Humphrey, ich und Kokolores (German Edition)
an.
Ein warmes Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus, als ich sah, dass er rot anlief.
»Kaffee bitte.«
»Ich habe keinen mehr. Wie wäre es mit Tee?«
»Wieso bieten Sie dann welchen an, wenn Sie gar keinen da haben?«
»DARF ES TEE SEIN?«, brüllte ich.
Er nickte hektisch.
5.Kapitel
»Ich wollte mich eigentlich mit Ihnen über den Vorfall im Museum unterhalten«, begann Kokolores, nachdem ich uns Tee und Kekse serviert hatte. »Nele hat es nicht sehr leicht in der Klasse.«
»Das habe ich gemerkt«
»Nun...ich denke, da Sie als Mutter nun wieder mehr -«
»Ich bin nicht ihre Mutter. Ich habe das bloß gesagt, um...um...Nele etwas mehr Selbstvertrauen zu geben.«
Stirnrunzelnd starrt er mich an. »Wie meinen Sie das?«
»Das ist eine längere Geschichte«, log ich, da mich diese Unterhaltung auf einmal ziemlich ermüdete.
»Es stärkt doch nicht das Selbstvertrauen, wenn sich eine Frau mit einem...mit...die...gewisse Probleme mit einer Flüssigkeit hat, deren Erwerb ein Mindestalter voraussetzt, zu einem labilen Kind bekennt.«
Mit offenem Mund blickte ich ihn an. Die Tasse, die ich zum Mund führen wollte, stieß dabei klirrend gegen den Couchtisch.
»Wovon zum Henker reden Sie?«
»Na von Ihnen.«
»Ich glaube, wir fangen noch einmal von ganz vorne an. Hallo, mein Name ist Lucy Reuter, ich bin 28 und lebe in Kiel. Ich bin ledig, zurzeit arbeitslos, aber ohne Fetische, Süchte und andere nervige Angewohnheiten, bis auf das Fingernägelkauen, die Angst vor engen Räumen und den Hang zur Dramatik, den irgendwie keiner so richtig zu schätzen weiß. Und ich habe keine Kinder. Nele ist das Pflegekind meiner Mutter, von der sie mir erst vor wenigen Tagen erzählt hat.«
»Äh...hm...« Er nippte an seinem Tee und zeigte anschließend ein beängstigendes Interesse an den staubigen Butterkeksen, die ich in einer Schrankecke gefunden hatte.
»Aber, Sie haben doch-«
»Als ich Nele weinend bei den Fahrradständern vorfand, sagte sie, dass sie sich auch nicht als Kind haben wollen würde. Jedenfalls dachte ich, es tut ihr gut, wenn jemand öffentlich zu ihr steht.«
»Aber wir haben Sie alle für eine Trinkerin gehalten.«
»Ja, aber Nele doch nicht. Und um sie ging es doch.«
»Ich verstehe« Doch seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, verstand er gar nichts. Meine Geduld jedoch war erschöpft und ich war froh, als der Pizzabote klingelte. Nicht sehr hilfreich hingegen war die Flasche Rotwein, die gratis dazu geliefert wurde.
»Ab 25 Euro Bestellwert, gibt es die gratis dazu«, sagte ich verlegen und stellte die Flasche auf dem Esszimmertisch ab, neben dem Pizzakarton und den zwei Salaten. Dann verstaute ich die fünf Eispackungen im Gefrierfach.
»Nele! Pizza ist da!«
Kokolores war nun aufgestanden und blieb unsicher im Flur stehen. »Ich...also...ich wollte Sie nicht beim Essen stören. Ich würde mich jedoch gerne über Nele unterhalten, und wie man die Situation in der Klasse entschärfen kann. Aber vielleicht rede ich da lieber mit Ihrer Mutter.«
»Vielleicht ist das besser. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung von Teenagern.«
»Wann kommt Ihre Mutter denn wieder?«
»In drei oder vier Wochen, ungefähr.«
Seine Mundwinkel zuckten. »Ich denke, solange sollte man aber nicht warten.«
Nele kam die Treppe herunter gelaufen. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihren Lehrer an, dann nickte sie ihm kurz zu und verschwand im Wohnzimmer.
»Dann kommen Sie doch heute Abend vorbei«, hörte ich mich selbst sagen.
Er überlegte einen Moment. »Passt Ihnen achtzehn Uhr?«
»Perfekt«, krächzte ich, ging zur Haustür, um diese zu öffnen und verhedderte mich erneut in Humphreys Wollknäuel.
»HUMPHREY!«
Das Miauen kam dieses Mal von weit oben. »Wenn ich dich zu fassen bekomme, du bekloppter Kater!«
»Meine Nachbarin ist Tierpsychologin. Sie sagt, wenn Katzen außer Rand und Band sind, was auch immer man darunter verstehen mag, langweilen sich die Tiere entweder, oder sie fühlen sich nicht beachtet.«
»Aha.«
Er zuckte die Schultern. »Ich habe selbst zwei Katzen und bei Sophokles hat sie mir sehr geholfen. Er hatte so einen Tick mit Socken.«
Fragend blickte ich ihn an.
»Er klaute mir alle Socken, die er bekommen konnte. Lernte sogar die Sockenschublade aufzumachen, hortete alle, und baute sich eine Art Kopfkissen daraus.«
»Das ist irgendwie niedlich.«
»Nicht, wenn er diese wie ein Löwe verteidigt. Irgendwann war es so schlimm,
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