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Hundeelend

Hundeelend

Titel: Hundeelend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Bateman
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er ein paar Lacher. Ich spähte bei diesen Sätzen in Richtung Polizeichef, der jedoch keine Miene verzog. Hatte der Maler bisher von vorbereiteten Zetteln abgelesen, so schüttelte er jetzt den Kopf, zerknüllte sie in der Hand und sagte: »Dieser Bursche, er war einfach viel zu jung, um schon abzutreten. Als ich auf sein armes Gesicht runtergeschaut hab, da war es so friedlich, und ich hab ihn fast sagen hör’n, Billy, trink einen für mich mit. Denn so einer war er.«
    Die anderen Maler und Lackierer nickten zustimmend, und als Billy durch die Bankreihen auf seinen Platz zurückkehrte, klopften sie ihm auf die Schulter.
    Wieder begab sich der Reverend nach vorne. »Jetzt folgt ein weiterer Nachruf. Wenn Mr. …«, er konsultierte seine Notizen, »Mr. Chandler, wenn Sie bitte so freundlich wären …«
    Einen Moment verharrten alle schweigend.
    Dann erhob ich mich.

    Alison zischte: »Was tust du da? Das ist eine Beerdigung .«
    »Nein, das ist eine Ermittlung in einem Mordfall.«
    Ich trat vor. Mir war bewusst, dass alle die Hälse reckten, während ich den Gang hinunterschritt; besonders Pat, die verwirrt ihre eigene Programmabfolge durchging. Ich hatte den Reverend von zu Hause aus angerufen und ihn gebeten, mich als Cousin des Verstorbenen kurzfristig einzuschieben. Er war sehr entgegenkommend gewesen, obwohl er irgendwann wissen wollte, wer da im Hintergrund heulte und schrie. Mutter.
    Es bestand kein Grund zur Aufregung. Für niemanden. Ich erwies lediglich der Allgemeinheit einen Dienst. Indem ich ein Verbrechen aufklärte.
    Ich stellte mich neben Jimbos Sarg und legte eine Hand darauf. Ich betrachtete ihn eingehend und holte schließlich tief Luft. Dann wandte ich mich ab und trat zum Pult. Ich nickte meinem Publikum aus Trauernden, Verschwörern und Mördern zu – und musste plötzlich niesen.
    »Gesundheit«, sagte der Reverend.
    Ich lächelte.
    Das war der letzte Nagel zu einem Sarg.
    Aber nicht zu Jimbos.

39
    »Meine Damen und Herren«, hob ich an. »Ich bin nicht gekommen, um Jimbo Collins zu begraben – wobei ich natürlich nicht begraben meine, sondern verbrennen, aber nicht auf alte Wikingerart, sondern einäschern, kremieren –, wie auch immer, ich bin hier, um zu offenbaren, wer ihn ermordet hat.«
    Im Publikum schnappte man mehrfach nach Luft.
    Was auch nicht anders zu erwarten war.
    Auf einer Beerdigung.
    Reverend Delargey flatterte entgeistert auf mich zu. »Das ist nicht … meine Damen und Herren … es tut mir leid, aber …«
    Jimbos Mutter sagte: »Ich versteh das nicht.«
    »Was zum Teufel soll das?«, rief Pat.
    Drei Maler erhoben sich. »Hinsetzen!«, brüllte einer.
    Der Polizeichef saß bewegungslos da und verzog keine Miene.
    Greg beugte sich vor und stützte die Arme auf eine Stuhllehne in der Reihe vor ihm. Michael Gordons falsche Mutter drehte sich zu ihm um und wartete offensichtlich auf Anweisungen, aber er starrte mich nur wie gebannt an.
    Billy Randall wischte sich den Schweiß von der Stirn;
Charlie stand neben ihm, und sein Kopf zuckte in alle Richtungen, als stünde unmittelbar ein Angriff bevor.
    Alison verbarg ihr Gesicht in den Händen.
    Der Reverend legte seine spindeldürre Hand auf meinen Arm. Selbst wenn er mit aller Kraft zugeschlagen hätte, hätte das wohl kaum etwas bewirkt, nicht einmal bei meinen empfindlichen Glasknochen. Ja, vermutlich hätte ich ihn sogar überwältigen können. Hätte ihm den Ellbogen in die Kehle rammen, ihn zu Boden werfen und treten können.
    Doch wir befanden uns auf einer Beerdigung.
    Die Maler und Lackierer wirkten nicht sonderlich glücklich.
    »Runter von der Bühne, du Schwachkopf!«
    Es war zwar eindeutig keine Bühne, es sei denn, man betrachtet die ganze Welt als eine solche, dennoch drängten sie aus ihren Sitzreihen in den Mittelgang.
    »Lasst ihn ausreden.«
    Der Einwurf stammte von Inspektor Robinson ganz hinten. Man ignorierte ihn, bis er sich in Bewegung setzte, es noch einmal laut wiederholte und dabei seine Dienstmarke hochhielt. Ich hatte nicht mit seinem Eingreifen gerechnet. Vielmehr hatte ich erwartet, auf den Schultern aller hinaus auf den Parkplatz getragen zu werden.
    Aber nicht jeder denkt so wie ich.
    Zum Beispiel fiel mir in diesem Moment auf, dass die Schnürsenkel von Reverend Delargeys klobigen schwarzen Schuhen nicht zueinanderpassten. Der eine war dick und der andere dünn, auch wenn beide ziemlich fadenscheinig waren.

    Immerhin reichte Inspektor Robinsons Stimme aus, um im Krematorium

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