Huff, Tanya
vorbeizuschauen,
oder?"
Endlich hatte Celluci verstanden. „Ach ja, die Cousine! Meine Papiere!" Er fragte sich, ob Vicki ihn wohl absichtlich über diese
neue Verbindung im Dunkeln gelassen hatte oder ob es ihr einfach nicht nötig erschienen war, ihn davon in Kenntnis zu
setzen. „Die Papie re haben sich heute
nachmittag im Büro gefunden. Ich muß mich entschuldigen: Ich hätte Sie
anrufen und Bescheid sagen sollen." Er versuchte
sich an einem charmanten Lächeln und beschloß, Vicki später gehörig die
Meinung zu sagen. „Aber immerhin habe ich ja angerufen, um Sie zum Abendessen
einzuladen."
„In der Tat..."
Noch schien der Charme nicht ganz zu wirken - völlig immun zeigte sie
sich aber auch nicht.
Celluci wußte nicht recht, wie er den Abend angehen sollte. Da Dr. Shane höchstwahrscheinlich über Informationen verfügte, die ih nen behilflich sein könnten, die Mumie zu finden und zu fangen, war es
notwendig, sie zu befragen. Eine direkte Befragung jedoch - und das machte die ganze Sache noch komplizierter - war schlichtweg unmöglich,
denn dann würde sie wissen wollen, worum es bei der ganzen Sache eigentlich ging, und das wiederum konnte er ihr nun wirklich nicht sagen...
„Wissen Sie, es ist so: Die Mumie, die Dr. Rax umgebracht hat, treibt sich momentan frei in der Stadt herum, und um sie finden
und unschädlich machen zu können, sind wir auf Ihr Wissen ange wiesen."
„Woher stammt
Ihrer Meinung nach diese Mumie?"
„Aus dem
Sarkophag in Ihrem Werkraum."
„Aber ich habe Ihnen doch bereits mitgeteilt, daß der leer war!"
„Da irren Sie
eben; Sie denken das nur - weil nämlich die Mumie mit Ihrem Bewußtsein herumgespielt hat."
„Kellner? Entschuldigen Sie bitte, könnten Sie den Notruf verstän digen? Ich
sitze hier mit einem Verrückten."
So ging es nicht! Wenn er offen mit ihr sprach, würde er sich der einzigen Informationsquelle berauben, die sie hatten. Sie war
Wissenschaftlerin, ausgebildet, ihr Wissen aus dem Studium alter Knochen und
Tonscherben zu beziehen, und sie war bestimmt nicht bereit zu glauben, daß einige dieser Knochen auferstanden waren, um Morde zu begehen, nur, weil ein Beamter der
Mordkommission, eine Privatdetektivin
mit einer zu großen Klappe und ein ... Autor von Liebesromanen das behaupteten. Dr. Shane würde sofort Bewei se sehen wollen, und er hatte nun einmal einfach
keine.
Zudem würde jede Offenheit in dieser Frage verhindern, daß er sie je
wiedersah - aber vielleicht war es ja angesichts von vier Toten auch eigentlich
nicht wirklich wichtig, was Dr. Shane von ihm hielt.
Worauf es ankam, das waren die Informationen, die sie beisteuern konnte, und hierbei mußte er sich ihr Interesse an seiner Person - oder genauer
gesagt: ihren Eindruck von seinem Interesse an ihr als Frau - zunutze machen, um weiterzukommen. Er erinnerte
sich daran, wie er einmal zwei
Stunden lang völlig beeindruckt zugeschaut hat te, wie Vicki einen Mann
befragte und alles, wirklich alles aus ihm herauslockte,
indem sie pausenlos mit den Wimpern klimperte und in jeder Gesprächspause ein atemloses „Nein!
Wirklich?" fallenließ. So weit würde er wohl nicht gehen müssen, aber
eigentlich hatte Dr. Shane Besseres
verdient. Gott gebe, daß er sein Verhalten eines Tages wiedergutmachen könnte.
Das
Abendessen nahm seinen Lauf, und Celluci hatte keine Pro bleme, sein Gegenüber zum Reden über sich selbst
und ihre Arbeit zu bewegen. Jeder
Polizist kennt die menschliche Neigung zur Selbst darstellung und weiß
diese zu nutzen. Jahr für Jahr gelingt bei einer erstaunlichen Anzahl von Verbrechen die Aufklärung nur, weil der
Täter es nicht länger aushält zu schweigen und einfach alles erzählt. Es war auch nicht weiter schwer, die Unterhaltung langsam, aber sicher in
Richtung altes Ägypten zu lenken.
„Ich habe das starke Gefühl", sagte Dr. Shane, als der Kellner Kaf fee und Nachtisch servierte, „daß ich Ihnen eigentlich nur meinen Namen, Funktion und Sozialversicherungsnummer hätte nennen dürfen. So ausführlich wurde ich das letzte Mal befragt, als ich meine Doktorarbeit verteidigen mußte."
Celluci schob sich eine schwarze Haarsträhne aus der Stirn und suchte
krampfhaft nach einer Erwiderung. Vielleicht hatte er ja zu tief gebohrt, und vielleicht war er auch nicht so vorsichtig vorgegangen,
wie er es eigentlich geplant hatte. Den ganzen Abend über hatte ihn das Bedürfnis nach Ehrlichkeit geplagt, hatte sich gegen die Notwendigkeit
zum Täuschen zur Wehr gesetzt.
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