Huff, Tanya
Schimpfworte zu rufen. Jemand schrie. Vicki konzentriert e sich auf ihren Teller, wobei jeder Bissen in
Elend getränkt war.
Nach dem Mittagessen beruhigte sich alles ein wenig, denn nun liefen die Seifenopern. Lambert thronte vor dem besten der vier Fernsehgeräte,
und Natalie sorgte zumindest in ihrer unmittelbaren Umgebung für Ruhe.
„Das ist mein Mann, mein Mann", rief eine ältere Frau und zeigte auf den Bildschirm. „Wir haben dreizehn Kinder und einen Hund und
zwei..." Ein Schmerzensschrei beendete ihre Litanei.
Im Augenblick schien Vicki vergessen zu sein. Vorsichtig bewegte sie sich in
Richtung der Duschen. Vielleicht würde sie sich ja nicht mehr ganz so elend
fühlen, wenn es ihr gelänge, den Gefängnisgestank abzuwaschen.
Die Betonwände, die die Duschen vom Rest des Aufenthaltsraums trennten, reichten vom Boden bis zur Hüfthöhe und von der Decke bis auf
Schulterhöhe. Was dazwischen lag, konnte von den Insassen und den Schließerinnen eingesehen werden.
Niemand wird
auf deinen Busen starren, Vicki! versicherte diese sich selbst und fuhr mit der Hand über den feuchten Zement. Du bist wie
alle anderen ein Stück Fleisch. Niemand interessiert sich dafür.
Ein paar der Duschkabinen, die nahe am Eingang lagen, waren bereits belegt. In einer entpuppte sich das verschwommene Fleisch als zu zwei Personen gehörend. Alles, was auf Höhe der Trennwände geschah, geschah fast schon in einer Privatsphäre.
Es war nicht so schlimm, die Schuhe, die Hose und die Unterhose auszuziehen, aber Vicki lief eine Gänsehaut über den Rücken, als sie sich
aus dem T-Shirt pellte. Als sie es dann endlich über den Kopf gezogen
hatte, fühlte sie sich verletzlicher und nackter als je zuvor. Rasch eilte sie unter den minimalen Schutz, den das Wasser zu
bieten schien.
Sie verlor
sich in der Hitze und dem Aufprall der Wasserstrahlen; fast gelang es ihr, sich einzureden, sie sei zu Hause und in Sicherheit. Einen Moment lang schien das Leben
nicht mehr ganz so hoffnungs los.
„Prima Idee, Nelson, aber du darfst hier nicht so allein sein. Du bist immer noch etwas wackelig auf den Beinen, und manchmal stürzen die Leute in der Dusche. Gefährlicher Ort. Es passiert einem hier so
leicht etwas."
Lambert - wie immer nicht allein.
Sie versuchte, ihren Arm aus Natalies Griff zu befreien, die ihn ihr als Antwort
derart verdrehte, daß sie Vicki fast den Ellbogen ausgerenkt hätte. Der
Schmerz schoß Vicki wie rote Flammen ins Gehirn und löste dort allen Nebel auf.
Mit einem Mal wandelte sich Vickis Verzweiflung
in Wut.
Sie hatte keine Chance - und es war ihr egal.
Lange hielt
die Energie nicht vor.
„Was zum Teufel macht ihr da drin?"
„Nichts, Boß", raunzte Lambert. „Meine Freundin ist gestürzt."
Sie preßte ihren Fuß so, daß die Schließerin es nicht sehen konnte, gegen Vickis Hals.
„Alles in
Ordnung mit ihr?"
„Prima, Boß."
„Dann schaff sie da raus."
Natalie kicherte, beugte sich vor und kniff Vicki mit aller Kraft in den Bauch.
Vicki zuckte zusammen, beachtete den Angriff aber gar nicht. Ihr Kopf
dröhnte immer noch von dem Zusammenprall mit den Fliesen,
aber sie konnte, wie ihr schien zum ersten Mal seit hunderten von Jahren, wieder klar denken. Lambert und Wills waren nur kleine
Ärgernisse. Der wirkliche Feind war eine dreitausend Jahre alte Mumie, die das Gesetz in ihre Hände bekommen hatte und es nun verdrehte und
verbog. Sie selbst war in einer Spirale gefangen, die diese Mumie geschaffen hatte. Dafür würde die Kreatur bezahlen! Vicki
wußte nicht, wen die Mumie verletzt hatte, um an sie selbst heranzukommen - Henry oder Mike -, aber auch dafür
würde sie zahlen. Um die Mumie zur Rechenschaft zu ziehen, mußte sie
frei sein, und da das System sie nicht
freigeben würde, würde sie sich eben
selbst befreien müssen.
„Danke", murmelte sie geistesabwesend, als Natalie sie nun auf die Füße
stellte.
Sie wäre
nicht die erste, der ein Gefängnisausbruch gelang.
„Wieder ein schöner Tag im Metro West Detention Center! Danke, Jungs, ab
hier übernehmen wir!"
Die junge Frau bäumte sich gegen die Ketten auf und zischte und spuckte wie eine große Katze. Die Schließerinnen beachteten das gar nicht, griffen ihr unter die Arme und schleppten sie davon.
„Verdammte Schweine!" schrie die Frau. „Ihr seid nichts als ver dammte Schweine, und ich hoffe, ich habe dir den verdammten Zahn
ausgeschlagen!"
Dave Graham
seufzte und wandte sich seinem momentanen Part ner zu. „Hat
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