Huff, Tanya
ihre Linke.
Henry sprang mit einem Satz auf sie zu, zögerte dann, und
hob langsam den Blick von dem hervorquellenden Blut, um
Vicki in die Augen zu sehen.
Der Hunger bäumte sich auf und wehrte sich, aber Henry
hatte ihn wieder im Griff, zog Kraft aus dem Blut, das er bereits
getrunken hatte. Zog Kraft aus ihrem Blut.
„Henry?"
Henry. Ja. Ein Name, mit dem er den Hunger im Zaum
halten konnte. Er zwang seine Lippen, einen anderen Namen zu
formen, einen, der hel fen würde, den Hunger in seinen Käfig zu bannen.
„Vicki."
Vicki runzelte die Stirn, als
Henry schwankte. Immer noch auf den Knien rutschte sie zu ihm hinüber. „Henry,
du mußt mehr trinken. Du hast
noch lange nicht alles, was du brauchst. Und außerdem ...", mit die sen Worten warf sie einen Blick auf
ihr Handgelenk, sah dann aber rasch wieder beiseite, „außerdem",
wiederholte sie, „wird es so einfach nur auf den
Fußboden verschwendet."
Henry stöhnte und sank in sich
zusammen.
Sie fing ihn auf, wobei sie seinen Rücken mit
Blut beschmierte. Unbe holfen hielt sie den Freund in den Armen, zog ihre Beine unter
seinem Körper hervor und zog Henry dann mit
beiden Armen auf ihrem Schoß.
„Nein ..." Henry schob das Handgelenk beiseite, das
Vicki ihm wieder an den Mund gehalten hatte. Eine Sekunde lang
hatte ihm ihr Ge schmack auf der Zunge gelegen - fast
ausreichend, den Hunger erneut zu entfesseln. Allein der Geruch des
Blutes zerrte schon an den hastig errichteten Wällen. „Ich kann ... mir selbst
nicht trauen."
Erneut legte ihm Vicki das Handgelenk an den Mund, und
ihr Blut sick erte über fest zusammengepreßte Lippen und
befleckte Henrys Wangen. Er war zu schwach, ihr Einhalt zu gebieten - das zeigte Vicki nur,
wie recht sie hatte. „Mein Gott, Henry, hör
auf, den Märtyrer zu spielen. Ich vertraue dir."
Einen Moment lang spürte sie noch sein Zögern; dann
öffneten sich Henrys Lippen, und wie ein zu enges Armband aus Stacheldraht legte sich der Schmerz um ihren Arm, als er seinen
Mund an ihr zerfetztes Fleisch
preßte und zu saugen begann. Vickis Muskeln spannten sich, aber es
gelang ihr, den Arm nicht zurückzuziehen. Dann, langsam, wich der Schmerz dem vertrauten Rhythmus, und Vickis
Körper reagierte mit ei nem Gefühl,
das der wohligen Schläfrigkeit nach befriedigendem Sex sehr ähnlich war. Sie legte die Wange auf Henrys Haar
und seufzte.
„Was für ein entzückender Anblick", brummte Celluci,
der ungehalten auf die malerische Szene herabsah und sich
das Blut aus dem Gesicht wischte. „Wieder einmal siegte die
Liebe." Er holte mit zusammengepreß ten Zähnen tief Luft,
hockte sich neben die beiden anderen und starrte in das, was er von Vickis
Gesicht erkennen konnte. „Bist du in Ord nung?"
Vicki war immer noch in dem unaufhörlichen Sog von
Henrys Bedürf nis gefangen und machte sich nicht die Mühe,
den Kopf zu heben. Sie hätte sich noch nicht einmal die Mühe gemacht zu
antworten, wenn Cel lucis Stimme nicht so besorgt geklungen
hätte, daß eine Antwort einfach erforderlich war. „Mir geht es gut." Dann,
weil ihr mit etwas Verspätung klar wurde, daß Celluci mehr
verdiente: „Ich glaube jedenfalls, daß es mir gut geht."
„Prima." Unbeholfen verlagerte Celluci sein
Gewicht. Irgendwie war das hier intimer, als wenn er den beiden beim
Liebesspiel zugesehen hät te. Nur mit Mühe widerstand er dem
Drang, Henry einfach zu packen und gewaltsam zurück in die Isolierbox zu stopfen. „Woher
weißt du, wann er genug hat?"
„Er weiß es. Er
hört dann auf."
„Ach ja? Was, wenn er mehr braucht, als
du entbehren kannst?"
Vicki seufzte erneut, aber diesmal hatte das Geräusch
eine ganz andere Bedeutung als vorher bei Henry. „Er nimmt nicht mehr, als
ich entbehren kann."
Celluci langte nach dem offenen Deckel der Kiste und zog
sich daran hoch. „Du hast wohl nichts dagegen, wenn es mir
schwerfällt, darauf zu vertrauen. Noch vor ein paar Minuten hätte er
uns beide fast umge bracht."
„Das war vor ein paar
Minuten ..."
„Und jetzt ist jetzt, was? Weise Worte, Vicki - sehr
weise und komplett schwachsinnig, wenn
du mich fragst. Wenn er in spätestens fünfzehn Se kunden
nicht aufhört, reiße ich ihn von der Zitze."
„Das wird nicht nötig sein, Detective." Die Feststellung,
auch wenn sie so leise geäußert wurde, daß man sie kaum verstehen konnte, ließ
keinen Raum für weitere Debatten. Henry, der Vickis Handgelenk
gerade weit genug losgelassen hatte, um die Worte sprechen zu können, legte
seinen Mund
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