Hundediebe kennen keine Gnade
zum Wärmen um sie. Gaby fror weniger.
„Wir fahren zu uns zurück“, sagte sie. „Meine
Mami hat Nußkuchen. Tierisch fände ich jetzt einen Tee. Außerdem läuft im
Fernsehen ein Film, den ich sehen möchte.“
„Starker Vorschlag“, nickte Klößchen. „Wir
sind dabei. Ich will ihn auf keinen Fall verpassen.“ Den Nußkuchen, fügte er in
Gedanken hinzu.
Als sie das Bahnhofsgebäude verließen,
hob Gaby eine Hand.
„Jetzt weiß ich, wo Peter
Rumpelstilzchen sich versteckt hat: in der Damen-Toilette.“
Tarzan ließ die Schultern nach vorn
fallen. „Klar! O Mann! Diese sanitäre (gesundheitsmäßige) Abteilung
hatte ich gar nicht eingeklinkt in mein Bewußtsein. Ist ja ein abgespitztes (durchtriebenes) Bürschchen.“
„Ich darf dort rein“, sagte Gaby. „Aber
daß ich nach ihm suche, ist zwecklos. Der hat sich längst abgesetzt. Wie der
von seiner Familie sprach! Als hätte er einen an der Klatsche (nicht ganz
dicht sein). Jedenfalls war das alles gelogen.“
„Der sagte das so, als würde er seine
Tagträume rauslassen“, meinte Tarzan nachdenklich. „Vielleicht wünscht er sich
eine solche Familie, weil er eine miese hat. Oder er hat gar keine.“
Er konnte nicht ahnen, wie dicht er an
der Wahrheit war.
11. Der Schlüssel zum Glück
Als Gaby zu Hause das Programmheft
durchblätterte, wurde ihr hübsches Gesicht ein Stück länger.
„So ein Mist! Hab mich vertan. Den Film
gibt’s erst nächsten Sonntag.“
„Aber den Nußkuchen gibt’s doch heute?“
rief Klößchen aufgeregt.
Frau Glockner hörte das und beruhigte
ihn. „Ich schneide ihn gleich an, Willi.“
Klößchen nickte zufrieden. Er saß auf
der Couch, Karl neben ihm. Oskar hatte sich unter dem Tisch zusammengerollt.
Tarzan stand am Fenster, hatte die Arme verschränkt und sah auf die
Altstadt-Straße hinab. Während Frau Glockner in die Küche ging, kam der
Kommissar herein, aber nur, um eine Zeitung zu holen. Mit ihr zog er sich in
einen ruhigeren Raum der weitläufigen Wohnung zurück.
Gaby beugte sich über die
Fernseh-Zeitschrift, die auf dem Tisch lag und blätterte wie in einem Buch,
über das man sich ärgert. Die Seiten ratschten.
Für einen Moment kehrte Stille ein.
Nur in Tarzans Kopf brannte Hektik ab
wie ein Silvesterfeuerwerk. Die Gedanken liefen buchstäblich heiß.
Nußkuchen! dachte er. Nußkuchen! Ah?
Erinnert mich an Zwieback. An fünf gestohlene Kartons, wie Scheiblich sagt. Ist
doch klar, wer die hat. Ich knall auseinander! Warum stoße ich erst jetzt
drauf? Proviant braucht er, der Größenwahn-Geckenheim. Weil er abgetaucht ist
in die Kühnheit. Wenn er zurückkommt, kehrt er den Harten raus, was sowieso
keiner glaubt. Und wo versteckt er sich jetzt? Wir haben’s ihm gezeigt, das
Versteck. Den Gruselbunker im Habichtswald. O nein!
Er wandte sich an Klößchen.
»Sag mal! Hat Thilo nicht gestern
gesagt, daß er sich im Zentral-Kino den Horror-Streifen genehmigen will?“
Klößchen überlegte. „Ja. Hat er. Der
geht doch jeden Sonntag ins Kino. Aber es muß kein Musikfilm sein. Das kann er
selbst.“
„Ich wette, Thilo weiß mehr, als er
zugibt. Was Flori betrifft, meine ich. Ich fahre mal zum Kino. Thilo soll nur
bestätigen, daß unser Großmaul-Artist im Gruselbunker hockt — mit fünf Kartons
Zwieback. Geklautem Zwieback. Ich habe nämlich keine Lust, für nichts und
wieder nichts rauszufahren. Ist ja drin, daß ich mich irre. Ich glaub’s aber
nicht.“
Entgeistert sah Gaby ihn an. „Zampano (der
Größte), das ist ja eine bärenstarke Idee. Von wem hast du die?“
Er grinste. „Ich denke zwar nicht
gleich an die Damen-Toilette. Aber manchmal fällt mir trotzdem was ein. Da
dreht doch ein Rädchen am andern. Flori klaut den Zwieback und verkrümelt sich
zum Gruselbunker — wegen was-weiß-ich, während sich die Pauker die Haare
raufen. Also, ich mach mich auf die Hufe zum Kino.“
Klößchen sagte: „Ich rühre mich nicht
von der Stelle. Jetzt ist Nußkuchentime (time = Zeit). Du kannst Thilo
allein ohrfeigen. Ich bin sowieso gegen Gewalt.“
Gaby half ihrer Mutter in der Küche.
Nur Karl kam mit zum Zentral-Kino, wo eben die Vorstellung begonnen hatte.
Zur Kartenabreißerin sagte Tarzan: „Mich
schickt der Schulleiter. Ob Thilo Breitacker in der Vorstellung ist. Muß sofort
mit ihm reden — in einer hochnotpeinlichen Angelegenheit.“
„Woher soll ich wissen, ob der drin
ist!“ sagte die Tussi.
„Ich vertraue Ihrem Personengedächtnis“,
versuchte Tarzan, sie
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