Hunde wuerden laenger leben, wenn
zu
heben.
Daraufhin fährt Frau R. umgehend in
meine Praxis. Allein anhand der Pulsqualität ist sofort klar, dass Max kurz vor dem
Verblutungstod steht! Trotz einer Notoperation, bei der die Milz mitsamt dem geplatzten Tumor entfernt wird, stirbt Max
zwei Stunden später an zu hohem
Blutverlust.
Schon beim Öffnen des Bauchraumes
schwappte das Blut förmlich über und aus
dem gerissenen Milztumor sickerte
fortwährend Blut heraus. Wäre er ein paar
Stunden früher operiert worden, hätte Max
gerettet werden können, denn auch ohne
Milz können Hunde sehr wohl noch einige
Jahre leben!
Auf meine von völligem Unverständnis
geprägten Frage, die ich dem mir persönlich
gut bekannten Klinikchef daraufhin stellte,
warum er denn den Hund nicht wenigstens
morgens gleich operiert hätte – die Diagnose »rupturierter Milztumor« war ja
richtig gewesen – kam die Antwort, dass
statistisch gesehen soundso viel Prozent der
rupturierten Milztumore von alleine aufhören würden zu bluten und außerdem
würden auch die operierten Hunde nicht
sehr lange überleben. Auf meinen Einwand
hin, warum er den Hund in diesem Zustand
nach Hause geschickt habe, bekam ich keine
zufriedenstellende, sondern lediglich eine
ausweichende Antwort.
Der Familie von Labrador Max wurden
die entstandenen Unkosten in der Klinik
natürlich nicht ersetzt. Schließlich waren
dort auch keine Fehler gemacht worden, da
sich der Zustand von Max beim Verlassen
der Klinik ja gebessert hatte. Das war zumindest die Argumentation des Klinikchefs.
Wenn jungen Assistenten solche Fehler
unterlaufen, mag das – so schlimm es ist –
vielleicht gerade noch verständlich sein und
kann durch intensive Schulung verbessert
werden. Für einen seit dreißig Jahren (!) in
eigener Praxisklinik arbeitenden Klinikleiter
ist dies hingegen ein Armutszeugnis – vor
allem auch ein charakterliches. Junge Assistenten sind vielfach noch unsicher in ihrer
Diagnoseführung. Dies ist menschlich und
verständlich, haben sie doch gerade in
Kliniken oft schon (zu) viel Eigenverantwortung. Es hapert auch oft am Beherrschen
ganz einfacher klinischer Untersuchungsabläufe, bei denen Fingerspitzengefühl und
Einfühlungsvermögen sowie ein wenig gesunder Menschenverstand gefordert sind.
Vor lauter Angst, etwas zu übersehen, werden alle möglichen medizinischen Apparate
eingesetzt, um sich auf die Auswertung
dieser Ergebnisse zu verlassen, egal, ob sie
sich mit der klinischen Untersuchung decken oder nicht.
Mir ist auch heute immer noch nicht klar,
warum Max nach Hause geschickt wurde,
wird doch sonst in Tierkliniken eher zu viel
als zu wenig am Patienten herumgedoktert.
Doch immer mehr wird der Patient nicht als
Patient, sondern als Kunde betrachtet, der
durch seinen materiellen Einsatz für die
Finanzierung teurer Geräte, übertriebener
Einrichtungen und aufwendigen Personalstab aufkommen muss. Hier treten natürlich
ärztliche Interessen hinter finanziellen
Zwängen zurück. Wenn ein Patient als
Kunde behandelt wird, dann ist es wie in der
freien Marktwirtschaft: Man kann oder
muss so viel wie möglich »an den Mann
bringen«, egal, ob es vom Kunden gebraucht
wird oder nicht. Ärztliche Moral und Ethik
treten so vollkommen in den Hintergrund.
In der Medizin aber – und das gilt nicht nur
für die Tiermedizin, sondern gleichwohl
auch für die Humanmedizin – geht es um
Leidende, und diese kommen ja nicht aus
Jux und Tollerei zum Arzt, sondern weil sie
geheilt werden wollen. Treffen sie aber auf
immer zahlreicher werdende Mediziner, die
ihre Patienten nur noch als zahlende Kundschaft sehen, denen so viel wie möglich an
Untersuchungen, Therapien und Medikamenten verpasst werden muss, so ist es mit
einer Standesethik vorbei. Hier können Sie
jegliche Moral vergessen. Es geht nur noch
um Profite. Dem Tierbesitzer, der ja nur das
Beste für sein Tier will, kann so gut wie alles
eingeredet werden. Je größer und aufwendiger eine Tierarztpraxis ist, desto mehr muss
sie auch wirtschaftlich arbeiten. Hier wird
dann vieles verkompliziert und mit der
Angst und der Fürsorge der Besitzer
gespielt. Teure Geräte wie Kernspintomographen, Computertomographen, deren
Preise oft jenseits der 150.000-Euro-Marke
liegen, müssen sich natürlich amortisieren –
da kann doch auf eigenwillige oder gar
»renitente« Tierbesitzer keine Rücksicht
genommen werden.
Ein Fall aus Bayern zeigt dies eindringlich: Herr. P. wollte von seinem Hund eine
Kernspintomographie durchführen lassen,
weil ihm sein
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