Human
Wasser in der Nähe gewichen war, stellte er fest, dass er noch am Leben war. Die schützende Platte ausKarbonfasern, die direkt unter der Haut in seinem Schädel eingesetzt und mit dem Knochen verbunden worden war, hatte sein Gehirn wie beabsichtigt geschützt. Auch wenn ihm die Welt momentan verdreht und seltsam vorkam, wusste er, dass es nicht daran lag, dass er schwere Verletzungen davongetragen hatte, sondern nur darauf beruhte, dass sein Wagen auf dem Dach lag.
Er streckte einen Arm aus und drückte gegen die Fahrertür. Diese war teilweise eingedrückt und bewegte sich nicht. Irritiert und verärgert ließ er einige peitschenartige Tentakel aus einer Hand schnellen, die er um die eingedellte Barriere wickelte, um dann daran zu ziehen. Einige Stücke der bereits demolierten Tür lösten sich, und nach einigen weiteren Versuchen hatte er eine Lücke geschaffen, die groß genug war, dass er sich hindurchquetschen konnte. Er berührte den Notfallknopf und wurde aus der schützenden Umklammerung des Sitzes befreit. Sein Körper fiel daraufhin auf das Dach, das jetzt auf dem Boden lag. Nachdem er sich erneut vergewissert hatte, dass alles Wichtige funktionierte, kroch er ins Freie.
In einem für sein Alter unvergleichlich guten Zustand sprang er sodann auf die Beine und sah sich seine Umgebung genauer an. Sein Wagen war definitiv nicht mehr fahrbereit. Sowohl die integrierte als auch seine eigene tragbare Kommunikationseinheit waren zertrümmert und nutzlos. Wenn er nicht irgendwie an ein Gefährt kam, würde er sich zu Fuß den Weg durch diese Wildnis bahnen müssen. Die kleine Pistole, die er in Kapstadt gekauft hatte, um die notgedrungen in Namerika zurückgelassenen Waffen zu ersetzen, war aus einem robusteren Material und noch intakt. Sie stellte sich nach kurzer Prüfung als einsatzbereit heraus.
Beinahe hätte er in diesem Moment seiner Frustration undWut Ausdruck verliehen, wenn er nicht flussabwärts etwas entdeckt hätte.
Der Roadster, den er verfolgt hatte, wurde von der schnellen Strömung mitgerissen und begann langsam zu sinken. Wie sein eigener Wagen stand auch dieser auf dem Kopf. Auf dem nach oben zeigenden Unterboden kniete eine unnatürlich schlanke Gestalt und zog gerade mühevoll eine Frau aus dem Wasser.
Molé gestattete sich die Andeutung eines Grinsens. Die Hartnäckigkeit seiner Beute war wirklich zu bewundern. Möglicherweise hatte sich der Stock-Mann aber auch nur aus Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung zu diesem extremen Schritt entschieden. Doch wie immer seine Motivation auch ausgesehen hatte, so hatten sie dadurch nichts gewonnen. Molé durchsuchte seine Kleidung und stellte fest, dass zumindest ein Teil der Ausrüstung, die immer bei sich trug, ebenso wie der kenntnisreich manipulierte Körper des Killers den Absturz überlebt hatte.
Nachdem er sich bei den ersten Schritten vergewissert hatte, dass auch sein Unterkörper korrekt funktionierte, machte er sich auf den Marsch flussabwärts. Der beachtliche Seitenarm des Touws war zwar nicht breit, floss aber schnell und tief neben ihm her. Tief genug, um den getunten Roadster seiner Beute mit sich tragen zu können. Mehr als tief genug, damit er herausfinden konnte, wie lange der Stock-Mann überlebte, wenn er seinen schmalen Kopf unter Wasser drückte.
Zu dieser Jahreszeit waren die Temperaturen am Mittag mild. Dicke Büsche und vereinzelte Bäume spendeten ihm beim Laufen Schatten. Er fühlte sich trotz des verlorenen Wagens gut und schritt schneller aus. Früher oder später, aber vermutlich eher früher, würde der Fluss das zerstörteund demolierte Fahrzeug seiner Beute ans Ufer spülen. Oder es würde auf einen hervorstehenden Felsen auflaufen oder in irgendwelchen Stromschnellen gefangen sein. Vielleicht würde das erschöpfte, müde Paar den Wagen aber auch aufgeben und versuchen, an Land zu schwimmen oder zu laufen. Doch was immer auch passierte, Molé würde sie letzten Endes schon kriegen. Ihr Ableben war so sicher, als wären sie bereits beim Sturz in die Schlucht gestorben. Allerdings war er froh, dass sie überlebt hatten.
Jetzt mussten sie sich neben allem anderen auch noch für die Beschädigung seiner Kleidung rechtfertigen.
***
»Siehst du jemanden?«, fragte Whispr.
Ingrid lag rücklings auf der Unterseite des zerstörten Fahrzeugs und konnte langsam wieder normal atmen. Während sie in der Morgensonne langsam trocknete, verspürte sie keine Lust, sich aufzusetzen oder gar angestrengt in die Richtung zu
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