Huff, Tanya
erneut auf die Wunde und drückte dabei die offenen Wundränder zusammen,
damit das Blutgerinnungsmittel in seinem Speichel seine Ar beit
tun konnte. Er fühlte Vickis Leben, das sich um sein eigenes gelegt hatte,
und wünschte in diesem Augenblick nichts weniger, als dieses Band
zu zerreißen. Aber er wußte, daß er sich und die Freundin nur gefährden würde,
wenn er jetzt weitertrank. Denn sie würde sterben, wenn sie zuviel Blut verlor,
und er würde sterben, wenn er sie verlor. Er hatte so
viel genommen, wie er im Moment brauchte, und mehr würde er sich nicht
nehmen.
Sie hatte ihn nun zum zweiten Mal gerettet. Beim ersten
Mal waren ihr die Risiken nicht bekannt gewesen und, besiegt von
dem Dämon, hat te der Hunger mit ihm in der Finsternis
gelegen, so daß keine Notwen digkeit bestand, ihn zu
kontrollieren. Dieses Mal hatte sie gewußt, was
sie ihm anbot und sie hatte es
getan, obwohl der Hunger frei wütete. Ich wollte
sie sagen hören, daß sie mich liebt. Ich habe es gerade eben gehört.
Und was hatte er
ihr dafür gegeben?
„Es tut mir leid, Vicki." Henry barg den Kopf an
Vickis Brust. Er wollte das bißchen Stärke, das er wiedergewonnen
hatte, bewahren. „Ich kann die Blutung zum größten Teil stoppen, aber die Wunde
schließen kann ich nicht. Du brauchst
irgendeine Art von Verband."
Vicki warf einen Blick auf die Wunde an ihrem Handgelenk
und ihr drehte sich der Magen um. „Großer Gott!" Sie mußte
etwas Galle herun terwürgen. „Das sieht so aus, als müßte es wesentlich mehr wehtun,
als es der Fall ist." Dann, auf
einmal, setzten die Schmerzen ein. „Oh verdammt ..."
Celluci
griff sich Henrys Hemd aus der Kiste und sank vor Vicki auf die Knie. „Großer Gott - das kannst du laut
sagen! Scheiße, Fitzroy, Sie sind ein gottverdammtes Tier!"
Henry begegnete dem zornigen Funkeln in den Augen des
Detectives mit einem ruhigen Blick. „Nicht wenn ich es verhindern kann",
sagte er leise.
„Klar. Nun ..." Celluci blickte zur
Seite und versuchte zu verbergen, wie verwirrt er war - erst
bringt der uns beide fast um, dann kaut er ein riesiges Loch
in Vicki. Und jetzt tut er mir leid? - als er Vickis
Arm verband. „Du hast Glück", brummte er, als er Henrys Hemd um die Wunde
wickelte. „Es sieht schlimm aus, aber ich glaube nicht, daß Sehnen verletzt
sind. Bewege mal deine Finger."
„Das tut
weh."
„Mach es trotzdem."
Leise fluchend tat Vicki wie befohlen, und alle drei
beobachteten be sorgt, ob die einzelnen Glieder auch ihren
Dienst taten.
„Was habe ich gesagt?" Vor lauter Erleichterung
zitterten Celluci die Hände, als er nun den dicken Verband verknotete, wonach er in
jeder Hand einen Hemdsärmel hochhielt. „Die nehmen wir als Schlinge, um den Arm ruhig zu halten, aber du gehst zum
Notarzt, sobald wir hier raus sind."
Vicki beugte den Kopf, so daß Celluci die beiden Manschetten hin ten in
ihrem Nacken zusammenknoten konnte, wobei er ihr die Wange eine Sekunde lang auf das Haar legte, wie sie es
zuvor bei Henry getan hatte. Bei
Henry, der immer noch in Vickis unversehrtem Arm ruhte. „Ich dachte ..." Er hatte gedacht, Vicki
würde sterben, als er Henrys Zähne von ihrem Hals wegtrat. Er hatte gedacht,
sie hätte Selbstmordabsichten, als sie sich dem Vampir ein zweites Mal darbot.
Und als ihre Rech nung wider Erwarten
aufging, da hatte er gedacht... da hatte er gedacht ... er hätte nicht mehr sagen können, was er da gedacht
hatte. „Ich dach te schon, es wäre
alles aus." Ein etwas lahmes Ende für diesen Satz, sagte sich der Detective und hockte sich auf die Hacken. Und wenn sie mich fragt, was
ich mit ,alles' meine, dann weiß ich nicht, was ich antworten soll.
Aber dann
weiteten sich Cellucis Augen und er kicherte vernehmlich.
Henry
sah verwundert auf und erhob sich, wenn auch noch ein wenig zittrig, in eine nahezu aufrechte Sitzposition.
Vickis Brauen
senkten sich bedrohlich. „Was gibt es da zu kichern?"
Mit einer Handbewegung wies Celluci auf seine beiden
Gefährten und gluckste erneut. „Ich fühlte mich gerade an
die Pietät von Michelangelo erinnert. Ihr wißt doch, die Statue der Madonna mit dem
Leichnam ih res Sohnes auf dem Schoß?"
„Und Sie fanden, ich sei eine unpassende
Besetzung für Jesus?" fragte Henry.
Celluci warf einen langen und nachdenklichen Blick auf
den anderen. Er sah dessen Wunden, das Entsetzen, das immer
noch in den haseln ussbraunen Augen lauerte, sah die Mischung
aus jugendlichem Körper und spirituellem Alter, sah das
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