.
Ganz am anderen Ende des Raumes summte die
Box von Nummer acht - die nun nicht mehr Nummer acht gehörte -
unbeaufsichtigt und ein sam vor sich hin. Die anderen beiden Boxen waren verschwunden und
mit ihnen das transportable Dialysegerät und einer der Computer. Ein schneller Blick, und es stand fest, daß auch
andere, kleinere Ausrüstungs gegenstände fehlten. Dr. Burkes nervöse
Anspannung wandelte sich in Zorn, als sie nun auf den verbliebenen Computer
zustapfte.
„Diese
rachsüchtige kleine Hexe!"
Die Nachricht auf dem Bildschirm hätte knapper und
deutlicher nicht sein können.
Ich habe Mr. Fitzroy versteckt. Sie können ihn
wiederhaben, wenn Sie sich einverstanden erklären, daß Nummer neun
und Nummer zehn ih ren natürlichen Abschluß erreichen dürfen. Ich habe die einzige Kopie
der heutigen Versuchswerte. Ich melde mich bei Ihnen.
Catherine.
Offenbar hatte sie nicht nur den Vampir
versteckt, sondern auch Num mer neun und zehn.
„Verdammt soll sie sein! Sie muß losgelegt
haben, kaum daß ich den Hörer aufgelegt habe." Das würde alles
ruinieren. Wenn es nicht gelang, Catherine wieder zur Besinnung zu bringen, und
zwar rasch, dann waren all die schönen Pläne so tot wie ...
... so tot wie
...
Dr. Burke hob den Kopf. Nervöse Anspannung legte sich ihr
wie ein stäh lernes Band um die Schläfen. In der
gekrümmten Seitenwand der verbliebenen Box spiegelte sich verzerrt eine kleine
weiße Gestalt und starrte zurück.
Warum hatte
Catherine nicht auch diese Box versteckt?
Weil sie sie nicht vom Netz nehmen
konnte.
Und warum konnte sie sie nicht vom Netz
nehmen?
Weil die Bakterien
immer noch in dem Körper arbeiteten, der dort lag.
Wer lag in der
Isolierbox von Nummer acht?
Die Kleidungsstücke befanden sich immer noch auf einem
Stuhl auf der anderen Laborseite; eine hellbraune
Windjacke hing über der Rückenlehne.
Im April tragen
viele Menschen in Kingston solche Jacken.
Dr.
Burke schlug einen großen Bogen um die Box - den größten, den sie schlagen konnte, ohne sich selbst eingestehen
zu müssen, daß sie der Kiste
auswich. Noch war ihr ein wenig von ihrem Zorn verblieben, und sie klammerte sich krampfhaft daran fest, denn der
Zorn war ein Schutz schild gegen die
stärker werdende Angst. Sie streckte die Hand aus und nahm die
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