Hunde wuerden laenger leben, wenn
einen Tierneurologen. Was für
ein Anblick! Genies haben ja den Ruf, auf
ihr Äußeres mitunter nicht unbedingt viel
Wert
zu
legen
…
aber
diese
Haarpracht
übertraf all unsere Vorstellungen bzw. bestätigte das Klischee des verrückten Professors. Wir erwarteten zuerst den Anblick
aller
möglichen
High-Tech-Gerätschaften,
doch die Praxisausstattung entsprach dem
Normalbild
eines
Büros.
Der
Neurologe
wollte
von
uns
den
Tagesablauf
genauestens beschrieben wissen. Wir versuchten, uns auf das vermeintlich Wesentliche zu beschränken – also auf die Symptome, die unser Hund zeigte. Das allerdings
stellte die Ansprüche unseres Gegenübers
nicht annähernd zufrieden. Details des veränderten
diskutiert,
plastisch
Gangbildes
und
damit
erörtert.
In
wurden
minutiös
nicht
genug,
auch
anderen
Worten:
Dieser
hochgewachsene,
wuschelköpfige
Veterinärneurologe
imitierte
den
vermeintlichen
Gang
unseres
Hundes.
Vielen Details wie der Winkelung der Hinterläufe, der Krümmung des Rückens und
dem Gesichtsausdruck des Hundes wurde
wesentliche Aufmerksamkeit gewidmet und
daraus
wurden
bedeutsame
Rückschlüsse
gezogen.
Mittlerweile hatte sich unser Hund nach
der
verabreichten
Kortisonspritze
und
einem noch vor der neurologischen Praxis
abgesetzten voluminösen Stuhlgang wieder
leicht erholt und ließ während der Untersuchung
ordentlich
einen
fahren.
Dieser
Vorgang
rief
beim
Neurologen
Hochachtung hervor und ließ offenbar auch weitere
Rückschlüsse
für
die
Diagnose
zu.
Auch
mein Mann erholte sich langsam von der
600-Euroschweren
Bedrohung
in
Anbetracht
des
nun
schon
wieder
aufrecht
stehenden Hundes. Nach weiteren Furzen
und
einer
fachmännisch
durchgeführten
neurologischen Hammeruntersuchung, bei
der sich der Neurologe sprichwörtlich auf
die Ebene unseres Hundes begab (er lag
unter ihm), wurde Quipu noch Blut entnommen und im praxiseigenen Labor untersucht.
Nach
einer
Vitamin-B-Spritze
wurden wir in das nahe gelegene örtliche
Café verwiesen und der Hund unter Aufsicht / Beobachtung gehalten. Mein Mann
war
immer
noch
damit
beschäftigt,
das
heute
Erlebte
zu
verarbeiten
und
sprach
während des verspäteten Frühstücks kein
Wort mit mir.
Eine
halbe
Stunde
später
begaben
wir
uns wieder in die Klinik und freuten uns,
schon am Eingang unseren Hund bellen zu
hören. Als die Tür geöffnet wurde, kam uns
unser Quipu bereits schwanzwedelnd entgegen und es war keine Spur einer Beeinträchtigung mehr zu sehen. Wir verließen
die Klinik – übrigens ohne klare Diagnose –
um 400 Euro leichter mit der Zusicherung,
uns bald wieder zu sehen sowie um eine Erfahrung bereichert, die wir lange nicht vergessen werden.
Als
unsere
Haustierärztin
wieder
vom
Urlaub
zurück
war,
ließen
wir
unseren
Hund noch einmal anschauen. Anhand des
geschilderten
Verlaufes
meinte
sie,
dass
sich unser Hund einfach nur überfressen
hatte, daraufhin massive Bauchschmerzen
bekam und deswegen nicht aufstehen konnte. Auch der gigantische Stuhlgang sowie
die erstaunlichen Furze waren ein Hinweis
auf ein akutes Verdauungsproblem. Der Besuch beim Neurologen und die dortigen Untersuchungen
wären
also
nicht
nötig
gewesen und für einen, wenn auch gekonnten
und
faszinierenden
Auftritt
im
Theater
hätten
Pantomimewir
natürlich
weit weniger bezahlen müssen.
Natürlich ist der Tierarztberuf ein freier
Beruf – Gott sei Dank – und jeder Veterinärmediziner sollte sich die Apparaturen
und Gerätschaften anschaffen können, die
er selbst für nötig hält. Ich kritisiere aber
entschieden die Vorgehensweise der betreffenden Kollegen den vielen Hunden und
Katzen sowie deren Besitzer gegenüber, die
sich nicht wehren können und den Tierärzten hilflos ausgeliefert sind. Diese sind
die wahren Leidtragenden einer nurmehr
wirtschaftlichen Interessen untergeordneten
Medizin. Ein positiver Aspekt macht sich
immerhin dahingehend bemerkbar, dass die
Zahl kritischer Tierbesitzer in der letzten
Zeit merklich größer wird, wenn sie auch
nach wie vor noch einen verschwindend
geringen Anteil ausmachen.
In unserem Fall, bei dem Labradorrüde
Max ums Leben kam, spielen mehrere
Faktoren eine Rolle. Einmal haben wir hier
natürlich die Unsicherheit der zunächst
behandelnden Assistenz-Tierärztin, die angehalten war, so viele klärende Untersuchungen durchzuführen wie nur möglich
und dann den materiellen Zwang, entsprechenden Umsatz mit dem Patienten einzufahren. Wäre Max sofort operiert worden,
hätten die unnötig durchgeführten Untersuchungen auch niemanden gestört.
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