Hummeldumm
unseren Tisch für 19 Uhr reserviert hatten, bereits an der Bar warteten. Wir zahlten und gingen nach draußen, wo wir zunächst unschlüssig herumstanden. Schnell hatten wir unsere Gemeinsamkeit gefunden: Keiner von uns wollte zurück ins Hotel. Also spazierten wir einfach noch ein bisschen durch die Stadt. Keine zwei Ecken weiter stießen wir auf einen weiteren Gruppenverweigerer: Max Breitling. Mit schmaler Lesebrille und grauem Gesicht studierte er die Angebote im Schaufenster einer Immobilienagentur.
»Wühst die niederlassen?«, überraschte ihn Speckhut, worauf Breitling sich erschrocken umdrehte und die Brille abnahm.
»Ich ... hab nur mal nach den Preisen geguckt. Ihr seid auch nicht beim Abendessen?«
Beide schüttelten wir den Kopf. Dann sagte Speckhut: »Mir könnten ja auch zu dritt essen!«
Auch Breitling hielt das für eine gute Idee, und kurz darauf saßen wir am Ecktisch einer rustikalen Gaststätte, die ebenso in jeder deutschen Kleinstadt hätte sein können. Entsprechend las sich die Speisekarte.
»Die haben Spätzle!«, wunderte sich Breitling.
»Und Cordon Bleu mit Pommes auch!«, ergänzte ich.
»Also i nehm in jedem Fall was original Namibisches!« Grinsend schlug Pepi Speckhut die Karte zu, und erst nachdem wir ihn lange genug fragend angeschaut hatten, entsicherte er seine Pointengranate: »A Jägerschnitzel. Hahaha!«
Noch während des Lachens über seinen Witz, den wir im Übrigen erst verstanden, nachdem er uns erklärt hatte, dass Namibia ja auch ein Jagdland sei, schien er es dann plötzlich mit der Angst zu tun zu bekommen.
»Sagt's amal: Sollt ma unseren Frauen net wenigstens Bescheid gern?«
Breitling und ich schauten uns an, die Frage kam zeitgleich: »Warum?«
»Weil ... die wer'n sich Sorgen machen«, gab Speckhut zu bedenken.
»Ich weiß nicht«, grummelte Breitling, »wir sollten auch mal Spaß haben, nach all dem ganzen Gezicke.«
»Absolut!«, sagte ich, und somit war Speckhut auf der ersten ordentlichen Sitzung der Swakopmunder Separatisten mit 2 zu 1 überstimmt. Wir blieben in der Gastwirtschaft, verputzten drei Jägerschnitzel, drei Runden Bier, je zwei namibische Pampelmusen-Schnäpse und eine komplette Schachtel Marlboro.
»Also, ans muss i dich jetzt amal fragen, Max!«, unterbrach Speckhut den ersten stillen Moment unseres Abends mit bereits leiernder Stimme. »Weil ... du hast ja a ganz schön junge Freundin!«
Breitling lachte. »Schon wieder neidisch?«
»Gar net«, empörte sich Speckhut, »mich interessiert's halt nur!«
Breitling legte seinen Arm um Speckhut. »Weißt du, Pepi, wenn du in meinem Alter ne junge Maus haben willst, dann hast du ja nur zwei Möglichkeiten: Entweder du siehst aus wie George Clooney, oder du hast eben Geld.«
Stumm schauten wir Breitling an. Dann sagte Speckhut: »Du hast Geld, oder?«
Für einen Moment sah es so aus, als wisse Breitling nicht, ob er nun lachen sollte oder beleidigt sein. Da schlug er mit der flachen Hand auf den Tisch und rief: »Wisst ihr was? Jetzt lassen wir's mal so richtig krachen!«
Eine neue Runde Bier wurde gebracht, und wir stießen auf die Swakopmunder Separatisten an.
»Wir müssen des anders nennen!«, dudelte Speckhut und griff seltsam roboterhaft zu seinem Glas. »Warum?«, fragte ich.
»Na wegen der Abkürzung. SS, des geht net!«
»Na, dann halt Swakopmunder Abweichler!«, schlug Breitling vor, als plötzlich ein aufgeregter Bahee in den Pub stürzte. Er war recht blass im Gesicht für seine Verhältnisse und rollte mit den Augen, als er uns entdeckte.
»Mensch, hier seid ihr! Die Frauen suchen euch doch, ne!«
»Und das is auch gut so!«, knatterte Breitling ihm entgegen. »Setz dich!«
Wir rutschten auf, und Breitling orderte eine frische Runde Schnaps, was nichts daran änderte, dass Bahee einigermaßen sauer auf uns war.
»Aber jetzt mal ohne Flachs, ne, da musst ihr doch mal Bescheid geben!«
»Nächstes Mal!«, grinste Breitling, und zack, hatte auch Bahee ein Schnapsglas vor der Nase.
»Was is da drin?«, fragte Bahee neugierig.
»Blödsinn«, antwortete Breitling, »flüssiger Blödsinn. Prost!«
»Swakopmunder Abweichler is a schlecht!«, murmelte Speckhut mehr zu sich als zu uns und hob sein Glas. Zack lief der Blödsinn in unsere Rachen. Doch mit einem einzigen Schnäpschen ließ Bahee sich nicht ablenken: »Jungs, trotzdem mal, ne: Ich sitz da mit drei aufgeregte Frauen, die steinalte Seppelpeter und der langweilige Sportler da, der in seine Menü da rumpickt
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