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Hundeelend

Hundeelend

Titel: Hundeelend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Bateman
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werde hier nicht auf die ganzen Umwege und Schleichwege und Irrwege und
Holzwege und Sackgassen eingehen, sondern sämtliche Einbahnstraßen und Kehrtwendungen gezielt auslassen. Sie plapperte munter weiter, wobei jeder Satz mit und dann hab ich beziehungsweise und dann hat er eingeleitet wurde, bis ich aufhörte, diese Floskeln überhaupt noch wahrzunehmen; sie gerannen zu einer Art dunkler Materie zwischen den Worten, präsent, aber nicht mehr wahrnehmbar. Sie schien mir eine gute, bodenständige Frau zu sein, ins Unglück gestürzt durch den Tod eines geliebten Menschen; und wie alle traumatisierten Witwen und Mütter sah sie den Verflossenen durch eine rosarot gefärbte Brille.
    Jimbo war ihre große Liebe seit Kinderzeiten, und Ronny war Teil der Jugendclique, mit der sie früher alle abgehangen hatten. Die beiden standen auf Fußball und Musik, und sie hatten in der Schule zu viel Quatsch gemacht, um was anderes zu werden als Handwerker. Sie hatten echt was drauf in Sachen Malen und Lackieren, doch gleichzeitig hatten sie ihre Finger in zu vielen anderen Geschäften mit drin, nichts wirklich Kriminelles, mehr einen draufmachen und bisschen Spaß haben. Klar, sie hatten ab und zu Dope geraucht. Aber ob sie Dealer waren? Solche Dreckskerle, die kleinen Kindern auf dem Schulhof Crack vertickten? Natürlich nicht. Sie waren gute Jungs, verkauften nur an ihre Kumpels. Ob sie in einer paramilitärischen Organisation oder Sympathisanten von einer waren? Nur in dem Sinn, wie jeder hier in der Gegend das war. Man musste es einfach sein. Aber sie hatten nie jemandem wehgetan. Und seit der Friede ausgebrochen war, hatte das ja eh alles aufgehört, oder?
Also, warum sollte jemand die beiden umgebracht haben? Keine Ahnung. Hatten sie irgendwelche Feinde gehabt? Na ja …
    »Du wirst Augen machen«, sagte Alison.
    »Ich weiß nichts von irgendwelchen Feinden«, erklärte Pat. Die ganze Zeit über hatte sie ein feuchtes Stück Küchenrolle zwischen den Fingern geknetet, das sich jetzt aufzulösen begann. Fetzen davon blieben an ihrem Morgenmantel hängen, weitere durchtränkte Brösel fielen aufs Sofa und den Teppichboden, wo sie vermutlich antrocknen und Teil der Faser werden würden, ohne jedoch jemals richtig dazuzugehören, so wie Minderheiten in einer Gesellschaft. Der Sauberkeitsfanatiker in mir hätte sich am liebsten auf Hände und Knie fallen lassen, um sie aufzulesen, der Sadist in mir hingegen wollte Pat zwingen, es selbst zu tun.
    »Entschuldigung?«, sagte Pat.
    »Wieso Entschuldigung …?«
    »Du hast gerade Ketten gesagt«, erklärte Alison.
    »Ah, tut mir leid. Ja. Ich meinte natürlich Beweisketten . Ich bin innerlich vorausgeeilt. Sie haben gerade von möglichen Feinden gesprochen?«
    »Nein, keine richtigen Feinde. Es war nur … Also, der Grund war eigentlich das Baby. Und Weihnachten. Wir waren ziemlich abgebrannt, und alles, was wir hatten, haben wir fürs Baby gespart. Wir hatten abgemacht, uns gegenseitig nicht groß was zu schenken. Im Krankenhaus haben sie uns erklärt, dass es bei mir kurz nach Weihnachten so weit wäre, und ich meine, das ist ja das schönste Geschenk von allen, oder? Und dann hat Jimbo
am Weihnachtstag an meine Haustür geklopft und hatte ein verpacktes Geschenk für mich in der Hand. Ich bin wütend geworden und hab ihm gesagt, wir haben doch abgemacht, keine Geschenke. Er hat gemeint, ist ja nur was Kleines, aber als er es reinbringt, ist es doch ziemlich groß, und ich hatte keine Ahnung, was es war. Also hab ich’s ausgepackt und hab echt nicht gewusst, was ich sagen soll. Ich meine, es gibt ja Leute, die kaufen ihrer Freundin oder ihrem Baby ein Kuscheltier. Aber Jimbo ist losgezogen und hat mir diesen ausgestopften Hund besorgt, allerdings nicht so einen flauschigen wie im Spielzeugladen; er war mehr so wie … na ja, so wie die Tiere im Museum oder so. Sie wissen schon, richtig ausgestopft. Ein echtes Tier, aus dem man innen alles rausgeholt hat, um es dann mit irgendwelchem Zeugs auszustopfen. Es war einer von diesen …«
    »Jack Russells«, ergänzte Alison. »Aber du wirst Augen machen …«
    »Na ja, ich meine, ich war nicht wirklich begeistert.«
    »Und …?«, sagte ich, selbst alles andere als begeistert.
    Alison nickte Pat ermutigend zu. Pat bröselte noch mehr Küchenrolle auf den Teppich.
    »Dann ist das mit Jimbo passiert. Und mit Ronny. Und ich war total am Boden, und mit meiner eigenen Familie komm ich nicht gut klar, und obwohl ich den Jack Russell

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