Human
sterben werdet, verdammt.«
***
Trotz des Vierzehnradantriebs war Ingrid überrascht, wie mühelos Vusi den großen Truck über die zahllosen schmalen, ungepflasterten Strecken lenkte, die stetig nach Norden führten. Sie fuhren mit einem ihrer Meinung nach Wahnsinnstempo durch die abgelegenen Roggeveldberge, und ihr Fahrer verließ sich darauf, dass die fortschrittlichen Dämpfungssysteme des Wagens sowohl die unebene Straße als auch seine hohe Geschwindigkeit ausglichen.
»Hier wird uns niemand verfolgen«, meinte er beiläufig. Er saß sicher angeschnallt auf dem Fahrersitz und konnte sich nicht zu ihnen umdrehen, aber seine Worte klangen laut und deutlich durch die schallgedämpfte Fahrerkabine. Ingrid schoss durch den Kopf, dass sie es vermutlich nicht einmal hören würden, wenn sie einen Unfall hatten.
»Wir fahren parallel zu der Nord-Süd-Straße, der N7, sind aber ziemlich weit davon entfernt«, erklärte er. »Das ist die Straße, die jeder nimmt. Wenn wir in Richtung Westen nach Calvinia fahren, um zur N7 zu kommen, werden wir sehr weit von der Stelle entfernt sein, an der mein Onkel Sie gefunden hat – und sehr, sehr weit entfernt von jedem, der nach Ihnen sucht.«
Whispr grübelte schon seitdem sie den ausgedehnten Familienkomplex von Umfolozi verlassen hatten über etwas nach. »Sie haben gesagt, diese N7 im Westen ist die wichtigste Nord-Süd-Verbindung. Aber wieso führt sie dann nicht an Nerens vorbei?«
Der junge Fahrer lachte, ohne sich umzudrehen. »Die N7 verläuft parallel zur Küste, aber nicht direkt daran entlang. Und wenn sie sich der Namib nähert, bekommt sie Angst, da sich jeder vor der Namib fürchtet, daher schwenkt sie ins Landesinnere, bevor sie den Bogen nach Norden macht, um Keetsmanshoop zu erreichen. Selbst die Straßen meiden die Namib.«
»Wie wir es auch tun sollten, wenn es nach Ihrem Onkel ginge.« Ingrid sah aus dem Seitenfenster und versuchte, die Aussicht zu genießen.
»Wie es jeder vernünftige Mensch tun sollte. Aber Sie werden Ihre Gründe haben, sonst hätte Onkel mich nicht gebeten, Sie nach Orangemund zu bringen.«
Whisprs Gedanken rasten. »Dank der Hilfe Ihres Onkels können wir mit neuen Vorräten aufbrechen, aber es gibt noch einige andere Dinge, die ich gern besorgen würde, wenn wir in eine richtige Stadt kommen.«
Vusi kicherte und schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, aber es gibt keine weiteren richtigen Städte mehr. Das hier ist nicht Europa, wo man alle zehn Kilometer auf ein nettes kleines Städtchen trifft. Wir können versuchen, das, was Sie brauchen, in Calvinia oder später in Okiep zu finden, aber die letzten echten Städte liegen südlich von uns und fallen mit jedem Kilometer weiter zurück.« Er deutete mit einer Hand in Richtung Windschutzscheibe. »Nördlich von Worcester gibt es nur noch winzige Bauerngemeinden. Da kann man nichts mehr einkaufen. Die Leute bestellen alles, was sie brauchen, über die Box und lassen es sich schicken. Das ist billiger, als zum Kap zu fahren.«
Whispr schwieg, bis Ingrid sich an ihn wandte.
»Wir sind doch alles mit Josinis Frau durchgegangen, bevor sie nach Kapstadt gefahren ist. Was hast du vergessen? Was brauchst du noch?«
Er starrte durch das getönte Fenster nach draußen. »Ich hätte gern noch ein Batteriepack für die Waffe, die sie gekauft hat, damit wir die Patronen auch dann aufladen können, wenn das im Griff ausfällt.«
Sie seufzte. »Das haben wir doch schon besprochen, Whispr. Du sollst dich mit Neugier und Sorgfalt bewaffnen und dir keine Gedanken über andere Waffen machen. Wenn es zu einem Kampf kommt, werden wir Nerens sowieso niemals betreten.«
»Alte Gewohnheiten legt man nicht so schnell ab«, entgegnete er mit gequältem Lächeln. »Je besser ich bewaffnet bin, desto sicherer fühle ich mich.«
Sie gab sich gar keine Mühe, ihre Gereiztheit zu verbergen. »Sag mir das nochmal, wenn wir zu Fuß unterwegs sind. Jedes zusätzliche Gramm wird sich wie ein Kilo anfühlen, wenn wir erst mal eine Weile gelaufen sind.«
» Falls wir laufen müssen«, merkte er an.
»Ja … falls.«
Jetzt, wo sie ihrem Ziel verhältnismäßig nahe gekommen waren, musste sie sich damit auseinandersetzen, wie sie in die geheime Forschungsanlage reinkommen wollten. Unabhängig von Whisprs Wunsch nach einer besseren Bewaffnung mussten sie sich eine glaubhafte Geschichte ausdenken. Ingrid war überzeugt davon, dass sie sich nur mithilfe eines Täuschungsmanövers Zutritt verschaffen
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