Huff, Tanya
Bereich in gelbes Däm merlicht tauchten. Was Vicki anging, hätte man
auch gleich die beiden verbliebenen
Lampen ausschalten können.
Das hat sich wahrscheinlich irgend so ein blondes Wunderkind ausgedacht, um Geld zu sparen - kurz vor seiner monatlichen Ge haltserhöhung! Sie fuhr mit der Hand an der Marmorverkleidung der Wand entlang, über die Tür aus rostfreiem Stahl und dann über die Plastikscheibe
über den Fahrstuhlknöpfen. Wir können nur hoffen, daß sie wenigstens das Licht in den Kabinen angelassen haben. Sonst kriege ich ja nie mit, wenn ein Fahrstuhl hält!
Sie hatten das Licht angelassen. Vickis Augen begannen in dem grellen Licht zwar zu tränen, aber das war ihr lieber als die Vorstel lung, sich ihren Weg in den Fahrstuhlschacht ertasten zu müssen. Naß genug war
sie ja bereits nach ihrer Tour durch den strömenden Regen!
Die Räume des Innenministers befanden sich im zwölften Stock und boten im Eingangsbereich, für die Verhältnisse in einem Regie rungsgebäude,
einen nahezu fürstlichen Anblick. Eine starke Farbgebung und ein
konservativ-modernes Design waren dazu gedacht, möglichst wenige Wähler zu verärgern und möglichst viele zu beeindrucken.
Vicki war durchaus in der Lage zu erkennen, wo ausdrucks starke Symbole
geplant eingesetzt worden waren und wußte genau, daß die eigentliche Arbeit in diesem und allen anderen Stockwerken hinter
den verschlossenen Türen kleiner, zweckmäßig ausgestatteter Büros geleistet wurde.
„Kann ich
Ihnen helfen?"
Die junge Frau am Empfangstresen erfüllte denselben Zweck wie die
Raumausstattung - sie sollte beeindrucken und beruhigen. Nicht um alles in der Welt hätte Vicki diesen Job haben
mögen, auch für das Doppelte des üblichen Gehalts nicht; sie haßte es,
Fremden ge genüber höflich sein zu müssen.
„Ich hoffe es", erwiderte sie. „Mein Name ist Nelson. Ich habe um
halb zwei eine Verabredung mit Mr. Zottle." Sie sah auf die Uhr. „Ich bin
etwas früh dran."
„Kein
Problem, Ms. Nelson. Gehen Sie ruhig schon hinein."
Die Frau ist gut, dachte Vicki und ging durch die Doppeltür, die sie ihr gezeigt
hatte. Ich habe sie genau beobachtet und trotzdem kaum mitbekommen, wie sie auf
der Liste nachgesehen hat.
Die Frau am
nächsten Tresen war ebenso beeindruckend wie ihre Kollegin, wirkte aber absolut nicht beruhigend. „Mr. Zottie wird Sie gleich
empfangen, Ms. Nelson. Nehmen Sie doch solange Platz."
Vicki mußte sich eine ganze Weile gedulden, bis sich die Tür zum Büro des Innenministers
öffnete und versuchte, während der War tezeit
nicht allzu unruhig zu wirken. Ein ereignisloses Wochenende lag hinter ihr, die einzigen Spuren, denen sie
hätten folgen können, hatten nicht
zur Verfügung gestanden. Sie hatte jeden Morgen Hen ry zu Bett gebracht - nicht recht wissend, ob sie
sich sorgen sollte, weil der Traum
hartnäckig immer wiederkehrte oder erleichtert sein sollte, weil er eben nach wie vor ein Traum blieb
und Henry keinerlei Anstalten machte,
die Nähe der Sonne zu suchen - und war dann nach Hause gegangen, hatte Wäsche gewaschen, ein paar Einkäufe
erledigt, mit ihrer Mutter telefoniert und die Zeit totgeschlagen. An diesem
Morgen hatte sie als erstes ein paar Verbindungen spielen lassen, um sich den Termin beim Innenminister zu
verschaffen.
„Ms. Nelson?" George Zottie, nicht allzu groß, nicht allzu
schlank, war ein Mann mittleren Alters mit dichtem, dunklen Haar, schwe ren dunklen Augenbrauen und langen dunklen Wimpern.
„Es tut mir leid, daß ich Sie habe warten lassen. Es ließ sich leider nicht vermeiden."
Zottie hatte den festen, raschen Händedruck eines Mannes, der seine Zeit
nicht nur am Schreibtisch verbringt. Vicki hielt ihn für einen der besten Staatsmänner der Provinz - auch wenn sie Politiker aus Prinzip verachtete. Der Mann verfügte über persönliche Integrität und erfreute sich des ehrlichen Respekts aller Polizeikräfte - bei de Faktoren
hatten dazu beigetragen, daß er sich jetzt bereits zwei Amtsperioden lang in dieser hohen Kabinettsposition befand. Wenn, was so
gut wie sicher schien, die regierende Partei auch die nächsten Wahlen gewinnen würde, dann schlösse sich für ihn
mit hoher Wahr scheinlichkeit noch eine dritte Amtsperiode an.
Dreimal war Vicki in ihrer Zeit als Polizeibeamtin mit dem Mini ster zusammengetroffen; das letzte Mal nur acht Monate, bevor ihr immer schlechter werdendes Augenlicht sie dazu zwang, den Dienst zu quittieren. Bei der Vereidigung neuer Polizisten hatten sie
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