Huff, Tanya
sowie den
Lärm des Handgemenges hinter ihr wahr. Sie wickelte sich den Riemen ihrer
Handtasche fest um das Handgelenk - momentan ihre einzige Waffe - und wirbelte
her um; gerade noch rechtzeitig, um mitzubekommen, wie
Celluci sein rech tes Bein zwischen Henrys und seinen Körper
zwängte und es dann dazu be nutzte, den kleineren Mann einmal
quer durch den Raum zu schleudern.
Henrys bloßer Oberkörper schimmerte
wie Alabaster, und amethystfar bene Flecken bedeckten die Innenseiten beider Arme. Er nutzte den Schwung der Bewegung zu einer Rolle,
die ihn wieder auf die Füße brach te, und ging sofort wieder fauchend zum Angriff über.
Celluci grunzte unter der Wucht des Aufpralls und rammte
seinen El lenbogen
seitlich gegen Henrys Kopf - ohne erkennbare Wirkung.
Vicki hatte ein, vielleicht zwei Mal im vergangenen Jahr einen
Blick auf das werfen können, was unter
Henrys Maske der Zivilisation lag. Bei de
Male war sie - obwohl ihr der kalte Schweiß auf der Stirn gestanden und ihr
gesunder Menschenverstand ihr befohlen hatte, sofort zu fliehen - von der
geballten tödlichen Kraft, die unter einer so leichten Kontrolle gehalten
wurde, auch erregt gewesen.
Henry hatte sie einmal gewarnt: „Bei mir und
meinesgleichen lauert das wilde Tier weit näher
unter der Oberfläche."
Nun hatte das Tier sich losgerissen.
Celluci hatte
gerade begriffen, daß die Kiste nun geöffnet war, als er auch schon flach auf
dem Rücken lag und um sein Leben kämpfte. Henry Fitzroys Hände umklammerten
seinen Hals, und die ersten paar Sekunden hatte der Detective nur deswegen
lebend überstanden, weil eine dieser Hände stark geschwollen und zu
kaum etwas Nutze gewesen war.
Celluci hatte gerade den linken Ellbogen unter Fitzroys
Kinn geklemmt und versuchte, mit der rechten Hand die
starken Finger des anderen von seiner Luftröhre zu zerren - da hatte er
plötzlich eine unausweichliche Offenbarung, das Wesen von Vampiren betreffend.
Der
Detective hatte schon im August des letzten Jahres einen flüchti gen Eindruck von dieser Realität bekommen können,
als Mark Williams starb. Aber in dem
verworrenen Knäuel von Gefühlen, die von Henry in ihm geweckt worden waren, war er bald
untergegangen. Trotz seiner Ei fersucht
konnte Celluci nicht anders, als Fitzroys persönliche Stärke zu bemerken und
anzuerkennen. Als sie dann alle gemeinsam Anwar Taw fik hatten Einhalt gebieten müssen, war
unvermeidbar Respekt hinzuge kommen.
Andere, nicht so einfach zu definierende Gefühle hatte der Detective größtenteils verdrängen können.
Jetzt aber
reduzierte sich alles auf einfaches Überleben.
Er
ist stärker. Und schneller. Henrys rasender Angriff
bot ihm eine Blö ße: Er verkantete einen Fuß unter Henrys Becken und schleuderte
den kleineren Mann einmal quer durch den Raum. Aber kaum einen Herz schlag später griff der Vampir erneut an.
„Verdammt!"
Dann bohrten sich Fingernägel in Cellucis Wange. An
Henrys heftiger Reaktion konnte er erkennen, daß sie seine Haut aufgerissen
haben muß ten; er konnte gerade noch hektisch seinen Kopf zur Seite
reißen, da schnappten neben seinem Ohr auch schon Zähne zusammen.
Mir war nie aufgefallen, daß seine verfluchten Zähne so
gottverdammt lang sind!
Für
den bin ich doch nur Fleisch!
Ich
bin ein toter Mann.
Das hier ist nichts, was die ihm
angetan haben - Henry ist nur auf Blut aus! Ihre Gefühle verlangten von Vicki, sich in das Getümmel zu stürzen und Henry
von Cellucis Kehle fortzureißen. Aus ihrem Bauch heraus kam dagegen der Wunsch, einfach um ihr Leben zu
rennen. Energisch machte Vicki beiden Reaktionen den Garaus und blieb zitternd
stehen, wo sie war. Verdammt noch
mal, denk nach, Vicki! befahl sie sich streng. Erinnere dich daran, was
Henry dir erzählt hat!
Henry hatte das Verlangen nach Blut als etwas
beschrieben, was nicht eigentlich Teil seines Wesens war, als eine
Kraft, die er stets ein Stück weit bewußt kontrollieren mußte.
Dann hat er also die Kontrolle verloren. Er
hat Hunger. Das war keine schwere Schlußfolgerung, denn Henrys
Verlangen lag spürbar im Raum. Wahrscheinlich haben ihm diese Schweine den
ganzen Tag lang Blut abgezapft für ihre Versuche. Und Henry hat nichts anderes
außer Blut. Er muß es erset zen. Er wird
Mike die Kehle aufreißen, um an das Blut zu kommen.
Also
biete ich ihm eine leichtere Quelle an. Eine, um die er nicht zu kämpfen
braucht.
Vicki ließ sich auf die Knie fallen, kippte
ihre Handtasche um und suchte nach ihrem Messer.
Mike Celluci
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