Huff, Tanya
geht es soweit gut?"
„Ich denke schon."
„Ich frage
nur, weil sie so gar nicht ..." Henry breitete hilflos die Hände aus.
„Weil sie nichts zu fühlen scheint?"
„Ja."
„Die Gefühle
sind da. Sie verbirgt sie hinter ihrer Wut."
„Sie hat
jegliches Recht darauf, wütend zu sein."
Mike brummte: „Ich habe nichts Gegenteiliges behauptet."
Während der Fahrt zu Henrys Eigentumswohnung hatte Vicki den beiden
Männern die groben Tatsachen über das, was ihr in den letzten Tagen widerfahren war, mehr oder weniger kommentarlos einfach hingeknallt. Sowohl Henry als auch Mike
hatten schweigend zugehört, und beiden
war klargewesen, daß jede Unterbrechung, ganz gleich, ob mit einer Frage oder einer Äußerung des Mitgefühls, die
Freundin nur vollends zum Verstummen gebracht hätte. Kaum hatte Vicki ihre
Schilderungen beendet, als Celluci auch schon laut stark aufzuzählen begann, was er Gowan und Mallard alles antun würde
- nur, um sofort von Vicki unterbrochen zu werden. Sie hatte ihn durch die Ersatzbrille, die er ihr mitgebracht
hatte, angestarrt und entschieden
geäußert: „Nein. Ich weiß noch nicht wann und ich weiß noch nicht wie, aber ich werde es ihnen heimzahlen. Ich. Nicht du."
Ihr Ton hatte wenig Zweifel daran gelassen, daß Gowan und Mallard
bekommen würden, was ihnen zustand.
Dann hatte sie noch etwas hinzugefügt, mit einer Stimme, die selbst Henry
Schauer über den Rücken gejagt hatte: „Ich will Taw fik."
Nun wandten sich Mike und Henry Vicki zu, die ins Wohnzimmer gehumpelt
kam. Sie trug das nasse Haar aus dem Gesicht gestrichen, und der auffallend rote Fleck, der ihre eine Wange zierte, ließ die an dere dagegen noch blasser erscheinen. Die Hand, mit der sie sich die Vorderseite
des T-Shirts glattstrich, steckte in einem Mullverband.
Ich kenne
diese Miene, dachte Henry, als Vicki nun zum Fenster trat. Ich habe sie bei
religiösen Fanatikern gesehen! Wieder tausch ten
die beiden Männer besorgte Blicke aus. Vicki benahm sich nicht wie eine Frau, die jeden Moment auseinanderbrechen
kann - es schien, als würde sie jeden Moment explodieren!
„Ehe wir anfangen", sagte sie in die Nacht, „bestellt bitte eine Pizza. Ich bin am Verhungern."
„Aber wir wissen immer noch nicht", beharrte Mike und wedelte mit einem
durchgekauten Stück Pizzakruste, um seinen Standpunkt
zu untermauern,
„wie Tawfik etwas über Vicki herausfinden konn te."
,Von Cantree: Er hat mit Tawfik über Sie geredet - Sie stehen Vicki sehr
nahe - es war nicht schwer für Tawfik, diese Information aus Cantrees Hirn zu
beziehen." Henry blieb bei seinem langsamen Gang durch das Wohnzimmer neben Celluci stehen und blickte auf diesen
hinab. „In Cantrees Kopf ist eines ganz klar: Alles, was Sie über einen Fall
wissen, ist auch Vicki bekannt, und so hat Tawfik beschlossen, Ordnung
zu schaffen."
„Ja? Warum dann so ein kompliziertes Szenario?" Mike warf sein
Teigstück zurück in die Schachtel, richtete sich auf und wischte sich die Hände ab. „Warum hat er sie nicht einfach beiseite geschafft, wie er
Trembley beiseite geschafft hat? Ein Knall, und alles ist erledigt?"
„Das weiß ich
nicht."
„Mir scheint, als hätten Sie mindestens ebensolange mit Tawfik gesprochen wie Cantree. Woher wissen wir, daß Sie ihm nichts gesagt haben?"
„Weil
...", und die Pause füllte sich mit etwas, was nahe an eine Drohung herankam, „ich das nicht tun würde."
Celluci rang erfolgreich gegen das fast unwiderstehliche Bedürfnis,
seinen Kopf zu senken und den Blick des anderen zu meiden und fuhr dann fort,
wobei seine Stimme langsam lauter wurde: „Wir wissen, daß der Typ sich in die Gedanken von Leuten mischen kann; das beweisen die Angestellten im Museum. Wer sagt uns
also, daß er Vicki nicht einfach aus Ihrem Kopf hat?"
„Hat er nicht. Ich würde Vicki nie verraten."
Mike hörte den Schmerz in den Worten des anderen, und seine Augen
verengten sich. Nein, er würde sie nicht verraten. Er liebt sie wirklich. Der
Hundesohn. Er hat Angst, daß er es doch getan haben könnte. Daß Tawfik die
Informationen über Vicki aus seinem Kopf hat.
„Wäre es Ihnen aufgefallen, wenn er sich bei Ihnen bedient hätte?" Die Frage mußte einfach gestellt
werden. Celluci stellte sie nicht,
weil er Spaß daran hatte, Henry zu quälen - davon war zumindest er selbst fest
überzeugt.
„In meinem Kopf geht niemand unerlaubterweise spazieren!" Aber das
stimmte nicht ganz - Tawfik hatte ihn durch seine bloße Existenz tief berührt,
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