Hummeldumm
richtete ich meine Digitalkamera auf einem Felsen aus, stellte den Selbstauslöser auf die maximale Zeit und positionierte Sina und mich Arm in Arm vor einen der Bäume. Ein rotes Blinklicht signalisierte, dass die Kamera in wenigen Sekunden auslösen würde. Das war der Augenblick, in dem der Schweizer Erdbeerigel mit rudernden Armen dazwischenstolperte.
»Sina, Matze! Ihr müsst mir noch mal helfen mit meinem Fotoapparat!«
Klick! Ungerührt angesichts des nun veränderten Motivs schoss meine Kamera ihr programmiertes Foto. »Was ist denn mit dem Fotoapparat?«, fragte ich.
Trixi reichte mir aufgeregt eine rote Digitalkamera der Marke Panasonic.
»Ich weiß auch nicht, die nimmt keine Bilder mehr auf«, erklärte sie mir traurig. Ich musste mich nicht lange durchs Menü klicken, um den Fehler zu finden: Trixi hatte ihren Speicherchip bereits vollgeknipst, was bei erbärmlichen 32 MB nicht sonderlich schwer war. »Hast du keinen anderen Chip?«, fragte ich sie und blickte in ein ebenso weißes wie ratloses Gesicht. »Also, der Verkäufer hat gesagt, da war alles drin, da brauchte ich gar nichts mehr.«
»Aber der Chip da drin ist winzig, da gehen ja keine zwanzig Fotos drauf! Hat dir der Verkäufer nicht gesagt, dass du noch einen größeren Chip brauchst?« Trixi schüttelte stumm den Kopf und nahm ihre Kamera zurück. »Matze?«
Ich drehte mich um und sah Sina mit ihrem Bier auf einem Kartoffelgratinfelsen sitzen. In ihrem Blick ließ sich ein Funken Ungeduld erkennen.
»Ja?«
»Stichwort Sonnenuntergang?« »Gleich!«
Höchst unglücklich betrachtete Trixi ihre Kamera. »Ich bin aber auch selber schuld. Lass mir so einen Mist andrehen. Typisch!«
»Neiiin«, beruhigte ich sie und nahm das Gerät wieder an mich. »Die Kamera ist ja kein Mist, der Verkäufer hätte nur sagen müssen, was für ne Karte drin ist ab Werk und wie groß die ist!«
»So was passiert aber auch immer mir!« Sie schien den Tränen nahe.
»Ach Quatsch!« Ich klickte mich durchs Menü und betrachtete Trixis bisherige Fotos. Auf jedem zweiten waren entweder ihre Füße oder die Decke des Minibusses zu sehen. »Nicht so schlimm, das kriegen wir schon.«
»Matze?«
Sina schaute mich fordernd an. Ihr Windhoek Lager hatte sie bereits ausgetrunken.
»Sekunde noch, bin gleich bei dir!«
Ich wandte mich wieder an die traurige Schweizerin.
»Ich würde vorschlagen, dass du erst mal die versehentlich geknipsten Fotos löscht, dann kannst du hier noch ein schönes vom Sonnenuntergang machen. Die richtigen überspielen wir dann einfach auf mein Notebook und machen den Chip leer für neue Fotos.«
Trixis Gesicht hellte sich auf. »Das würdest du machen?«
»Klar. Also, wenn ich endlich mal an einen Adapter rankomme für die komischen Steckdosen hier!«
»ICH hab doch einen dabei!«, strahlte Trixi.
»Echt? Du hast einen Adapter?«
»Ja klar! Um meine ganzen Sachen aufzuladen!«
Ich merkte, wie meine Stimme vor Aufregung zu zittern begann. »Und ... du hast auch schon was mit aufgeladen? Ich meine ... er funktioniert hier, dein Adapter, mit den Steckdosen, den namibischen?«
»Ja klar!«
Ich hätte heulen können vor Glück. Stattdessen umarmte ich die überraschte Trixi einfach. Es fühlte sich an, als würde man einen Kuchen umarmen. Sina, die unser Gespräch nicht hatte hören können, schaute ein wenig seltsam herüber, aber das war mir egal. Hastig löschte ich Trixis Fehlschüsse und vereinbarte die Adapterübergabe zum Abendessen. Ich fühlte mich so, als hätte man mir einen Ganzkörpergips abgenommen; gleich am nächsten Morgen würde ich alles in Ordnung bringen können. Erleichtert, fast euphorisch setzte ich mich zu Sina auf den Felsen und nahm einen Schluck lauwarmes Bier.
»Stell dir vor, ich krieg einen Adapter!«, grinste ich stolz. »Von der Trixi!«
Sinas Freude hielt sich in Grenzen. Genau genommen blickte sie mich etwas mitleidig an. Da sie nichts sagte, sprach einfach ich weiter.
»Ich krieg sogar zwei Adapter, weil Bahee mir den von der Gruberin geben wollte!«
»Ja, was willst du hören? Toll! Adapter!«
»Dreiiiiii Adapter! Weil - der Karl-Heinz hat ja den von der Rezeption! Verrückt, oder?«
»Ja. Verrückt. Du bist also in jedem Fall erreichbar, wenn in Frankfurt ne Tasse fehlt.«
Erst jetzt sah ich, dass der Himmel hinter den Köcherbäumen gar nicht mehr so schön leuchtete. Die Sonne war bereits untergegangen.
»Oh!«, sagte ich. »Das tut mir echt leid.« Sina nickte stumm.
»Aber wir haben
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