Humphrey, ich und Kokolores (German Edition)
seine Hände zärtlich über meine Schultern gleiten.
Als um halb ein Uhr morgens mein Handy schrillte, brauchte ich einen Moment, um zu realisieren, wo ich mich befand. Ein Seidenlaken rutschte von meinen nackten Beinen, als ich mich im Bett aufrichtete, während meine Augen den halbdunklen Raum abtasteten. Das Handy verstummte, nur um kurz darauf erneut zu klingeln. Ich griff nach meiner Tasche auf dem Fußboden und fischte es mit zittrigen Fingern heraus.
Nur durch einen schmalen Spalt im Vorhang drang silbrig glänzendes Mondlicht. Neben mir lag Tom und schlief. »Ja?«, flüsterte ich, schwang meine Beine aus dem Bett und verließ das Schlafzimmer. Im Badezimmer schaltete ich das Licht an, erschrak vor meinem Spiegelbild und setzte mich auf den Toilettendeckel.
»Wo steckst du?« Nele klang aufgeregt.
»Bei Tom.«
»Ich hab mir Sorgen gemacht. Wieso hast du auf meine SMS nicht geantwortet?«
»Ich hab das Handy nicht gehört, tut mir leid, Nele. Ist bei dir alles in Ordnung?«
»Nein. Ich meine ja. Ich habe nun eine Idee, wie ich es Finja heimzahlen kann. Aber dazu brauche ich deine Hilfe.«
»Heute Nacht?«
Jemand klopfte gegen die Badezimmertür. »Alles in Ordnung?«, rief Tom.
»Ja, bestens. Ich komm gleich.«
»Kommst du gleich nach Hause?«
»Ich mache mich gleich auf den Weg«, sagte ich und legte auf. Nachdem ich meine Locken einigermaßen gebändigt und meine verwischte Schminke weggewischt hatte, öffnete ich die Tür.
Tom stand in Boxershorts vor mir und sah mich stirnrunzelnd an.
»Nele hat angerufen. Ich muss nach Hause«, sagte ich.
»Ich dachte, wir könnten eine Fortsetzung starten«, sagte er mit einem Lächeln, trat einen Schritt vor und fasste an meinen nackten Po. Ich trug lediglich ein Shirt und begann allmählich zu frieren.
»Ich muss wirklich los. Ich trage die Verantwortung für sie, solange meine Mutter weg ist.«
»Nur noch ein paar Minuten«, flüsterte er in mein Ohr und presste meinen Körper gegen die Wand. Sanft drückte ich ihn weg. »Ich muss los. Ruf mich an, ja?«
10. Kapitel
Nele saß am Küchentisch, ein iPad auf dem Schoß, in der Hand eine dampfende Tasse Kakao.
»Das wurde aber auch Zeit«, knurrte sie.
»Ist es nicht längst Zeit fürs Bett? Morgen ist doch Schule.«
Sie warf mir einen ungläubigen Blick zu. »Morgen habe ich erst zur dritten Stunde, weil eine Konferenz stattfindet. Das habe ich dir aber schon drei Mal gesagt.«
Ich ließ mich auf einen Küchenstuhl fallen. Meine Augen brannten, ich war müde und sehnte mich nach meinem Bett.
Nele schob mir ihr IPad rüber. »Guck dir das mal an. Das hat ein Mädel in den USA gemacht, um sich an einer Schülerin zu rächen.«
»Können wir das auf Morgen verschieben? Ich bin echt müde.«
»Ich habe den ganzen Abend auf dich gewartet!«, protestierte Nele.
»Na gut.« Lustlos las ich mir den Blogbeitrag einer pubertierenden Göre aus einem Kaff in Wisconsin durch und bemühte mich ein Gähnen zu unterdrücken. Mit jeder Zeile jedoch wurde ich wacher.
»Ähm....Also....Ist das dein ernst?«
Nele nickte eifrig. »Das ist doch genial, oder?«
»Und du hast alles verstanden, was da steht?«
»Hab einen Online-Übersetzer zur Hilfe genommen, für die Wörter, die ich nicht kannte.«
Fassungslos starrte ich auf den Bildschirm, las mir einige Passagen nochmals durch und seufzte laut. »Das ist nicht umsetzbar, Nele.«
Sie zog einen Schmollmund. »Doch, ist es. Wieso denn nicht?«
»Weil das eindeutig zu viel Aufwand ist. Ich meine, das Mädel hat sich etliche Streiche einfallen lassen, von deren Wirkung ich auch nicht besonders überzeugt bin. Zahnpasta am Fahrradlenker ist außerdem so Old School.«
Verdutzt sah mich Nele an.
»Das haben wir zu meiner Schulzeit schon nicht mehr gemacht. Da gibt es durchaus fiesere Sachen.«
»Die da wären?«
Ich überlegte kurz. »Ich glaube, so ein Racheplan ist keine gute Idee.« Meine Mutter würde mir den Hals umdrehen, wenn sie das heraus bekam.
»Aber das mit den Flugblättern können wir doch machen.«
»Nele, ich denke-«
»Bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, bitte!«
»Also schön.« Erneut las ich mir den Blogeintrag durch. Die Idee kam mir immer blöder vor. Diese Streiche mochten vielleicht ein Mädchen aus der Einöde in Wisconsin schocken, aber bei Finja würden sie nicht einmal ein müdes Lächeln bewirken.
Dennoch brachte ich es nicht über mich, Neles Enthusiasmus einzudämmen.
»Also schön. Kann man mit
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